Dresden
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Durchs Fenster in die Wohnung gestiegen

Warum selbst der Einbruch bei seiner Verlobten hart bestraft wird, hat nun ein 34-jähriger Angeklagter in Dresden erfahren. 

Von Alexander Schneider
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Blick auf das Amtsgericht in Dresden
Blick auf das Amtsgericht in Dresden © Marion Doering

Sie hatten sich im Spätsommer 2018 kennengelernt und bald Hochzeitspläne geschmiedet. Doch schon zu Weihnachten kam es zu einem ersten heftigen Krach. Alfred N. (34) war verzweifelt. Er wollte dringend mit der Frau seines Herzens sprechen, ließ sich von seiner Mutter zur Wohnung am Loschwitzer Elbhang fahren. Doch die Freundin war nicht zu Hause. „Aus Wut“, so der 34-Jährige, habe er an jenem 27. Dezember das Fliegengitter aufgedrückt und sei in die Wohnung gestiegen, um sich seine Sachen zu holen. Darunter ein Outdoor-Handy und ein hochwertiger Kopfhörer.

Wegen dieses Wohnungseinbruchdiebstahls stand N. nun vor dem Amtsgericht Dresden. Darüber hinaus hat die Staatsanwältin zwei weitere Anklagen gegen den bereits häufig vorbestraften und hafterfahrenen Deutschen verlesen. So soll er seine Verlobte seit Weihnachten mehrfach geschlagen und eingesperrt und bereits 2017 mit Crystal und Marihuana gehandelt haben. Bei der Durchsuchung seiner Wohnung fand die Polizei im August 2018 neben Drogen auch klassische Dealer-Ware: 950 Euro, Feinwaage, Schuldnerlisten.

Strafverschärfung in der Kritik

Alfred N. bestritt, mit Drogen gehandelt zu haben. Der Stoff sei für seinen Eigenbedarf. Er kaufe von seinen Hartz-IV-Bezügen große Mengen, weil die günstiger seien und ernähre sich dafür nur von Weißbrot. Das Bargeld sei eine Rücklage, falls er wieder von einem Wohnungsproblem heimgesucht werde, behauptete er. Die Übergriffe auf seine Freundin bestritt N. entrüstet: „Ich habe noch nie eine Frau geschlagen.“ Vielmehr habe die 36-Jährige ihm „eine geklatscht“. Bleibt der Einbruch – doch dort habe er nur seine eigenen Sachen mitgenommen, behauptete er. Und ja, er habe auch die Guitarre seiner Liebsten beschädigt. Der Schwibbogen, den er ebenfalls zerstört haben soll, sei von alleine umgefallen, so N. Das wollte die Vorsitzende Richterin nicht gelten lassen. N. habe auch einen Briefumschlag mit 150 Euro mitgehen lassen, Kosmetik, ein Gästebuch und anderes aus dem Besitz der Verlobten. Das musste N. zugeben. Er habe sich aber mit der Frau geeinigt und ihr eine Autoreparatur bezahlt. Weil die Frau auch ein Dreivierteljahr nach der wilden Auseinandersetzung mit ihrem Ex nicht als Zeugin aussagen konnte, stellte das Gericht die Übergriffe im Hinblick auf die übrigen Taten ein.

Verteidiger Andrej Klein kritisierte, der Einbruch in die Wohnung der Verlobten, eine Tat im „sozialen Nahbereich“, sei ein Paradebeispiel für eine Strafmilderung, zumal sich das Paar wieder vertragen habe. Doch die erst Mitte 2017 verschärfte Strafvorschrift sehe keine Milderungsmöglichkeiten vor: Wohnungseinbruchsdiebstahl ist ein Verbrechenstatbestand mit einer Mindeststrafe von einem Jahr. Grund der Strafverschärfung war die oft traumatischen Folgen für die Geschädigten.

Daher plädierte Klein auf eine Freiheitsstrafe von 14 Monaten. Das Gericht folgte dem Plädoyer der Staatsanwaltschaft und verurteilte N. zu einer Gesamtfreiheitsstrafe einem Jahr und acht Monaten Haft wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls und Handels mit Drogen.