Merken

Dynamo und seine Fans forcieren Steinhaus-Pläne

Der Verein will die Geschäftsstelle wieder im Stadion haben, die Unterstützer einen Treff. Doch es gibt einen Haken.

Teilen
Folgen
© Robert Michael

Von Lars Kühl

Das Grünzeug wuchert ungehindert die ergrauten Wände empor, vor dem Gebäude lagert alles Mögliche, die Brise DDR-Charme ist förmlich zu riechen. Der flüchtige Blick lässt nur ein Urteil zu: heruntergekommen. Bloß die Graffiti neueren Datums zeugen davon, dass die Zeit nicht stehen geblieben ist. Das „Steinhaus“, direkt neben dem Dynamo-Stadion, ist auch bei näherem Hinsehen ein trauriges Artefakt aus längst vergangenen Jahrzehnten auf dem ansonsten modernen Gelände. Seit 2009 steht der Trakt leer.

So könnte das Haus aussehen.
So könnte das Haus aussehen. © Planungsbüro „Phase 10“

Und doch weckt der triste Riegel reichlich Emotionen. Als „entscheidenden Ort, wo die Fußballkultur begründet wurde“, bezeichnet ihn Robert Schäfer, Noch-Dynamo-Geschäftsführer, in einem eigens produzierten Video. Damit werben der Verein, Ex-Spieler und die Fangemeinschaft um Geld für die Sanierung des Steinhauses.

Denn genau das ist seit 2010 das Ziel. Derzeit läuft zusammen mit der Ostsächsischen Sparkasse eine Crowdfunding-Aktion, die am Montag endet. 20 000 Euro sind das Ziel, am Dienstagnachmittag fehlten noch gut 1 000 Euro. 370 Unterstützer hatten sich bis dahin beteiligt.

Auf die breite Fanbasis kann sich der Verein verlassen. Für die spricht stellvertretend Andreas Göckeritz. Einst selbst Nachwuchs-Kicker bei den Schwarz-Gelben erinnert er sich an Zeiten, wie er beim Training Herzklopfen bekam, wenn er als Steppke seine Idole Reinhard Häfner, Hansi Kreische oder Klaus Sammer im Steinhaus traf. Denn die erste Männermannschaft hatte dort genauso ihre Umkleiden wie der Nachwuchs. Heute ist Göckeritz zweiter Vorsitzender der Fangemeinschaft Dynamo und hat wie alle seine Mitstreiter ein Ziel: „Die Dynamo-Fans wollen ihre Vereinsheimat hier und nirgendwo anders.“

Mit der Klubführung ist man sich einig. Denn auch die Geschäftsstelle will zurück in den Komplex, in dem sie viele Jahre zu Hause war. Zurzeit arbeiten die Angestellten kilometerweit entfernt in einem Bürogebäude gegenüber vom Seidnitz-Center.

Wenngleich die Sanierungspläne einen Haken haben. Denn ohne die Stadion Dresden Projektgesellschaft, kurz PG, geht gar nichts. Ihr gehört das Haus. Bisher konnte keine Einigkeit erzielt werden, auch wenn die Kosten für die Wiederherrichtung komplett vom Verein und den Fans getragen werden sollen. Die PG hatte sich immer die Möglichkeit offengelassen, das Steinhaus selbst zu nutzen. Genaue Pläne gab es dazu nie. Eine entsprechende Nachfrage durch die Sächsische Zeitung ließen die Stadion-Manager unbeantwortet.

Doch Verein und Fans drängen. Die Partie gegen den FSV Mainz II am vergangenen Samstag wurde zum Steinhaus-Spieltag ausgerufen. Die Zustimmung auf den Rängen durch entsprechende Plakate war nicht zu übersehen. In den nächsten Wochen sind weitere Aktionen vorgesehen.

Wenn die Funding-Summe erreicht wird, stehen durch weitere Sammlungen mit dem Autohaus Sachsengarage und unter anderem der Fangemeinschaft sowie dem Verein „Zukunft Dynamo“ insgesamt über 60 000 Euro für die Umbaupläne bereit. Schäfer geht davon aus, dass die nach einem Jahr reif für die Umsetzung sind. Nach weiteren zwölf Monaten könnte das Steinhaus als Geschäftsstelle und Begegnungsstätte von Mitgliedern, Ultras und Fans wieder öffnen.

Was genau die Sanierung kostet, ist schwer abzuschätzen. Bei einer Nutzfläche von rund 2 000 Quadratmetern geht eine Grobschätzung von über zwei Millionen Euro aus. „Das ist eine Riesenaufgabe“, sagt Göckeritz. Allerdings soll und will die aktive Fanszene sich mit Arbeitseinsätzen beteiligen. Vorbild sollen ähnliche Aktionen bei St. Pauli oder Union Berlin sein. Firmen könnten auch Baustoffe sponsern. Die Substanz des Steinhauses wird außerdem als relativ gut eingeschätzt.

Dabei hat das Gebäude fast 100 Jahre auf dem Buckel. Bis 1923 ließ der Geheime Hofrat Hermann Illgen die Dresdner Kampfbahn errichten, nach ihm wurde sie später benannt. An der Südseite stand auch ein Funktionsgebäude. Dieses sah zwar anders als das heutige aus, gilt aber als erstes „Steinhaus“. Im Zweiten Weltkrieg wurde es zum Teil zerstört, danach aber als unterkellerter Zweigeschosser wieder aufgebaut. Als die rekonstruierte Arena 1951 als Rudolf-Harbig-Stadion neu eingeweiht wurde, eröffneten die Funktionäre es mit.

Das Steinhaus kann viele Geschichten erzählen. Die vom besten Sattler der Stadt, der immer die zerschlissenen Schuhe der Fußballer repariert hat und die Ex-Profi Maik Wagefeld zum Besten gibt, ist nur eine. Für Verein und Fans ist es wichtig, dass weitere folgen. Ein Runder Tisch mit allen Beteiligten, also auch der PG und der Stadtverwaltung, um sachlich ins Gespräch zu kommen, soll der nächste Schritt dazu sein, erklärt Andreas Göckeritz.

›› Mehr unter www.99funken.de/steinhaus-dynamo