Dresden. Für Ronald Mayer, Rechtsanwalt aus Freital, war der Fall klar, als sein Mandant zum ersten Mal in seiner Kanzlei saß. Das war im Jahr 2016. Der Mann, Übungsleiter in einem Sportverein, stand unter dem Verdacht, eine Frau sexuell belästigt und vergewaltigt zu haben. Damals hatte der Mann Chatnachrichten und Videos dabei, mit denen der Beschuldigte seinem Anwalt zeigen konnte, dass es keine Vergewaltigung gab, sondern er eine, wenn auch delikate, sexuelle Affäre mit der, damals verheirateten Frau, einer 45-jährigen Sozialpädagogin aus Dresden, hatte.
Verteidiger Mayer konnte mit den Beweisen damals zwar verhindern, dass ein Untersuchungshaftbefehl gegen seinen Mandanten vollstreckt wurde. Auch das Ermittlungsverfahren gegen den Verdächtigen wurde irgendwann eingestellt. Doch vorbei war der Ärger für den Freizeitsportler nicht. Es ging gewissermaßen erst richtig los.
Kurioser Freispruch in erster Instanz
Denn das Verfahren gegen die Frau - wegen falscher Verdächtigung - lief ebenfalls über Jahre. In der ersten Instanz vor dem Amtsgericht Dippoldiswalde wurde die Sozialpädagogin im Februar 2019 von einer Richterin überraschend freigesprochen. Jetzt verhandelte eine Berufungskammer des Landgerichts Dresden erneut in dieser Sache.
Offenbar hatte sich die Angeklagte erst in der laufenden Sitzung dazu durchgerungen, reinen Tisch zu machen. Und nur unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Dort hat die Angeklagte dann offenbart, dass sie ihre Ehe haben retten wollen und daher behauptet habe, sie sei von dem Sportsfreund sexuell belästigt und schließlich sogar vergewaltigt worden. Der Vorwurf war zunächst in dem Sportverein bekannt geworden, in dem der Übungsleiter ohnehin wegen eines Alkohol-Verstoßes in die Kritik geraten war.
Vorwürfe bei der Polizei wiederholt
Die Angeklagte habe sich dann jedoch hinreißen lassen, diese falschen Vorwürfe, die sie gegenüber dem Verein geäußert hatte, auch bei der Polizei anzuzeigen. Das erklärte der Vorsitzende Richter der Berufungskammer, Michael Gerhäusser, im Urteil: "fatalerweise". Erst am Tag des Berufungsprozesses habe sie diesen Weg verlassen. Für den Geschädigten sei das hart, bis heute leide er an diesem Stigma, so der Vorsitzende.
Das Gericht verurteilte die bislang nicht vorbestrafte Angeklagte wegen falscher Verdächtigung in zwei Fällen zu einer Geldstrafe von 3.600 Euro. Darüber hinaus muss sie an den Geschädigten knapp 700 Euro Schadenersatz bezahlen und ein Schmerzensgeld in Höhe von weiteren 2.000 Euro. Die 45-Jährige Dresdnerin ist heute geschieden.
Anwalt Ronald Mayer, der die Rechte des Geschädigten auch in dem Berufungsprozess vertreten hat, sprach von einem bitteren Fall: "Wenn mein Mandant seine Unschuld nicht mit seinen Chatnachrichten und Videos hätte beweisen könne, wäre er wohl wegen Vergewaltigung verurteilt worden."