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Wie eine Dresdner Software-Firma die Welt der Männer knackt

Die Dresdner Softwareschmiede Dualis fördert Frauen in der IT-Branche. Dafür fängt sie sogar bei den ganz Kleinen an.

Von Ines Mallek-Klein
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Heike Wilson (li.) und ihr Team von Dualis machen Frauen Mut.
Heike Wilson (li.) und ihr Team von Dualis machen Frauen Mut. © Dualis

Die Hocker und Stühle sind so bunt wie das Team der Softwareschmiede Dualis. Sie sind nahezu unbenutzt. Denn das neue Firmengebäude in der Dresdner Breitscheidstraße wurde mitten in der Corona-Pandemie fertiggestellt und bezogen.

Erst ein einziges Mal fand das rund 60-köpfige Team Gelegenheit, sich gesammelt in der Lounge zusammenzusetzen. "Den gesamten Umzug haben unsere Auszubildenden Jonathan Krebs und Tina Funke organisiert", sagt Heike Wilson.

Es war eine Herausforderung, aber genau die nimmt Heike Wilson gern an. Und sie möchte dazu auch ihre Mitarbeiter motivieren. Heike Wilson führt seit 19 Jahren die Geschäfte des Dresdener IT-Unternehmens, das 1990 von ihrem Vater Prof. Dr. Wilfried Krug gegründet worden war und seit 2016 als einhundertprozentige Tochter zum Dürr-Konzern gehört.

Alle Geschlechter sollen die gleichen Chancen haben

Was es heißt, als Frau in eine Männerdomäne einzusteigen, erlebte sie 2005 bei einem SAP-Kongress in der Würzburger Residenz. "Ein Saal mit 400 Software-Experten und ich als eine der ganz wenigen Frauen" erinnert sich Heike Wilson. In den Pausengesprächen wich die anfängliche Skepsis ihrer männlichen Gesprächspartner schnell. "Da habe ich gemerkt, dass am Ende die fachliche Kompetenz zählt", sagt die Firmenchefin.

Es ist ihr oft passiert, dass sie sich auf einem Geschäftstermin die Kommunikation auf Augenhöhe erarbeiten musste. Daran gewöhnen möchte sie sich nicht, denn sie hat eine Vision.

Heike Wilson macht sich dafür stark, dass Menschen aller Geschlechter die gleichen Chancen haben – grundsätzlich im Berufsleben und vor allem in der Branche, die nach wie vor als Männerdomäne gilt. Sie ist überzeugt, das gemischte Teams zusammen Zukunftsthemen wie IT und Digitalisierung besser bearbeiten können. Die diplomierte Volkswirtin ist sicher, dass mittelfristig Unternehmen gar nicht mehr umhinkommen werden, um jede Fachkraft intensiv zu werben – unabhängig von ihrem Geschlecht und ihrer Herkunft.

Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist vielen Mitarbeitern wichtig

Als Lockmittel reichen da längst nicht mehr gute Vergütung, ein Kickertisch und gekühlte Softdrinks für jeden. "Die jungen Mitarbeiter setzen andere Prioritäten. Sie bringen ein hohes Maß an Qualifikation und Engagement mit, fordern im Gegenzug aber auch Arbeitsmodelle, die von Mobilität und Flexibilität geprägt sind.

Es geht darum, Familie und Beruf gut miteinander verknüpfen zu können", so Heike Wilson. Sie und ihre beiden Geschwister wuchsen in einer Familie auf, in der die Eltern berufstätig waren. "Gleichberechtigung war für mich selbstverständlich", so die Unternehmerin. Sie hat sie erlebt und sie möchte sie vorleben. Offenbar mit Erfolg. Denn in dem Unternehmen, das auf die Entwicklung von Software und Dienstleistungen rund um die Simulation, die Prozessoptimierung und die Auftragsfeinplanung spezialisiert ist, liegt der Frauenanteil bei derzeit 33 Prozent. Das ist fast doppelt so viel wie üblicherweise in der IT-Branche, bei der im Durchschnitt nicht einmal jeder fünfte Mitarbeiter weiblich ist.

Die positive Entwicklung bei Dualis ist das Ergebnis eines mehrjährigen Prozesses, ist die dynamische Chefin mit der sportlichen Kurzhaarfrisur überzeugt. Sie setzt bei der Projektvergabe auf gemischte oder diverse Teams und lebt eine offene Führungskultur mit flachen Hierarchien. Die bunten Stühle in der Lounge stehen hier nicht nur aus ästhetischen Gründen. Sie laden zum Verweilen ein, zum Entspannen, aber auch zum Diskutieren. Nebenan steht eine kleine Kücheninsel. "Hier wollen wir zusammen kochen, wenn Corona uns wieder lässt", sagt Heike Wilson.

Homeoffice schon vor der Pandemie

Es werden nie alle Mitarbeiter des Softwareunternehmens dabei sein können oder wollen. Denn Homeoffice war schon vor der Pandemie möglich, mittlerweile hat sich dieses Arbeitsmodell fest in die Abläufe integriert. Heike Wilson, selbst Mutter, weiß, dass in den letzten Monaten viele ihre Mitarbeiter zwischen Job, Homeschooling und Kinderbetreuung hin- und herwechselten. "Das ist ein Kraftakt, an dem keiner von ihnen zerbrechen soll. Deshalb haben unsere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen maximale Freiräume. Wann und wo sie ihre Aufgaben erledigen, müssen sie selbst entscheiden. Am Ende zählt allein das Ergebnis", sagt Heike Wilson.

Doch nicht nur zeitliche Flexibilität zählt, auch die Möglichkeit, sich persönlich weiterentwickeln zu können, sagt Sophie Apelmeier. Die IT-Projektmanagerin Planning Solutions ist seit vier Jahren bei Dualis und begleitet die Softwareeinführung der Planungssoftware bei den Kunden. "Alle Ideen, die unser Team anbringt, werden gehört, gemeinsam bewertet und häufig umgesetzt. Wir können unsere Projekte zu einem großen Teil selbst gestalten, was die eigene Kompetenz und Entwicklung von Beginn an in großen Schritten vorantreibt. Diese Flexibilität – sowohl in Hinblick auf die Aufgabeninhalte als auch Arbeitszeit – schätze ich jetzt, nach der Rückkehr aus meiner Elternzeit, noch mehr", sagt die junge Mutter – eines von mehreren "IT-Girls" bei Dualis.

Nicht einmal jeder siebte Gründer ist eine Frau

Sie stehen exemplarisch für erfolgreiche Frauen in der IT-Branche. Doch die gehören nach wie vor zur Minderheit. Nach einer Analyse des Verbandes für Internetwirtschaft eco bewerben sich auf offene Positionen im Bereich Software-Programmierung und IT nur zehn bis 20 Prozent Frauen. Auch bei den Start up-Gründungen mit digitalen Geschäftsmodellen sind Frauen deutlich in der Minderheit. Noch nicht einmal jeder siebte Gründer ist eine Frau.

Heike Wilson möchte das gerne ändern und ist überzeugt, dass der Grundstein dafür schon in Schulen gelegt wird. "Unser Ziel muss es sein, die Begeisterung für Software und IT zukünftig bei allen Kindern und im Besonderen auch bei Mädchen viel früher als heute zu fördern, am besten schon im Grundschulalter. Dabei sind auch die Unternehmen gefordert, denn sie werden die weiblichen Fachkräfte der Zukunft dringend benötigen, sagt sie und geht selbst als Mentorin und Lehrende an regionalen Hochschulen mit gutem Beispiel voran.

In der ehemaligen Grundschule ihres Sohnes gibt sie einen Programmierkurs für Dritt- und Viertklässler als Ganztagsangebot. Im ersten Jahr fanden nur zwei oder drei Schülerinnen den Weg in den Kurs. "Aber im dritten Jahrgang sitzen schon mehr Mädchen als Jungs vor den Rechner", sagt Heike Wilson und ist überzeugt, dass das der richtige Weg ist.

Es braucht weibliche Vorbilder in Führungspositionen

Doch er allein wird angesichts der zu erwartenden Fachkräftemangels und der Herausforderungen, die die Digitalisierung mit sich bringt, nicht ausreichen.

Die knapp Fünfzigjährige legt den Wert nicht auf reine "Quoten", sondern verbindet diese auch mit Kompetenz und Leistung. "Auch wir wählen unsere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen natürlich nach den Fähigkeiten aus", versichert die Unternehmerin.

Aber sie hat erfahren, dass es die Vorbilder an weiblichen Führungskräften braucht, um Mädchen wie Frauen zu motivieren, sich einfach mehr zu trauen und Verantwortung zu übernehmen. Sie selbst und viele ihrer Mitarbeiterinnen sieht sie genau in dieser Vorbildrolle. Allein sie sind noch zu wenige und genau deshalb braucht es die Quote. "Hoffentlich nur für eine begrenzte Zeit", sagt Heike Wilson.

Kurzporträt DUALIS GmbH IT Solution:

  • Die 1990 in Dresden gegründete DUALIS GmbH IT Solution – seit 2016 eine Tochtergesellschaft der iTAC Software AG – hat sich auf die Entwicklung von Software und Dienstleistungen rund um Simulation, Prozessoptimierung und Auftragsfeinplanung spezialisiert. Zur Produktpalette zählen das Feinplanungstool GANTTPLAN, die 3D-Simulationsplattform Visual Components und das Hallenplanungstool AREAPLAN. Die DUALIS-Produkte sind in zahlreichen namhaften Anwendungen in der Großindustrie und in mittelständischen Unternehmen im Produktions- und Dienstleistungssektor integriert. Consulting und Services zur strategischen und operativen Planung runden das Leistungsspektrum von DUALIS ab.