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Wird Dresden in 13 Jahren klimaneutral?

Unternehmen und Bürger fordern, dass Dresden bis 2035 keine klimaschädliche Gase mehr ausstößt. Dafür haben sie tausende Unterschriften gesammelt. Jetzt muss die Stadt handeln.

Von Luisa Zenker
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Schon in den nächsten Jahren könnte es in Deutschland bis zu einem Grad wärmer werden. Mit einem Bürgerbegehren soll nun auch Dresden gegen den Klimawandel aktiv werden.
Schon in den nächsten Jahren könnte es in Deutschland bis zu einem Grad wärmer werden. Mit einem Bürgerbegehren soll nun auch Dresden gegen den Klimawandel aktiv werden. ©  dpa/Robert Michael

Dresden. Ob an der Elbe, im Großen Garten oder auf den Dresdner Wochenmärkten - in ihren gelben T-Shirts waren die Klimaaktivsten in den vergangenen Wochen von weitem zu sehen. Mit Stift und Zettel bepackt, sammelten sie in der ganzen Stadt Unterschriften für das Bürgerbegehren "Klimaneutrales Dresden 2035". Nun haben sie ihr Ziel erreicht: die wichtigsten Fragen und Antworten.

Wie viele Menschen fordern eine klimaneutrale Stadt bis 2035?

Zwölf Monate hatten die Aktivisten von "Dresden Zero" Zeit, die Stadtgesellschaft zu mobilisieren. Damit sie ihre Forderung durchbekommen, mussten sie fünf Prozent der Wahlberechtigten überzeugen, dass Dresden bis 2035 klimaneutral werden soll. Nun sind sie über ihr Ziel hinausgeschossen. "Wir haben signifikant mehr, als wir bräuchten", erklärt der Physikstudent Moritz Piepel von Dresden Zero.

21.500 Unterschriften waren gefordert, 30.800 hat die Initiative gesammelt. Zum Vergleich: Die Grünen OB-Kandidatin Eva Jähnigen erhielt im ersten OB-Wahlgang 38.000 absolute Stimmen. "Die Zahl verdeutlicht, dass es auch abseits von Wahlen Möglichkeiten der Teilhabe gibt", so Moritz Piepel weiter.

Mit dieser Menge an Unterstützern hatten die Organisatoren zwischendurch nicht gerechnet, denn: "In Zeiten von Corona, wenn es keine Veranstaltungen gibt, ist es schwierig, Menschen zu erreichen", sagt Piepel. Umso größer ist nun die Freude, denn unter den Unterstützern finden sich auch Namen wie Volkswagen, Bosch, Infineon, die Technische Universität oder prominente Künstler wie Kabarettist Olaf Schubert und Entertainer Eckart von Hirschhausen.

Christoph Röllig (l.) und Moritz Piepel sind die Initiatoren von "Dresden Zero".
Christoph Röllig (l.) und Moritz Piepel sind die Initiatoren von "Dresden Zero". © Sven Ellger

Wie geht es jetzt weiter?

Am Donnerstag überreichte die Initiative das Bürgerbegehren an OB Dirk Hilbert (FDP). Danach überprüft die Verwaltung, ob das Bürgerbegehren rechtmäßig ist. Ist es zulässig, kommt es zu einem Bürgerentscheid. Dann sind alle Dresdner dazu aufgerufen, darüber abzustimmen. Dies entfällt, wenn der Stadtrat im Sinne des Begehrens die entsprechende Maßnahme beschließt, also sich für ein klimaneutrales Dresden bis 2035 ausspricht.

OB Dirk Hilbert befürwortet einen Bürgerentscheid: "Eine Klimaneutralität bis 2035 ist sehr ambitioniert. Sie funktioniert nur, wenn wir andere Projekte, die uns momentan am wichtigsten erscheinen, nach hinten verschieben. Dass die Dresdner darüber abstimmen können, ist richtig." Aus Sicht von Hilbert kann eine Klimaneutralität 2035 nur erreicht werden, wenn zum Beispiel "grüner Strom" aus anderen Regionen eingekauft wird und anderswo CO2-Kompensationsmaßnahmen finanziert werden.

Bürgerbegehren solcher Art gab in Dresden bisher dreimal, zum Beispiel entschieden so die Dresdner über die Zukunft der städtischen Kliniken.

Wie ist der Stand in Sachen Klimaneutralität?

In den vergangenen Tagen haben die Dresdner die Hitze zu spüren bekommen. Auf bis zu 39,2 Grad kletterte das Thermometer am Wochenende. Und Sonntagabend spürte ein jeder die Folgen des Hitzerekords: Das Stadtgebiet war durch den mehr als 100 km entfernten Waldbrand in Brandenburg stark verraucht.

Hitze, Trockenheit, Starkregen - all das sind Wetterereignisse, die sich Wissenschaftlern zufolge, durch den menschengemachten Klimawandel in immer kürzeren Abständen wiederholen werden.

Deshalb soll Dresden dem Bürgerbegehren zufolge ab 2035 keine klimaschädlichen Gase ausstoßen. Ein Ziel, das für OB Dirk Hilbert (FDP) unrealistisch ist. Er kündigte im Wahlkampf an, dass Dresden bis 2045 klimaneutral werden könnte. OB Kandidatin Eva Jähnigen (Grüne) dagegen möchte die Stadt bis 2035 klimaneutral ausbauen.

So hat sich der Ausstoß der klimaschädlichen Gase in Dresden innerhalb der letzten fünf Jahre entwickelt.
So hat sich der Ausstoß der klimaschädlichen Gase in Dresden innerhalb der letzten fünf Jahre entwickelt. © LH Dresden

Was muss passieren, damit Dresden klimaneutral wird?

Moritz Piepel nennt drei Sektoren: Mobilität, Energie und Bauen. "Darin braucht es eine Wende", so der Physikstudent, der es begrüßt, dass sich Unternehmen wie Volkswagen zur Klimaneutralität bekennen.

Bisher hat Dresden übrigens seine beschlossenen Klimaschutzziele nicht erreicht. Die Stadt hat sich 2005 verpflichtet, die Treibhausgasemissionen bis 2035 alle fünf Jahre um zehn Prozent zu senken. Das ist bisher noch nicht geschehen, zwischenzeitlich sind sie sogar gestiegen.

Damit sich die Werte nun reduzieren, braucht es laut Moritz Piepel ein Paket mit mehr als hundert Maßnahmen. Das könnte eine Herausforderung für Dresden sein. Denn bereits 2020 hatte der Stadtrat beschlossen, die Dresdner Klimaschutzziele fortzuschreiben. Im Juni war aber bekannt geworden, dass sich Wissenschaftler und Stadt voneinander getrennt hatten. Ein neues Klimakonzept wird es also vorerst nicht geben.