Von Peter Hilbert
Dresdens Fernwärmenetz ist bereits jetzt 574 Kilometer lang. Künftig wird es noch länger. Denn die Drewag will auch die rechtselbischen Gebiete hinter der Marienbrücke umweltfreundlich beheizen. Schließlich sollen die Hafencity und das Gelände am alten Leipziger Bahnhof bebaut und die boomenden Wohngebiete in Pieschen und dem Umfeld ans zentrale System angeschlossen werden. Deshalb steht Norbert Gassel von der Drewag Netz vor einer seiner größten Herausforderungen.

Unter Führung des 58-jährigen Fachmanns soll Dresdens erster begehbarer Elbtunnel für die neue Trasse gebaut werden. Allerdings nur für Spezialisten, die Leitungen und Armaturen überprüfen oder instand setzen müssen. Zudem sollen auf rund 8,5 Kilometern neue Leitungen zwischen Elbe und Großenhainer Straße bis hin nach Alttrachau unter die Erde gebracht werden. Das ist ein wesentliches Ziel im städtischen Energie- und Klimaschutzprogramm. Allein durch den Fernwärme-Anschluss dieses Gebietes werden jährlich rund 3 500 Tonnen Kohlendioxid weniger in die Luft geblasen.
Der Großteil der Fernwärme wird im Löbtauer Heizkraftwerk Nossener Brücke jenseits der Elbe produziert, das erhebliche Reserven hat. Die einzige Fernwärmetrasse führt im Inneren der Carolabrücke zur anderen Elbseite. Die Verbindung kommt aber langsam an ihre Grenzen. Deshalb ist der Tunnel ein Stück elbabwärts von der Marienbrücke geplant.
Bis 2021 sollen alle neuen Fernwärmeleitungen gebaut werden. Der Tunnel kommt aber nicht gleich zum Auftakt an die Reihe, sondern der Anschluss rechts der Elbe. Bis zur Uferstraße liegt bereits eine Leitung im Elberadweg, erklärt der Projektleiter. Von Mai 2017 bis September 2018 soll sie bis zur Gehestraße verlängert werden. Geplant ist, die Arbeiten an der Leipziger Straße noch 2017 abzuschließen. Vorm Puschkinplatz wird sie zwar enger. „Da die Baumaschinen jedoch vom Fußweg aus arbeiten können, bleibt immer eine Fahrspur in jede Richtung frei“, erläutert Gassel. Ab Herbst 2017 wird auch der linkselbische Anschluss im Elberadweg bis hinter die Marienbrücke gebaut. „Die Hauptleitung bis zur Wurzener Straße soll bis 2019 fertig sein“, nennt er das Ziel.
Dann wird der Bau des Elbtunnels aber noch voll im Gange sein. Geplant ist eine 3,20 Meter hohe Röhre mit dicken Wänden aus Betonfertigteilen. Zuerst wird am Volksfestgelände an der Pieschener Allee ab Herbst 2017 eine sogenannte Startgrube errichtet. Sie wird 18 Meter tief und besteht aus einem gewaltigen Stahlbetonkasten. Danach entsteht am Neustädter Elberadweg der Gruben-Zwilling. Ist die vier Meter starke Bodenplatte unterm Volksfestgelände fertig, kommt die Stunde der Tunnelbohrmaschine. Deren Werkzeug ist eine 3,20 Meter große propellerartige rotierende Scheibe. Mit diesem sogenannten Hydroschild werden Erde und Fels knapp sieben Meter unter der Elbsohle abgetragen, mit hohem Wasserdruck ausgespült und durch das Loch abtransportiert.
„Auf diese Weise können wir bis zu zehn Meter pro Tag vorankommen“, sagt Gassel. Parallel zum Vortrieb drückt eine Hydraulik-Presse die Betonfertigteile in die freigelegte Röhre. Da sie 250 Meter lang ist, muss im Tunnel eine weitere Presse aufgebaut werden. „Das ist eine enorme technologische Herausforderung“, erklärt er. Ist die Röhre fertig, werden die beiden Fernwärmerohre verlegt und die technische Ausrüstung installiert. Geplant ist, dass der Tunnel im Frühjahr 2020 fertig wird. „Er soll 100 Jahre halten“, so der Projektleiter.
Details der Finanzierung müsse die Drewag aber noch klären. Der Fernwärmeausbau in dem Gebiet soll rund 27 Millionen Euro kosten. Davon sind rund sechs Millionen für den Tunnel nötig. Der Freistaat hat EU-Fördermittel aus dem Programm für Regional-Entwicklung in Aussicht gestellt. Gassel hofft, dass Zuschüsse von bis zu neun Millionen Euro bestätigt werden.