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Wird die Dresdner Bürgermeisterwahl abgeblasen?

Nachdem sich Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) öffentlich im Sächsische.de-Interview zu seinen Forderungen erklärt hat, geht das Gerangel um fünf Bürgermeisterposten weiter. Wo es noch hakt.

Von Andreas Weller
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Auch nach dem Gespräch von Oberbürgermeister Dirk Hilbert mit den Fraktionschefs zu den Bürgermeisterposten sind die Fronten verhärtet.
Auch nach dem Gespräch von Oberbürgermeister Dirk Hilbert mit den Fraktionschefs zu den Bürgermeisterposten sind die Fronten verhärtet. © Sven Ellger

Dresden. Langsam wird die Zeit mehr als knapp. Am Donnerstag soll der Stadtrat fünf der sieben Bürgermeisterinnen und Bürgermeister neu wählen. Doch es ist noch lange keine Einigung in Sicht. Wie es nun weitergeht und welche Szenarien in der Stadtratssitzung möglich sind.

OB Dirk Hilbert will die Stadtspitze umbauen

CDU, Grüne, Linke, SPD und FDP müssen Kompromisse eingehen, fordert Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP), um seine Forderungen zu erfüllen. Das erklärte das Stadtoberhaupt am Dienstag im Interview mit Sächsische.de. Denn Hilbert will die Stadtspitze umbauen, um die Verwaltung anders aufzustellen.

Ansatzpunkt sind die turnusmäßigen Bürgermeisterwahlen, weil bei fünf von sieben Beigeordneten die siebenjährige Amtszeit endet. Die CDU, Grüne, Linke und SPD hatten eigentlich 2020 bereits vereinbart, wie die Posten zu besetzen sind. Doch das passt Hilbert nicht. Er will seine FDP mit an Bord wissen, dafür andere Bürgermeister verschieben, für Die Linke einen Posten streichen und auch seine Konkurrentin im OB-Wahlkampf, Umweltbürgermeisterin Eva Jähnigen (Grüne), loswerden.

Stattdessen sollen CDU, Grüne, Linke, SPD und FDP jeweils einen Posten zugesprochen bekommen. Grüne und SPD würden an Einfluss verlieren, Die Linke sogar eine Bürgermeisterin - nur für CDU und FDP ist kein Kompromiss erkennbar, den OB Hilbert verlangt.

FDP fordert Vertagung

Von einem großen Teil der Beteiligten werden Hilberts Ideen als Affront angesehen. Eine Einigung ist noch lange nicht in Sicht. Deshalb gab und gibt es noch viele Gesprächsrunden. Und deshalb fordert FDP-Fraktionschef Holger Zastrow bereits die Vertagung der Wahlen. "Derzeit beharrt jeder auf seiner Position", so Zastrow. "Wir teilen den Vorschlag des Oberbürgermeisters natürlich aus vollem Herzen. Aber die Sache ist so komplex, dass ich für eine Vertagung bin, wir bis zur Sitzung Mitte September eine Einigung suchen und dann wählen."

Problem daran ist nur, dass die Amtszeit einiger Bürgermeister am 11. September endet, die nächste Stadtratssitzung aber erst am 15. September stattfindet und eine Kommune zwingend zumindest einen Fachbediensteten für Finanzwesen benötigt. Das ist aktuell Finanzbürgermeister Peter Lames (SPD). Einen Ersatz müsste ebenfalls der Stadtrat bestellen. Zudem muss laut Gemeindeordnung die Nachbesetzung der Bürgermeister einen Monat vor Ende der Amtszeit geregelt sein.

SPD hat Forderungskatalog an OB Hilbert

"Wir sind bis zur letzten Minute gesprächsbereit", bekräftigt SPD-Fraktionschefin Dana Frohwieser. "Aber wir wollen endlich mal über Inhalte sprechen." Das habe Hilbert bisher versäumt, obwohl anders angekündigt. Die SPD hat Hilbert eine Mail geschrieben, in der sie zu Inhalten Stellung nimmt. Denn der hatte mit einem Schreiben seinerseits etliche Forderungen aufgemacht und die Umstrukturierung einiger Bereiche der Verwaltung vorgeschlagen.

Diese "Vereinbarung", wie Hilbert sie nennt, sollen die Fraktionschefs vor der Wahl unterschreiben. "Die werden wir nicht unterschreiben, solange es nur das Wahlprogramm von Herrn Hilbert ist", stellt SPD-Vize Vincent Drews klar. Deshalb fordert die SPD etliche Änderungen, die sich über sieben Seiten erstrecken und mit denen Hilbert etliche Abstriche machen müsste. "Im Interesse der Landeshauptstadt sollte aber jetzt gewählt werden", fordert Frohwieser.

CDU sieht 8. Bürgermeister als Lösung

Das sieht die CDU nicht zwingend so. Für sie wäre auch eine Vertagung denkbar, ebenso wie Änderungen bei den Besetzungen. "Wir sind zu allem bereit, wofür es eine breite Mehrheit gibt und was nicht auf Konfrontation mit OB Hilbert hinausläuft", so Fraktionschef Peter Krüger. "Was den gordischen Knoten lösen könnte, wäre ein achter Bürgermeisterposten."

Damit meint er die mittlerweile rechtlich zulässige Schaffung eines achten Bürgermeisterpostens in Städten mit mehr als 500.000 Einwohnern. Bisher hat Dresden sieben. Für den achten Posten müsste aber die Hauptsatzung mit einer Zweidrittelmehrheit entsprechend geändert werden. Inklusive Klärung des Zuschnitts, Ausschreibung und Besetzungsverfahren, würde das aber noch eine ganze Weile dauern.

So müsste aber Die Linke nicht auf einen Posten verzichten und die FDP könnte trotzdem einen bekommen. "Wir werden definitiv keiner Resterampe zustimmen mit Ämtern, die keiner haben will", so Zastrow. "Dresden braucht keinen achten Bürgermeister, damit die Verwaltung funktioniert. Wir wollen die Stadt voranbringen, gestalten und ermöglichen."

Grüne halten an Jähnigen fest

Für Die Linke ergibt sich aus den Äußerungen von OB Hilbert "kein in sich konsistentes Bild" seiner Vorstellungen, sagt Parteichef Jens Matthis. "Die Fraktionsvorsitzenden bemühen sich derzeit um Aufklärung und um konstruktive Lösungsvorschläge." Zu der Attacke auf den Posten der Kulturbürgermeisterin äußert er sich nicht öffentlich.

Intern ist das aber ein Punkt, weshalb die Linke mit dem OB im Clinch liegt. Ebenso wie die Grünen, weil Hilbert Jähnigen als Bürgermeisterin loswerden will. "Der Bereich Umwelt und Kommunalwirtschaft, mit der Zuständigkeit für Energie und Wasser, sowie die Person Eva Jähnigen sind für uns nicht zu diskutieren", stellt Grünen-Fraktionschefin Christiane Filius-Jehne klar.

Die möglichen Szenarien

Diese Probleme alle bis morgen zu klären, hat auch Hilbert als "ehrgeizig" bezeichnet. Nach etlichen weiteren Verhandlungsrunden werden sich die Fraktionschefs am Donnerstag kurz vor der Stadtratssitzung, die um 16 Uhr beginnt, erneut mit Hilbert zusammensetzen. Entweder es gibt dann eine Einigung, die Wahlen werden vom Stadtrat vertagt oder es wird gewählt. Dann wird aber für jede gewählte Person das Einvernehmen von OB Hilbert benötigt. Deshalb wird es auch noch großes Gerangel darum geben, in welcher Reihenfolge gewählt wird. Erklärt der OB dies nicht, muss erneut gewählt werden. Hilbert könnte nur mit einer Zweidrittelmehrheit überstimmt werden. Ansonsten ist die Wahl gescheitert.