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Dresdens Herz schlägt für die Musik

Der Andrang ist groß. Nicht nur am Heinrich-Schütz-Konservatorium, sondern auch an anderen Instituten steigen die Schülerzahlen.

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© Christian Juppe

Von Julia Vollmer

Alles begann mit dem Gartenschlauch. Vor 15 Jahren. Johann Zykas Liebe zur Trompete gingen die ersten Erfahrungen mit eben jenem Schlauch voraus. „Als Siebenjähriger probierte ich die ersten Musikstunden lang erst mal, dort hinein zu pusten, um mein Lungenvolumen und meine Lippenspannung zu testen,“ erzählt er. Ziemlichschnell stand fest: Johann und die Trompete – die beiden gehören zusammen. Da waren sich der Dresdner und sein Musiklehrer vom Heinrich-Schütz-Konservatorium (HSKD) schnell einig. Er bekam für die Übungsstunden zunächst ein Leihinstrument, danach kaufte er sich bald seine erste eigene Trompete. „800 Euro kostete sie, man kann aber auch bis zu 2000 Euro ausgeben“, sagt Johann Zyka. Kaum hielt er seine Trompete in den Händen, ging es steil bergauf für ihn am Konservatorium. Er bekam die Landesförderung für begabte junge Musiker und saß bald zweimal in der Woche im Unterricht auf der Glacisstraße.

Und mit ihm immer mehr Kinder und Jugendliche. Die Schülerzahlen am Schütz-Konservatorium steigen. In diesem Jahr und 2017 lernten rund 7300 Mädchen und Jungen ein Instrument oder waren im Tanzkurs, 2016 waren es 5 959 und 2010 erst 4 710. Das liegt sicher zum einen an den steigenden Geburtenzahlen, aber woran noch? Fragt man HSDK-Chefin Kati Kasper, nennt sie vor allem das Projekt „Musikschützen“ als Grund. „Das ist eine Kooperation mit Schulen und Kitas, so werden auch Familien auf uns aufmerksam, die uns sonst aus sozialen oder logistischen Gründen nicht finden würden“, sagt Kasper. Das HSKD, das am Samstag zum Tag der offenen Tür einlud, bietet dutzende verschiedene Kurse: für Blechbläser, für Tasteninstrumente, Chor und Orchester. Von den Babykursen ab einem Jahr bis zum Erwachsenenalter. „Bei uns lernen viele Kinder aus den klassischen Bildungsbürgerhaushalten, in denen Hausmusik gemacht wird. Aber nicht ausschließlich, sondern es gibt Nachwuchs aus allen Schichten“, betont Kasper. Dafür gibt es bis zu 50 Prozent Ermäßigung auf die Kurspreise für Eltern, die Hartz IV beziehen, und für Flüchtlinge. Sonst bewegen sich die Preise von 28,80 Euro für die Babykurse bis zu 81 Euro für eine Einzelstunde pro Woche im Monat. Nicht nur am Schütz-Konservatorium, auch an den anderen Musikschulen in der Stadt steigen die Schülerzahlen. An der Paukenschlag-Schule lernen aktuell 1 300 Schüler, 2010 waren es noch 900. „Die beliebstesten Kurse bei uns sind musikalische Früherziehung und das Intstrumentenkarussell“, sagt Bereichsleiter Alexander Karadschow.

Bei den Instrumenten liegen Klavier, Gitarre , Keyboard und Violine ganz vorn. Dafür gibt es sogar eine Warteliste. Diese führt auch die Dresdner Tastenschule von Dirk Ebersbach. Von 2010 bis heute haben sich seine Schülerzahlen von 300 auf 600 verdoppelt. Alle Musikschullehrer sind sich einig, woran das liegt: Musik stärkt das Selbstvertrauen, das Teamgefühl und macht das Leben einfach ein kleines bisschen schöner. Auch Anne Melcher, Chefdramaturgin der Semperoper, hat dazu eine Idee: „Dresden und die Musik stehen ebenso wie die weltberühmte Kunstbegeisterung seit Jahrhunderten in ungebrochenem Zusammenhang. Das spornt jede zukünftige Generation von neuem an.“ Diese Aufgeschlossenheit der Musik gegenüber sei tief in der Mentalität der Dresdner verankert und an jeder Ecke zu erleben.

Ohne Musik geht es nicht bei Johann Zyka. Wenn er nicht gerade mit seiner Trompete übt, hört er klassische Musik. Am liebsten Richard Wagners Walkürenritt. Am 17. Juni spielt er sein letztes Konzert am HSKD. Mit 21 Jahren und nach 15 Jahren am Konservatorium wird es nun Zeit für neue Ufer.