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Dynamo Dresden ist schuldenfrei

Innerhalb von zwei Jahren tilgen die Schwarz-Gelben Schulden in Höhe von 5,8 Millionen Euro. Doch der nächste Schritt für eine unabhängige Zukunft steht noch bevor.

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© Ronald Bonß

Von Sven Geisler

Dresden. Man sollte vorsichtig sein mit solchen Formulierungen, denn die Gefahr ist groß, die Dinge zu überhöhen. Doch diesen 21. März 2016 einen historischen Tag zu nennen, erscheint durchaus angemessen. Diese Schlagzeile geht tatsächlich ein in die Geschichtsbücher, mindestens aber in die Vereinschronik: „Die SG Dynamo Dresden ist schuldenfrei.“ Erstmals seit rund 25 Jahren. Das hatte Präsident Andreas Ritter am Sonnabend in der Halbzeitpause des Ost-Duells gegen Hansa Rostock bereits angekündigt, am Montag folgte die noch ausstehende Überweisung an den Medienunternehmer Michael Kölmel.

Mit den 2,2 Millionen Euro wird die letzte Rate eines Darlehens getilgt, das Dynamo zwischen 1999 und 2001 erhalten und verpulvert hatte. Statt des erhofften sportlichen Aufschwungs stiegen die Schwarz-Gelben 2000 in die damals viertklassige Amateuroberliga ab, die Sportgemeinschaft stand nach der Insolvenz des Vermarkters Kinowelt selber vor der Pleite. Mit Zinsen summierte sich der Schuldenberg auf 5,845 Millionen Euro. Nur, weil Kölmel einen Rangrücktritt gewährte, erhielt Dynamo trotzdem die Lizenz.

Der 62 Jahre alte Badener hatte um die Jahrtausendwende 13 Fußball-Klubs finanziell unterstützt, die Gesamtsumme wird auf 130 Millionen Euro geschätzt. Dafür wollte er von den Medienrechten partizipieren, bei Dynamo sind anfangs 20 Prozent der Einnahmen aus der TV-Vermarktung an den Filmrechtehändler geflossen, seit 2005 nur noch zehn Prozent. Im Laufe der Jahre weit mehr als eine Million Euro.

Für den Rückkauf der Fernsehrechte zahlen die Mitglieder zum zweiten Mal eine Sonderumlage. Die 1,1 Millionen Euro sollen im Sommer überwiesen werden. Damit wäre Dynamos Geschäftsbeziehung mit Kölmel beendet, der – und das muss an der Stelle erwähnt werden – immer ein fairer Partner des Vereins gewesen ist. Als Dynamo nach dem Aufstieg in die Regionalliga 2002 für die Lizenz Sicherheiten für 1,5 Millionen Euro beim DFB hinterlegen musste, beteiligte sich außer städtischen Unternehmen auch der einstige Vermarkter. Andernfalls wäre die Insolvenz unvermeidbar gewesen, der Traditionsverein womöglich mangels Masse sogar aufgelöst worden.

In finanzielle Schieflage geraten war Dynamo ab 1990. Mit Präsident Rolf-Jürgen Otto, einem hessischen Baulöwen, ging es für den achtfachen DDR-Meister nicht nur fußballerisch bergab. Bei einem Schuldenstand von umgerechnet 9,2 Millionen Euro entzog der DFB 1995 die Lizenz – Zwangsabstieg in die Drittklassigkeit. Das Kölmel-Darlehen war 1999 der Versuch des Präsidenten Endrik Wilhelm, mit einer kräftigen Finanzspritze den Erfolg zu erkaufen. Das ging gründlich daneben. Allein in der Saison 1999/2000 wurden mehr als zwei Millionen Euro in eine Mannschaft gesteckt, die am Ende abgestiegen ist.

Die Altlasten hat Dynamo seitdem mit sich rumgeschleppt – bis zum Montag. Robert Schäfer konnte sich mit dieser Erfolgsmeldung an seinem letzten Arbeitstag als Geschäftsführer von der SGD verabschieden. „Wir haben den Verein für die Zukunft auf eine unabhängige und stabile Basis gestellt“, erklärte der 39-Jährige per Pressemitteilung. Er dankte Kölmel, der Stadt, den Partnern und Sponsoren. „Dass der Verein nach so langer Zeit schuldenfrei ist, ist das Verdienst von Vielen.“

Einen entscheidenden Anteil an der Schuldentilgung haben die Mitglieder, und zwar nicht nur wegen der zwei Sonderumlagen. Sie haben die Vereinsführung in die Pflicht genommen, endlich Lösungen zu finden. Schäfer hatte dafür die Unterstützung des Aufsichtsrates, auf die seine Vorgänger Stefan Bohne und Volker Oppitz, die einen Konsolidierungskurs eingeleitet hatten, nicht oder nur eingeschränkt bauen konnten.

Auch die Mannschaft – und damit vor allem Sportvorstand Ralf Minge – hat ihren Teil beigetragen: mit dem Einzug in die dritte Runde des DFB-Pokals vorige Saison und dem klaren Aufstiegskurs unter Trainer Uwe Neuhaus in dieser Spielzeit. Mit 26 788 Besuchern liegt Dynamo in der Zuschauergunst der 3. Liga so deutlich vorn wie in der Tabelle – und fast 9 000 über dem für den Etat kalkulierten Schnitt. Das Benefizspiel gegen die Bayern, für das sich auch Ex-Profi Jens Jeremies eingesetzt hatte, brachte 1,25 Millionen Euro.

Es ist also einiges zusammengekommen, damit Schäfer an seinem letzten Arbeitstag bei Dynamo die frohe Botschaft verkünden konnte. Bevor er zu Fortuna Düsseldorf wechselt. Sein Nachfolger hat eine große Sorge weniger.

Dynamos Future Team hat am Montag im Rahmen des 7. Spieltags der internationalen Spielrunde in Possendorf gegen den Halleschen FC gewonnen. Vor 154 Zuschauern drehten die Dresdner nach einem 0:1-Pausenrückstand die Partie noch in ein 3:1. Die Treffer der Dresdner erzielten Stefan Kutschke (70. und 86.) sowie Jim-Patrick Müller (76.) bei einem Gegentreffer von Selim Aydemir (36.).