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Droht jetzt der Schleichverkehr?

Ab 1. Juli müssen Lkws auch auf Bundesstraßen Maut zahlen. Möglicherweise hat das auch Auswirkungen auf Radeburg.

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© Sebastian Schultz

Von Jens Fritzsche, Jörg Richter, Uta Büttner und Britta Veltzke

Radeburg/Landkreis. Demnächst könnte es an vielen Straßen im Landkreis noch lauter werden. Vor allem an Strecken, die sich für tonnenschwere Laster als Schleichweg eignen. Denn ab 1. Juli wird die Maut nicht nur auf Autobahnen, sondern auch auf Bundesstraßen fällig. Die blauen Kontrollsäulen der Firma Toll Collect, die sich um das Kassieren kümmert, stehen schon seit einiger Zeit an zahlreichen Bundesstraßen bereit. Insgesamt sechs im Landkreis, darunter drei rund um Großenhain. In der Radeburger Gegend an der B 98 wurde keine Säule installiert, lediglich in unmittelbarer Nähe kurz nach Ortsausgangsschild Königsbrück auf der B 97 in Richtung B 98. Die Standorte vorgegeben hat laut Toll Collect das Bundesamt für Güterverkehr (BAG). Diese wurden anhand des Lkw-Aufkommens bestimmt. Neben den stationären Kontrollsäulen müssen die Lkw-Fahrer jedoch auch mit mobilen Kontrollfahrzeugen rund um die Uhr rechnen. Aber wie groß ist die Gefahr wirklich, dass die Laster jetzt von den Bundesstraßen auf Nebenstrecken ausweichen? Die SZ geht dieser Frage nach.

Wo könnte es zu Problemen durch „Schleichverkehre“ kommen?

Schleichwege haben nur dort Sinn, wo parallel zu einer Bundesstraße eine Staats- oder Kreisstraße verläuft. Radeburg könnte dabei auch betroffen sein. So könnten Lkw-Fahrer, die zwischen Großenhain und Radeburg unterwegs sind, statt der B 98 und A 13 verstärkt die direkte Verbindung über die S 91 – über Folbern, Kalkreuth und Rödern – wählen.

Radeburgs Bürgermeisterin Michaela Ritter (parteilos) sieht derzeit jedoch darin kein Problem. „Für uns ist das nicht relevant“, sagt sie. „Denn auf allen infrage kommenenden Umfahrungen sind noch bis Ende des Jahres Baustellen.“ Als Beispiel nennt sie die Staatsstraße S 100 über Tauscha. Probleme hat Radeburg eher, wenn sich der Verkehr auf der Autobahn staut und die Fahrzeuge zum Beispiel auf der S 96 durch das Radeburger Land fahren.


Großenhain hat jedoch bereits angekündigt, sowohl die S 40 als auch die Radeburger Straße in Richtung Folbern im Auge zu behalten. Anfang des Jahres gab es dort Verkehrszählungen, um Vergleichswerte zu erhalten. Zwei, drei Monate nach der Aktivierung der neuen Mautsäulen am 1. Juli soll es weitere Verkehrszählungen geben, um nachzuweisen, ob es dort tatsächlich zu einem stärkeren Lkw-Verkehr gekommen ist. Voraussichtlich Ende des Jahres soll es eine Auswertung geben.


Die Großenhainer Stadtverwaltung sieht die Gefahr, dass die Dörfer Lampertswalde und Schönborn ab 1. Juli zu Verlierern der Bundesstraßen-Maut werden, durchaus gegeben. Schon jetzt wird die Strecke zwischen dem Kreisverkehr Lampertswalde und der Autobahnauffahrt zur A 13 von vielen als Abkürzung genutzt. Das könnte zunehmen.

Welchen Sinn soll die Bundesstraßen-Maut erfüllen?



Es gehe mit der neuen Maut jedenfalls nicht darum, die „Lkw-Flucht“ von der Autobahn auf Bundesstraßen einzudämmen, heißt es aus Sachsens Wirtschaftsministerium. Zumal diese Ausweichverkehre laut Sprecherin Kathleen Brühl nachweislich nur marginal sind. Es gehe einfach darum, Einnahmen zu erhöhen. Die sollen dann direkt in den Straßenbau zur Erhaltung und Verbesserung des Netzes fließen.


Droht nun unter Umständen eine weitere Verstopfung der Autobahnen?


Wenn die Bundesstraßen als kostenfreie Alternative zu den mautpflichtigen Autobahnen wegfallen – und Staatsstraßen unter Umständen zu eng für große Laster sind – könnte es ja durch die Bundesstraßen-Maut auch zu einer massiven Zunahme des Lkw-Verkehrs auf den Autobahnen kommen. Auf der schon jetzt an die Belastungsgrenze stoßenden A 4 zum Beispiel?


Die Sicht des Wirtschaftsministeriums ist laut Brühl dazu eindeutig: Da bisher nachweislich keine Ausweichverkehre von den Autobahnen auf die Bundesstraßen vorhanden waren, werde durch die anstehende Ausweitung der Maut auch keine „Rückübertragung“ auf die Autobahnen erfolgen.