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11 Millionen Fahrgäste mehr in Dresden durch das 9-Euro-Ticket

Das 9-Euro-Ticket ist Geschichte. Jetzt ist klar, was das Billig-Ticket gekostet hat und welche Effekte im Dresdner Nahverkehr erzielt wurden.

Von Dirk Hein
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Drei Monate lang konnte auch in Dresden das 9-Euro-Ticket genutzt werden. Jetzt liegt eine Bilanz vor.
Drei Monate lang konnte auch in Dresden das 9-Euro-Ticket genutzt werden. Jetzt liegt eine Bilanz vor. © Symbolfoto/dpa/Robert Michael

Dresden. Drei Monate lang konnte deutschlandweit so günstig wie nie der ÖPNV genutzt werden. Seit September gelten wieder die regulären Fahrpreise. Jetzt liegt eine umfangreiche Übersicht über Kosten und Nutzen des Tickets für die Landeshauptstadt vor.

Wie viele zusätzliche Fahrgäste wurden gezählt?

Automatische Fahrgastzählsysteme in sehr vielen Bussen und Bahnen der DVB zählen die Passagiere beim Ein- und Aussteigen. Die Daten dieser Sensoren in den Türen werden dann hochgerechnet.

Zwischen Juni und August 2022 nutzten demnach 43,19 Millionen Fahrgäste die Dresdner Verkehrsbetriebe. Im Vergleichszeitraum des Vorjahres waren es 32,22 Millionen Fahrgäste. Das 9-Euro-Ticket brachte den DVB somit knapp 11 Millionen zusätzliche Fahrgäste ein.

Am deutlichsten war dieser Zuwachs gleich im Juni. Statt 10,70 Millionen Menschen nutzten 15,24 Millionen Passagiere die Busse und Bahnen der DVB. Insgesamt profitierten Straßenbahnen stärker als Busse vom Zustrom der Fahrgäste.

War es in Bussen und Bahnen eigentlich voller?

Die DVB erfassen auch die Auslastung ihrer Fahrzeuge. Dabei werden die wöchentlichen Spitzenbelastungen aufgezeichnet. Als "überbesetzt" gelten Busse und Bahnen, in denen sich drei Personen einen Quadratmeter Stehplatzfläche teilen müssen. Damit gelten für die Landeshauptstadt strengere Regeln als bundesweit üblich. 2021 gab es laut den Verkehrsbetrieben nahezu keine übervollen Bahnen. Der erfasste Wert liegt bei 0,01 Prozent aller Fahrten.

Auch während des Zeitraumes des 9-Euro-Tickets war nahezu immer zumindest etwas Platz in Bus und Bahn. Die Zahl der übervollen Fahrten stieg geringfügig auf 0,05 Prozent aller Fahrten. Auch in der Kategorie "sehr volle Busse und Bahnen"(knapp unter drei Fahrgästen pro Quadratmeter) wurden lediglich 0,2 Prozent aller Fahrten erfasst. Das ergab eine Anfrage von AfD-Stadtrat Heiko Müller.

Auf den Strecken der Linien 4 (Laubegast - Weinböhla), 13 (Prohlis - Mickten) sowie in allen sieben 60er-Buslinien sei laut DVB die Nachfrage "überdurchschnittlich" gewesen.

Welche finanziellen Belastungen gab es für die DVB?

Statt 54,90 Euro für eine Abo-Monatskarte wurden plötzlich nur noch neun Euro fällig, zudem konnte das Ticket bundesweit genutzt werden. Das hatte natürlich Auswirkungen auf die Einnahmen der DVB.

Im Juli 2021 nahmen die DVB noch 8,9 Millionen Euro ein. Ein Jahr später sank diese Zahl auf 2,9 Millionen (-67 Prozent). Im August verringerten sich die Einnahmen von 8 Millionen auf 3,1 Millionen Euro. Im Juni 2022 konnten die DVB ebenfalls lediglich etwa drei Millionen Euro Einnahmen verbuchen. Mit diesem Minus sind die Verkehrsbetriebe nicht alleine. Sachsenweit sind Kosten von mindestens 71,7 Millionen Euro entstanden.

"Die infolge des 9-Euro-Tickets entgangenen Einnahmen werden innerhalb des Corona-Rettungsschirms 2022 erstattet", sagt DVB-Sprecherin Anja Erhardt. 66 Prozent der zu erwartenden Einnahmeausfälle wurden bereits erstattet. Die verbleibenden 33 Prozent folgen laut DVB "hoffentlich nach der Abrechnung im nächsten Jahr." Aber: Der Staat gleicht lediglich Ausfälle bezogen auf die Vor-Corona-Umsätze aus. "Die Nachfragesteigerung um gut zehn Prozent ist dabei finanziell nicht abgebildet", sagt die DVB-Sprecherin. Die Verkehrsbetriebe zahlen somit alle Mehrkosten, die zum Beispiel durch einen höheren Wartungsaufwand an den Fahrzeugen entstanden sind.

Wie haben die DVB profitiert?

Insgesamt bewerten die DVB das 9-Euro-Ticket als "ein erfolgreiches Experiment." Innerhalb des Zeitraumes wurden 4.360 Jahresabos abgeschlossen. Diese Neukunden durften von Juni bis August 2022 kostenlos fahren. Im gleichen Zeitraum des Vorjahres wurden etwa 1.000 Abokarten weniger verkauft.

"Das Ziel, Fahrgäste nach der Pandemie in Bahn und Bus zurückzuholen wurde mehr als erreicht. Viele Menschen, die sonst den ÖPNV nicht nutzen, machten dank des 9-Euro-Tickets neue Erfahrungen", sagt DVB-Sprecherin Anja Erhardt.

Marktforschungen des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen haben zudem gezeigt, dass jede zehnte Fahrt mit dem 9-Euro-Ticket sonst mit dem Auto unternommen worden wäre. 20 Prozent der Käuferinnen und Käufer nutzen normalerweise nicht Bahn und Bus, weitere 27 Prozent seltener als monatlich. Mit dem 9-Euro-Ticket wurde auch zusätzliche Mobilität ermöglicht. Gut jede sechste Fahrt wäre ohne das 9-Euro-Ticket nicht angetreten worden.

Wie geht es nun weiter?

Auf Bundes- und Landesebene wird noch immer an einem Nachfolgemodell gearbeitet. Der Preis für einen Nachfolger des 9-Euro-Tickets soll zwischen 49 und 69 Euro im Monat liegen. Die Finanzierung dafür sollen sich Bund und Länder teilen. Details liegen jedoch immer noch nicht vor.

Die DVB bleiben skeptisch. "Viel wichtiger als ein rabattiertes Ticket ist für uns jedoch die Absicherung des Bestandsangebotes. Dafür brauchen wir ausreichend Personal, Fahrzeuge, eine intakte Infrastruktur und eine solide Grundfinanzierung."