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Das sind die SGD-Profis, die nicht auf dem Rasen stehen:

Maik Walpurgis arbeitet mit Spezialisten zusammen, aber wer ist eigentlich wofür verantwortlich?

Von Sven Geisler
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Dynamo-Chefcoach Maik Walpurgis (l.) mit seinen Co-Trainern Massimilian Porcello, Ovid Hajou und Matthias Lust (v. l.).
Dynamo-Chefcoach Maik Walpurgis (l.) mit seinen Co-Trainern Massimilian Porcello, Ovid Hajou und Matthias Lust (v. l.). © Robert Michael

Es war eine Schlussfolgerung aus der Vorsaison, als Dynamos Klassenerhalt bis zum Schluss an einem seidenen Faden gehangen hatte. In der Diskussion um den Trainer, der vorerst weiter Uwe Neuhaus hieß, war die Vereinsführung zu dem Schluss gekommen, das "Team ums Team nachhaltig weiterentwickeln" zu wollen. Es sei sichtbar geworden, "dass wir bestimmte Teilbereiche in der sportlichen Abteilung weiter ausbauen und verstärken müssen", erklärte Kristian Walter als amtierender Sportgeschäftsführer im Mai. Tatsächlich wurde der Trainerstab danach aufgestockt, mit Philippe Hasler ein Athletik- und Konditionstrainer eingestellt, Felix Schimmel rückte als Spezialtrainer für die Spielanalyse auf. Außerdem wurde Sascha Lense als Sportpsychologe zurückgeholt.

Beobachter beim Training spotteten schon, es seien mehr Leute in roten Jacken auf dem Platz als Spieler. Und Neuhaus machte im Sommertrainingslager eine Bemerkung zum Betriebsklima, die sich möglicherweise nicht nur auf den begrenzten Raum bezogen hat: "Wenn sich sieben Mann im Büro drängeln, herrscht schon mal Atemnot." Lange hat er es nicht ausgehalten, Mitte August wurden er und sein Assistent Peter Nemeth beurlaubt, in dieser Woche haben sie ihre Verträge aufgelöst und neue beim Ligakonkurrenten Arminia Bielefeld unterschrieben. Maik Walpurgis, der neue Chefcoach, arbeitet nun sogar noch mit einem Mann mehr, denn er brachte gleich zwei Assistenten mit. Wer bei Dynamo wofür zuständig ist, zeigt diese Übersicht.

© Robert Michael

Der Chef

Maik Walpurgis ist als Cheftrainer natürlich der Boss. Der 45 Jahre alte Westfale musste seine Karriere als Spieler nach einem Wachstumsschub und mehreren Verletzungen früh beenden, wechselte entschlossen die Seiten und schlug als 18-Jähriger eine Laufbahn als Trainer ein. Zunächst war er vor allem in seiner Heimatregion tätig: SC Herford, FC Gütersloh, Arminia Bielefeld, Sportfreunde Lotte, VfL Osnabrück.Im November 2016 wurde er überraschend beim damaligen Erstligisten FC Ingolstadt als neuer Chefcoach vorgestellt. Obwohl er mit den Bayern den Klassenerhalt verpasste, durfte er bleiben, wurde allerdings nach drei Niederlagen zum Start in die Zweitliga-Saison entlassen. Seit 11. September 2018 ist er der Verantwortliche auf der Dresdner Bank. "Mit Maik Walpurgis haben wir einen sehr geradlinigen Typen verpflichtet, der sehr viel Ehrgeiz für seine neue Aufgabe und eine klare Spielphilosophie für die Mannschaft mitbringt", erklärte Sportgeschäftsführer Ralf Minge zur Verpflichtung.

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Sein ständiger Begleiter

Man kann es so sagen: Er ist der Mann an seiner Seite. Es gebe schon Streit zwischen dem Chefcoach und seiner Frau, erzählt Ovid Hajou mit einem Augenzwinkern, wer die Nummer eins sei. Seit mehr als zehn Jahren arbeitet der 35-Jährige mit Maik Walpurgis zusammen. Nach seinem frühen Karriere-Aus war Hajou bereits als Co-Trainer bei den Sportfreunden Lotte beschäftigt, als Walpurgis dort 2008 Chefcoach wurde. Seitdem hat er ihn auf allen Stationen begleitet. "Es gab auch schon die Situation, wo ich als Co-Trainer von Maik ein Angebot von einem Verein nicht annehmen wollte. Wir haben uns dann gemeinsam darauf verständigt, nicht dahin zu gehen", sagt Hajou. Bei Dynamo musste er dagegen nicht lange überlegen. "Über das Drumherum und das Potenzial, das in der Stadt und dem Verein steckt, brauchen wir nicht zu reden."

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Die Spezialisten

Massimilian Porcello (l.) kam mit Walpurgis nach Dresden und soll vor allem seine Erfahrungen als Spieler und Standardspezialist einbringen. In 79 Bundesligaspielen für Arminia Bielefeld und den Karlsruher SC hat er zehn Treffer erzielt, in der zweiten Liga für die beiden Vereine insgesamt 107 Partien bestritten. Dynamo ist seine erste Trainerstation im Profibereich, er hat einen Vertrag bis 2019. Felix Schimmel (r.) ist in dieser Saison sozusagen aus dem Büro auf die Bank umgezogen. Als Co-Trainer Spielanalyse soll der 30-Jährige sowohl Gegner als auch Spieler beobachten, die als Neuverpflichtungen infrage kommen. Erste Erfahrungen dafür hat er von 2014 bis 2016 beim VfL Wolfsburg gesammelt. Als Spieler war er bis 2012 beim Chemnitzer FC in der Oberliga aktiv.

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Der Torwart-Trainer

Brano Arsenovic trainiert mit Dynamos Torhütern - auf dem Foto streckt sich Patrick Wiegers. Er kam zur Saison 2015/16 zu Dynamo. "Er hat von den sechs, sieben Kandidaten den besten Eindruck hinterlassen und auch schon lange bei einem Verein gearbeitet. Seine Denkweise deckt sich mit der unsrigen", begründete Sportchef Ralf Minge die Verpflichtung. Der 50 Jahre alte Kroate war zuvor bis zum Sommer 2014 acht Jahre lang beim FC Ingolstadt tätig gewesen. Als Spieler hatte er einige Einsätze bei Jahn Regensburg.

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Der Jugend-Förderer

Als der neue Chefcoach gleich zwei Assistenten mitbrachte, stellte sich die Frage, ob Matthias Lust trotzdem weiter als Co-Trainer bleibt. Für Ralf Minge war das jedoch keine. Für ihn nimmt der 48-Jährige eine Schlüsselposition ein, nämlich an der Nahtstelle zwischen Nachwuchs und Profis. Lust trainiert die A-Junioren in der Bundesliga. "Diese Verbindung ist uns sehr wichtig, um auch in Zukunft die Talente beim Übergang zu unterstützen", sagt Minge. Mit Osman Atilgan, Marius Hauptmann und Max Kulke gehören drei Spieler zum Zweitliga-Kader, die vorige Saison noch in der U19 gespielt haben, außerdem ist Stürmer Vasil Kusej auf dem Sprung. Lust hat selbst unter anderem für Bochum, Unterhaching und Waldhof Mannheim gespielt.

© Ronald Bonß

Der Antreiber

Er soll den Spielern Beine machen. Philippe Hasler kam zu Saisonbeginn vom FC Zürich, wo er zuvor unter anderem Stürmer Moussa Koné betreut hatte. Der 43 Jahre alte Schweizer besetzt die zuvor vakante Stelle als Athletik- und Konditionstrainer. Diese Personalie sei "ebenso bedeutsam wie ein Neuzugang im Spielerkader", meinte Kristian Walter als Interimssportchef. Hasler hat an der Universität in Bern studiert und mehrere berufsspezifische Diplome wie die Uefa-B-Lizenz erworben. "Als Athletiktrainer habe ich immer das Ziel, dass sich kein Spieler verletzt. Wenn sie dann noch kräftig, schnell und ausdauernd sind, kann ich mir auf die Schultern klopfen. Manche Situationen kann man natürlich im Fußball nicht beeinflussen", hat er seine Aufgabe im Gespräch mit der SZ erklärt. 

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Der Fitmacher

Er ist der Quälgeist, aber im positiven Sinne. Tobias Lange (r.) kümmert sich bei Dynamo vor allem darum, dass Spieler nach Verletzungen so schnell wie möglich, aber vor allem stabil zurückkommen. Zuletzt hat das Sören Gonther geschafft, aber auch Torwart Tim Boss und Verteidiger Jannik Müller (von links neben ihm) haben in dieser Saison bereits mit dem Reha-Trainer gearbeitet - und das ist genauso gemeint. "Ich mache jetzt also mehr, als wenn ich normal trainieren würde", erzählte Gonther über seinen Kampf ums Comeback. Der 35 Jahre alte Lange  ist seit 2011 als Physiotherapeut bei Dynamo, zuvor hat der Bautzner bis zur B-Jugend bei Budissa gespielt. Eigentlich wollte er Sportlehrer werden, aber weil er als kleiner Mann in einigen leichtathletischen Disziplinen größere Schwierigkeiten hatte, entschied er sich für eine Ausbildung zum Physiotherapeuten. Außerdem arbeiten Alexander Schurig (33) und Severin Feldmann (30) als Physios im Verein.

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Der Psychologe

Diese Personalie war Ralf Minge (l.) besonders wichtig, deshalb hatte er gleich nach dem Abstieg 2014 mit Sascha Lense einen Sportpsychologen ins Team geholt. Doch der damalige Trainer Stefan Böger hielt nicht allzu viel davon, erst, als der Erfolg ausblieb und er selbst in die Kritik geriet, wollte er sich den Rat von Lense holen. Zu spät. Böger musste gehen, Lense ging freiwillig und arbeitete drei Jahre als Chefpsychologe bei RB Leipzig. Im Sommer kehrte der 43-Jährige zu Dynamo zurück, wo er in der Saison 1999/2000 als Spieler in der damals drittklassigen Regionalliga aktiv war. Als Kapitän überbrachte er im März 2000 dem Präsidenten Endrik Wilhelm die Botschaft der Mannschaft, die mit Trainer Colin Bell nicht mehr zusammenarbeiten wollte. Dafür wurde er fristlos entlassen, doch zur Verhandlung vor dem Arbeitsgericht kam es nicht. Der Verein zahlte ihm das ausstehende Gehalt. Bell wurde übrigens fünf Tage nach der Kündigung von Lense doch gefeuert.

© Robert Michael

Der Kümmerer

Er ist so etwas wie die graue Eminenz im Hintergrund, einer, dessen Aufgabenbereich von der Materialbestellung bis zur Vertragsgestaltung reicht. Seine offizielle Funktion beschreibt das Arbeitsgebiet von Martin Börner sehr gut: Teammanager. Er ist der Kümmerer, für die Profis ein Ansprechpartner in allen Lebenslagen, sucht mit ihnen die Wohnung, erledigt Behördengänge. Oder schickt den Führerschein zur Polizei, wenn einer zu schnell unterwegs war. In den Vordergrund drängt er sich nie, gibt keine Interviews. Zwischenzeitlich hatte der 36-Jährige seinen Job gekündigt - offenbar wegen Unstimmigkeiten mit dem kaufmännischen Geschäftsführer Michael Born. Ralf Minge holte seinen Assistenten jedoch zurück, als er nach seiner krankheitsbedingten Auszeit im August ins Amt zurückkehrte. Börner hat einst das Fanprojekt mitgegründet, war ab Herbst 2007 als Fanbetreuer im Verein angestellt und stieg drei Jahre später zum Teambetreuer auf. Seit 2014 unterstützt er Minge in administrativen und organisatorischen Fragen.

© Robert Michael

Der Mediziner

Irgendwie sind sie ständige Begleiter: Mannschaftsarzt Tino Lorenz und Marco Hartmann. Zurzeit ist der Kapitän wieder verletzt und es wird diskutiert, ob der Rippenbruch hätte früher diagnostiziert werden können. Schließlich hatte er vorher wegen einer Einblutung im Rippenzwischenraum ausgesetzt. Lorenz dementiert auf Nachfrage der SZ einen Zusammenhang der beiden Verletzungen. Der Mediziner war selbst Fußballer, ein guter Torwart, denn bei einem Sichtungsturnier wird er von Dynamo entdeckt hält bis zur Nachwuchsoberliga. Dann muss er sich entscheiden. Er erzählte seine Geschichte: "Dynamo-Fußballer hatten die Wahl: Fernstudium Sport an der DHfK in Leipzig oder Direktstudium Ökonomie an der TU Dresden. Beides entsprach nicht dem, was ich wollte. Mich hatte die Tätigkeit unseres Mannschaftsarztes Wolfgang Klein interessiert, zumal sie die Chance bot, ab und zu die engen Grenzen der DDR verlassen zu können. Als Torwart geriet ich mit meinen 1,78 Metern an körperliche Grenzen und hätte gegen Bernd Jakubowski und Jörg Klimpel kaum eine Chance gehabt. Also entschied ich mich fürs Medizinstudium und spielte noch für Empor Tabak Dresden in der zweithöchsten DDR-Liga." Seit Mai 2006 unterstützt der 56-Jährige Dynamo als Mannschaftsarzt, außer ihm sind Attila Höhne (48) und Falko Moritz (52) dabei.

© Robert Michael

Der Chauffeur

Wenn Dynamo unterwegs ist, ist er ganz vorn dabei. Das liegt einfach an seinem Job, denn Dietmar Preußer, den alle nur "Ditti" nennen, fährt den Mannschaftsbus. Gleichzeitig ist der 48-Jährige als Zeugwart verantwortlich dafür, dass die Schwarz-Gelben mit den richtigen Trikots auflaufen und auch sonst gut versorgt sind. Seit 2012 sitzt er hinterm Steuer des 440 PS starken Gefährts, um die Dresdner zu den Spielen oder im Sommer ins Trainingslager zu fahren. Pro Saison kommt er auf etwa 14 500 Kilometer, die Strecke von Dresden bis zum Baikalsee und zurück, wie es auf der Internetseite des Vereins heißt. Dort verrät er auch, wie er sich auf den langen Fahrten wach hält:  „Vorher ausruhen, viel trinken und auf den eigenen Körper hören. Wenn man merkt, dass man müde wird, lieber kurz halten und an die frische Luft gehen.“ Und lieber Wasser oder Multivitaminsaft trinken als Kaffee.