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Geheimpapier: Das will Dresdens OB Hilbert wirklich

Im Wahlkampf um den Oberbürgermeisterposten in Dresden war immer wieder von einer ominösen Vereinbarung die Rede. Diese liegt Sächsische.de nun vor.

Von Andreas Weller & Dirk Hein
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In den Plänen von Oberbürgermeister Dirk Hilbert geht es auch um den Kiessee Leuben.
In den Plänen von Oberbürgermeister Dirk Hilbert geht es auch um den Kiessee Leuben. © Sven Ellger

Dresden. An die von ihm selbst formulierte Vereinbarung knüpft Dresdens Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) sein Einvernehmen für die am 11. August anstehende Wahl der Dresdner Fachbürgermeister. Im Wahlkampf hat dieser mehrfach von dem Papier gesprochen, wollte aber nie dessen Inhalt verraten.

Der OB wiederholt unablässig, dass diese Vereinbarung aus seiner Sicht Grundvoraussetzung für die weitere Zusammenarbeit sei. Aber auch nach seiner Wahl ließ Hilbert sich nicht in die Karten gucken.

Jetzt liegt diese Vereinbarung, die Hilbert von den Fraktionen unterzeichnet haben will, die künftig Bürgermeisterposten besetzen, Sächsische.de vor. Darin geht es um konkrete Punkte, zu denen sich die Unterzeichnenden verpflichten - zumindest bis zur nächsten Kommunalwahl 2024 - zusammenzuarbeiten.

Um welche kurzfristigen Projekte geht es?

Wenig überraschend steht für OB Hilbert die Revitalisierung des Dresdner Fernsehturms an erster Stelle. Die betroffenen Bürgermeister sollen sich verpflichten, alle Beschlüsse dazu "vorbehaltlos" umzusetzen.

Ebenso will Hilbert das "neue Sachsenbad" umgesetzt wissen, das er vorgeschlagen hat, nachdem die Stadt das richtige Sachsenbad bereits verkauft hatte. Für den Sport will er die Erweiterung der Margon-Arena, die Weiterentwicklung des Sportparks Ostra, die Sportbürgermeister Peter Lames (SPD) ins Spiel gebracht hat - dafür soll auch eine Fähre nach Pieschen "ernsthaft geprüft" werden. Und im Kiessee Leuben soll künftig legal gebadet werden dürfen.

Für die finanziell angeschlagenen Dresdner Verkehrsbetriebe (DVB) soll ein Finanzierungspaket im Haushalt verankert und bei Bund und Land um ein "Zukunftspaket ÖPNV" gerungen werden.

Dazu soll für die Robotron-Kantine ein Konzept mit einer klaren Zukunftsperspektive vorgelegt werden. Diese und weitere Punkte sollen die Stadträte und Bürgermeister unterstützen.

Welches sind die mittelfristigen Ziele?

Darüber hinaus schreibt Hilbert von "exzellenter Bildung", dafür sollen die Investitionen in Schulen fortgeführt und die Schulsozialarbeit ausgebaut werden. Der OB fordert mehr Förderung für Sportvereine, den Ausbau der Kultur- und Nachbarschaftszentren und die Umsetzung des Plans für ein jüdisches Begegnungszentrum am "Alten Leipziger Bahnhof".

Das städtische Wohnungsunternehmen WID soll bis 2029 5.000 Wohnungen vorhalten und bis 2036 dann 10.000. Zudem soll es einen Masterplan Prohlis geben und jedes Jahr 400 Standorte für Einfamilienhäuser ausgewiesen werden.

Um das städtische Klinikum wettbewerbsfähig zu bekommen, sollen die Unterzeichnenden sich ebenso zur Zukunftsstrategie für die Krankenhäuser bekennen.

Auch die Ortschaften und Stadtbezirke sollen laut Hilberts Plan langfristig erhalten bleiben und die Beteiligten sollen sich zur Modernisierung und Digitalisierung der Verwaltung bekennen - dabei geht es auch um die Unterbringung der Verwaltung und den Neubau des Verwaltungszentrums am Ferdinandplatz.

Um Dresden schuldenfrei zu halten, sollen die Fraktionen sich zum Hightech- und Wissenschaftsstandort Dresden bekennen und Investitionen zustimmen. Ebenso solle mehr Geld in den Tourismus gesteckt werden. Zahlen nennt der Oberbürgermeister in seinem Papier bewusst keine.

Hilbert will ein Energiesicherheitskonzept unter seiner Federführung und die Fortschreibung des Klimaschutzkonzeptes - unter Federführung des neuen Geschäftsbereichs Wirtschaft und Umwelt.

Warum soll die Stadtspitze umgebaut werden?

Mit dem Verweis auf den neuen Bereich Wirtschaft und Umwelt greift Hilbert auch seinem Plan vor, die Verwaltung umzustrukturieren. So wolle er Arbeitsaufwand und Verantwortung "gleichmäßiger verteilen". Deshalb will er unter anderem das Thema Wirtschaft dem Bereich Umwelt zuschlagen, das Hochbauamt dem Bereich Ordnung und Sicherheit und sich selbst die Ortsämter und Ortschaften.

Wie soll das in der Praxis funktionieren?

Hilbert macht seine Zustimmung zu den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern, die vom Stadtrat gewählt werden, davon abhängig, dass alle Fraktionen, die Posten besetzen, diese Vereinbarung unterzeichnen.

Damit sich alle daran halten, soll eine "gemeinsame Plattform der Zusammenarbeit" eingerichtet werden - kein zusätzliches Gremium, sondern in Hilberts Vorstellung ein "Gesprächsformat zur gemeinschaftlichen politischen Willensbildung". Darin sollen strittige Fragen erkannt und geklärt werden, durch "sachorientierte Lösungen".

Ob sich die Stadträte auf diese Vorgaben des Oberbürgermeisters einlassen, bleibt abzuwarten. Ihnen dürften einige Punkte daraus gar nicht schmecken und auch der Zuschnitt der Fachbereiche der Bürgermeister dürfte ebenso auf Kritik stoßen wie Hilberts Plan, eine FDP-Bürgermeisterin zu platzieren und eine andere Person dafür zu opfern.