So will OB Dirk Hilbert die Dresdner Stadtspitze umbauen

Dresden. In einer Sondersitzung wählt der Stadtrat der Landeshauptstadt am 11. August jeweils einen neuen Finanz-, Ordnungs-, Sozial-, Umwelt- und Kulturbürgermeister. Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) will das nutzen, um das komplette Machtgefüge an der Stadtspitze zu ändern. Zwei Bürgermeister müssten gehen, einer würde entmachtet, sollte Hilbert mit seinem Plan durchkommen. Die FDP würde profitieren.
Warum wird jetzt gewählt?
Noch im Herbst laufen die Amtszeiten von Finanzbürgermeister Peter Lames (SPD), Ordnungsbürgermeister Detlef Sittel (CDU), Sozialbürgermeisterin Kristin Kaufmann (Linke), Umweltbürgermeisterin Eva Jähnigen (Grüne) und Kulturbürgermeisterin Annekatrin Klepsch (Linke) aus. Daher muss neu gewählt werden.
Die neuen Bürgermeister werden durch den Stadtrat gewählt. Dafür reicht im Normalfall die Mehrheit der Stimmen aller anwesenden Räte. Erteilt der Oberbürgermeister der Wahl sein Einvernehmen jedoch nicht, müssen die Bürgermeister gegen den Willen des OBs mit einer Zweidrittelmehrheit gewählt werden.
Bildungsbürgermeister Jan Donhauser (CDU) und Baubürgermeister Stephan Kühn (Grüne) wurden später gewählt. Beide bleiben bis 2027 im Amt.
Welchen Einfluss hat OB Hilbert?
Gegen den Willen des Oberbürgermeisters können de facto keine Bürgermeister gewählt werden. Rein theoretisch ist eine Zweidrittelmehrheit zwar mit den Stimmen von CDU, Grünen, Linken, SPD und Dissidenten möglich, doch diese Mehrheit wäre denkbar knapp. Zudem wird Mitten in der Sommerpause in einer Sondersitzung gewählt. Eine Rätin der CDU ist verstorben, andere Räte sind womöglich im Urlaub. Gewählt wird in geheimer Wahl.
Weil die CDU obendrein die Nähe des von ihnen im Wahlkampf unterstützten OBs sucht, scheint es undenkbar, dass die Union gegen Hilberts Willen die Bürgermeister wählt.
Wird am 11. August gar nicht gewählt, wäre auch das für Hilbert verschmerzbar. Die Amtszeit der bisherigen Beigeordneten würde enden. Zudem könnte Hilbert einzelnen neuen Bürgermeistern sein Einvernehmen erteilen. Die dann gewählten Beigeordneten würden vertretungsweise die Arbeit der nicht gewählten Kollegen mit erledigen müssen.
Warum kommt es zur Machtprobe?
Laut Sächsische.de-Informationen ist es vor allem zum Bruch zwischen Dirk Hilbert und Dresdens Umweltbürgermeisterin und OB-Bewerberin Eva Jähnigen (Grüne) gekommen. Beide hatten sich im Wahlkampf hart attackiert und sich gegenseitig Untätigkeit und Unfähigkeit vorgeworfen. Gesprächspartner von OB Hilbert berichten, dass er eine weitere Zusammenarbeit kategorisch ablehnt.

Auch Kulturbürgermeisterin Annekatrin Klepsch hat demnach das Vertrauen von Hilbert verloren. Ihr wirft er die in den Sand gesetzte Bewerbung Dresdens als Kulturhauptstadt Europas und ihr vermeintlich mangelndes Interesse am Tourismus vor, für den Klepsch ebenfalls zuständig ist. Zudem will Hilbert das Übergewicht von Grünen, Linken und SPD in der Bürgermeisterriege beenden. Denkbar wäre, dass die Linken daher auf einen Posten verzichten müssen. Peter Lames (SPD), aktuell für die Schlüsselressorts Finanzen, Personal, Recht und den wichtigen Sport zuständig, soll zumindest entmachtet werden.
Hilberts Umfeld betont, nicht Personen würden im Mittelpunkt der Überlegungen stehen, sondern ein neuer Zuschnitt der einzelnen Zuständigkeiten im Rathaus. Mit dem Plan des OBs könne die Verwaltung effektiver und bürgernaher arbeiten.
Welche Vorstellungen hat der OB?
Öffentlich geäußert hat sich der OB noch mit keinem Wort zu seinen Vorstellungen für die zukünftige Rathausspitze. Allerdings führt Hilbert aus dem Urlaub in Portugal heraus reihenweise Gespräche, um eine Mehrheit für seinen Plan zu organisieren. Der Ansatz ist dabei einfach: Mit der Zustimmung des OBs reicht die einfache Mehrheit für die Wahl der Bürgermeister aus. "Nahezu jede Partei ist damit austauschbar", heißt aus dem Rathaus.
Konkret hat der OB laut Informationen von Sächsische.de folgenden Plan: Ein Bürgermeister, das Vorschlagsrecht soll hier die CDU erhalten, wäre zukünftig für die Geschäftsbereiche Umwelt und Wirtschaft zuständig. Umweltbürgermeisterin Eva Jähnigen wäre damit aus dem Rennen.
Die Linken würden die Zuständigkeit für den Bereich Soziales behalten. Sozialbürgermeisterin Kristin Kaufmann gilt mittlerweile als echte Expertin und hat sich einen guten Ruf auch bei Freien Wählern und AfD erarbeitet.
Die Verantwortung für die Geschäftsbereiche Kultur und Tourismus würde von den Linken auf die Grünen übergehen. Die bisherige Kulturbürgermeisterin Annekatrin Klepsch wäre damit ebenfalls de facto aus dem Rennen. Die Grünen müssten eilig einen passenden Bewerber finden.
Für Ordnung und Sicherheit, ergänzt um die Bereiche des Hochbauamtes und der Zentralen Technischen Dienste, wäre zukünftig ein von der SPD zu stellender Bewerber zuständig. SPD-Mann Peter Lames würde also vom Bereich Finanzen und Recht wechseln müssen. Das Hochbauamt ist aktuell noch Baubürgermeister Stephan Kühn (Grüne) zugeordnet, der diesen Bereich freiwillig abgeben müsste.
Welche Rolle spielt dabei die FDP?
Die FDP soll, so der Plan von Dirk Hilbert, den zentralen und wichtigsten Bürgermeisterposten der kompletten Verwaltung übernehmen. Nicht mehr Peter Lames (SPD), sondern ein von der FDP zu benennender Fachmann wäre zukünftig für Personal, Finanzen, Recht und Sport in der Landeshauptstadt zuständig. Die Kritik daran ist entsprechend groß, zumal der OB zwar als unabhängiger Kandidat im Wahlkampf angetreten ist, er aber weiterhin ein FDP-Parteibuch hat. Der Machtzuwachs der FDP wird kritisch gesehen.
Sehr wahrscheinlich wäre dies auch das Aus für die Ambitionen von FDP-Stadtrat Holger Hase. Er hatte sich um das Amt des Kulturbürgermeisters beworben. Für dieses Amt hat sich außerdem Stadträtin Susanne Dagen ins Gespräch gebracht. Ihr werden jedoch nur Außenseiterchancen eingeräumt.
Wie geht es weiter?
Dass der Plan von Hilbert ohne Änderungen am 11. August eine Mehrheit findet, ist nicht sicher. Bis kurz vor der Wahl sind neue Absprachen möglich. Noch im Stadtrat können neue Bewerber vorgeschlagen werden, die sich dort in einer Rede vorstellen können. Hinter den Kulissen wird bis dahin weiter gepokert.