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Drohungen verhindern Asylheim

Überraschend für die Stadt hat der Eigentümer des Laubegaster Hotels sein Mietangebot zurückgezogen. Grund dafür sind Anfeindungen im Internet und der Widerstand aus der Bevölkerung und dem näheren Umfeld.

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Von Kay Haufe

Diese Nachricht verbreitete sich am Dienstag wie ein Lauffeuer in ganz Dresden. Das Hotel „Prinz Eugen“ in der Laubegaster Gustav-Hartmann-Straße 4 wird nicht wie geplant zum Asylbewerberheim umgebaut. Darüber informierte Sozialbürgermeister Martin Seidel (parteilos). Überraschend habe der Eigentümer sein Mietangebot an die Stadt zurückgezogen.

„Bereits am 7. Januar hat uns der Verwalter des Objektes im Auftrag des Eigentümers mitgeteilt, dass er von seinem Angebot Abstand nehmen müsse“, sagt Seidel. Dies sei ohne vorherige Ankündigung geschehen. Zur Begründung habe der Eigentümer auf den massiven Widerstand gegen das Projekt aus „der Bevölkerung und dem näheren Umfeld“ verwiesen. Neben asylkritischen Schmierereien am Hotel kam es auch zu Gewaltdrohungen in sozialen Netzwerken, so Seidel weiter. Beispielsweise wurde von brennenden Asylbewerberheimen geschrieben und damit die Frage verbunden, ob dies in Laubegast auch erst passieren muss, damit die Stadt von ihrer Entscheidung Abstand nimmt.

„Der Rückzug des Hoteleigentümers stellt uns jetzt vor eine schwierige Situation. Die Heimplätze waren fest eingeplant. Kurzfristig realisierbare Alternativen gibt es nicht“, sagt der Bürgermeister. Im „Prinz Eugen“ sollten ab Ende Februar bis zu 94 Flüchtlinge unterkommen. „Die Stadt wird versuchen, den Ausbau dezentraler Wohnungen zu beschleunigen“, so Seidel. Trotzdem müsse die Stadt andere Wohnheimstandorte erschließen, sagt sein Referent Marco Fiedler. „Erstens ist der Mietwohnungsmarkt nicht unbegrenzt aufnahmefähig. Zweitens haben wir die Erfahrung gemacht, dass Einzelpersonen zunächst eine gewisse Zeit in einem Wohnheim verbringen sollten, um sich auf das selbstständige Wohnen vorzubereiten.“

Neben den zwölf neuen Übergangswohnheimen, die entstehen sollen, müssen auch 220 Wohnungen bis Ende 2016 angemietet werden. Bis Jahresende 2014 wurden dafür bereits Verträge für 65 unterzeichnet. Über 30 weitere Wohnungen verhandelt die Stadt derzeit mit der Gagfah.

2014 rechnet Dresden mit 1 740 neuen Flüchtlingen

Die ersten neuen Flüchtlingszuweisungen werden frühestens Ende Januar erwartet, so Seidel. Zum 30. Dezember 2014 lebten 2 093 Asylbewerber in Dresden. Davon kamen im vergangenen Jahr 1 315 dazu. Dieses Jahr rechnet die Stadt intern mit 1 740 weiteren Flüchtlingen. Eine offizielle Prognose des Freistaates liegt aber noch nicht vor. Sie soll nach Informationen der Landesdirektion Ende Februar 2015 an die Kommunen gehen. Im letzten Jahr musste das Land seine Zuweisungsprognose für Dresden viermal nach oben anpassen.

Als fatales Zeichen an Flüchtlinge und die Öffentlichkeit bezeichnete Grünen-Stadtrat Jens Hoffsommer die Nachricht, dass das Hotel kein Übergangswohnheim wird. „Es ist kein gutes Signal, dass verantwortungsvolle Bürger aufgrund von Druck und Angst ihre Unterstützung zurückziehen.“ Er fordert weitere Vorschläge für eine angemessene Unterbringung für Flüchtlinge, die schnell realisierbar sind. In Dresden dürfe nicht die Situation entstehen, dass Flüchtlinge in Notzelten untergebracht werden müssen.

„Wer massiv gegen eine Flüchtlingsunterkunft in seiner Nachbarschaft wettert, muss erklären, wo Asylsuchende denn sonst menschenwürdig untergebracht werden sollen“, sagt Dresdens Juso-Vorsitzender Stefan Engel. Die Piraten sehen die Nachricht als weiteres Zeichen für fehlende Weltoffenheit Dresdens. „Erst am Samstag haben Tausende Menschen ein Zeichen gesetzt. Doch das reicht offenbar nicht aus“, sagt Marcel Ritschel, der Generalsekretär der Piraten Sachsens. Trotz der gestrigen Entscheidung will sich das Netzwerk „Laubegast ist bunt“ weiter für die gelingende Integration von Flüchtlingen in Dresden einsetzen. Am 3. Februar soll es eine Anwohnerversammlung dazu geben, sagt Koordinator Claus Dethleffs.

Froh über die Entscheidung zum Hotel zeigte sich Kenneth Köth von der Bürgerinitiative „Mein Laubegast“. „Es wäre aber schade, wenn sie durch Drohungen zustande gekommen ist. Das lehne ich genauso ab wie Pegida. Schön ist, dass die Arbeitsplätze im Hotel erhalten bleiben“, sagt der Rechtsanwalt. Ihm ist jedoch die erteilte Nutzungsänderungsgenehmigung für das Hotel ein Dorn im Auge. „Damit kann der Eigentümer innerhalb der nächsten zwei Jahre die Nutzung des Hauses verändern.“ Die Stadt kritisiert er scharf dafür, dass sie erst eine Woche nach der Absage des Hoteleigentümers informiert hat. „Das passt genau zum Stil der Stadt, die Anwohner nicht zeitnah einzubeziehen. Sollte es wieder Pläne für ein Heim geben, wollen wir das sofort wissen und mitreden“, so Köth.

Im Hotel selbst ging der Betrieb seit Bekanntgabe der Dresdner Asylstandorte ununterbrochen weiter. Auch gestern war es zu rund einem Drittel ausgebucht, wie Mitarbeiterin Juliane Bitterlich berichtete. „Keiner von uns Beschäftigten hat je eine Kündigung erhalten. Wir sind natürlich froh, dass es weitergeht.“