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Dresdens zweites 800-Jahr-Jubiläum

In den zehn Jahren nach der Ersterwähnung stieg der Ort zur Stadt auf. Die Urkunde dazu war nun erstmals zu sehen.

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© Sven Ellger

Von Lars Kühl

Dresden. Zum Feiern braucht es Jubiläen. Umso runder, desto größer der Aufriss. Am Donnerstag war wieder so ein Tag. Am 21. Januar vor 800 Jahren wurde Dresden erstmals als Stadt in einer Urkunde erwähnt. Diesen Schluss lässt zumindest die Übersetzung von Eckhart Leisenring vom Sächsischen Staatsarchiv zu.

Eine 80 x 30 Zentimeter große gefaltete Urkunde mit der Formulierung „civitate nostra Dreseden“ aus dem Jahr 1216 liegt in einer Glasvitrine im Stadtarchiv in Dresden.
Eine 80 x 30 Zentimeter große gefaltete Urkunde mit der Formulierung „civitate nostra Dreseden“ aus dem Jahr 1216 liegt in einer Glasvitrine im Stadtarchiv in Dresden. © dpa

Denn neben der heute üblichen Jahresangabe 1216 ist in der 80 mal 30 Zentimeter großen Urkunde, die nur für diesen einen Tag im Stadtarchiv gezeigt wurde, die Rede von einer fünften Indiktion – einem damals üblichen 15-jährigen Zyklus bei der Zählung. „Allerdings sind damit im Mittelalter oft Fehler passiert“, sagt Leisenring.

Trotzdem gilt der 21. Januar 1216 als Datierung der Urkunde noch immer am wahrscheinlichsten. Das gefaltete Pergamentblatt, hergestellt aus Ziegenhaut, mit dem verzierten und detailreichen Wappensiegel enthält die entscheidenden Worte auf Latein „... in civitate nostra Dreseden ...“, was so viel wie „... in unserer Stadt Dresden ...“ heißt. Zehn Jahre nach der Erstnennung wird der Ort also als Stadt erwähnt – für Dresden ein herausragender historischer Akt. Ist doch „in dem kleinen, sumpfigen Ort einiges geschehen“, wie Gastgeber Thomas Kübler als Leiter des Stadtarchives zu den Besuchern im rappelvollen Ausstellungssaal sagt. „Dresden hat in der Zeit einen tollen Sprung gemacht.“ Wann genau das Stadtrecht verliehen wurde, ist nicht bekannt. Überhaupt gibt es aus der Zeit nur noch eine weitere Urkunde aus dem Jahr 1215, in der die Stadt vorkommt.

Fakt ist, dass sich zahlreiche Kaufleute um die Nikolai-, der späteren Kreuzkirche, angesiedelt hatten. Sie verhalfen dem Ort an der Elbe durch ihren regen Handel zu einem merklichen Aufschwung. Immer unter der Gunst des Markgrafen Dietrich von Meißen, der schon die Ersterwähnung und nun auch das Schriftstück, in dem Dresden als Stadt auftaucht, beurkundet hat. Welcher Stadtschreiber die Zeilen handschriftlich verfasste, ist laut Kübler nicht bekannt. Interessant wäre es schon, denn damals war der Schreiber gleichzeitig Archivar und Bürgermeister. Jedenfalls bedeutet die Urkunde auch, dass eine Stadtverwaltung mit ihrer Arbeit begonnen hat.

Ihr Inhalt ist dagegen weniger beachtlich. Ein Jahr, nachdem die Mongolen Peking erobert hatten und der englische Adel mit der Magna Charta seine Rechte gegenüber dem Königshaus durchsetzte, wird in Dresden rechtskräftig bestätigt, dass das Dorf Zadel bei Meißen vollständig in den Besitz des Klosters Altzella bei Nossen übergegangen ist. Es ist eine Zeit, als der Silberbergbau im Erzgebirge eine erste Blütezeit erlebt, die Bevölkerung in Sachsen schnell wächst und viele neue Orte entstehen.

Vier davon tauchen dann auch zum ersten Mal in der Urkunde vom 21. Januar 1216 auf: Schönfeld und Cunnersdorf, beide in der Nähe der Abfahrt Thiendorf an der heutigen Autobahn 13, sowie Tharandt und Kleincarsdorf, ein Kreischaer Ortsteil. Für sie traten die Zeugen Tammo de Sconevelt, der Cunnersdorfer Vorsteher Konrad von Ozzech, Boriwo de Tharant sowie Otto de Karlesdorf auf. Die Jubilare feiern fast alle 2016 ihr 800-Jähriges.

Das Stadt- und das Staatsarchiv nutzten am Donnerstag die Präsentation der Urkunde von 1216, um den Besuchern weitere wertvolle Dokumente aus der frühen Historie Dresdens zu zeigen. Die Geschichtsinteressierten kamen zahlreich, auch OB Dirk Hilbert (FDP) ließ sich die Gelegenheit nicht entgehen. Die Gäste staunten beispielsweise über die älteste deutschsprachige Urkunde im Bestand des Stadtarchives von 1308, die nicht nur den Handel mit Wein und Bier regelte, sondern zudem die Strafen bei Vergehen der Büttner, die die Fässer anfertigten, und Becherhersteller regelte. Auch eine Huldigung Dresdens aus dem Jahr 1315 von brandenburgischen Markgrafen war zu sehen – ein Akt, der später im sich anbahnenden Konkurrenzverhältnis von Sachsen zu Preußen nicht vorstellbar war. Zwei Urkunden betreffen außerdem Altendresden, die heutige Neustadt. In der von 1403 bekam der rechtselbische Teil Stadtrecht. 1550 wird dann schon die Einverleibung nach Dresden dokumentiert – und damit die erste Eingemeindung. Bis heute folgten 74 weitere.