Tino Meyer, Erfurt
Erfurt. Das Wetter passt bestens zur Lage, und zwar beider Vereine. Von feucht-fröhlich kann aber keine Rede sein, auch wenn es regnet und stürmt. Vielmehr ist es reichlich ungemütlich am Freitagabend in Erfurt, wo der einheimische FC Rot-Weiß die SG Dynamo Dresden zu einem Benefizspiel empfängt. Wer da wem hilft? Eine gute Frage, wenn der Drittligaletzte auf einen kriselnden Zweitligisten trifft.
Das Ergebnis: 1:2 in einem selten unterhaltsamen, zunehmend schlechter werdenden Spiel verbunden mit etlichen vergebenen Dynamo-Chancen (Haris Duljevic, Lucas Röser) in Hälfte eins und einem Elfmeter, der keiner ist, aber zum umjubelten Erfurter Ausgleich führt. Soweit die positiven Nachrichten für die Gastgeber. Zu lachen haben sie derzeit ja noch weniger als die Dynamos, für die Patrick Möschl und am Ende noch Peniel Mlapa treffen.
Vielleicht auch deshalb (und wegen des Wetters natürlich) haben sich nicht mal 2 000 Zuschauer im Steigerwaldstadion verloren. Und als der Stadionsprecher die Aufstellung „wie immer durchziehen will, auch wenn wir so wenige sind“, klingt das fast schon trostlos. Dass Trainer David Bergner, der den vor vier Spieltagen entlassenen Stefan Krämer bisher ebenso glücklos ersetzt, bei der Verlesung der Protagonisten auch noch vergessen wird – zeigt natürlich, wie gut es Dynamo geht. Peter Hauskeller, dem Mann am Mikrofon in Dresden, würde das ganz bestimmt nie passieren.
Verglichen mit den Zuständen bei Rot-Weiß geht es den Schwarz-Gelben gar blendend. Eine possenartige Schlammschlacht zwischen den Gremien, die am Freitag mit dem endgültigen Rücktritt von Präsident Rombach endet, große finanzielle Schwierigkeiten mit Schulden von kolportierten sechs Millionen Euro, dazu ein sportlicher Niedergang – kennt man in Dresden, ist man bei Dynamo aber längst drüber weg. Wobei: Gerade mehren sich Stimmen, die an Uwe Neuhaus zweifeln – aber nur außerhalb des Vereins. Die Mitgliederversammlung am Samstag könnte vielmehr die ruhigste aller Zeiten werden. Und den 15. Platz in der Liga – würde Erfurt sofort nehmen, selbstredend eine Klasse tiefer.
Dass beide Vereine am 25. Juli 2008 diese 3. Liga im Duell gegeneinander eröffnet haben, verdeutlicht vor allem Dynamos Entwicklung. Auch das letzte Aufeinandertreffen ist schon eine Weile her, im Januar 2016. Dynamo hat damals zwar 2:3 verloren, fünf Monate später aber die Liga nach oben verlassen. „Wir wissen aus eigener Erfahrung, wie wichtig in schwierigen Situationen die Hilfe von anderen Vereinen sein kann“, sagt Sportchef Ralf Minge, und er erklärt damit auch das Zustandekommen dieses Benefizkicks, bei dem alle Einnahmen bei den Erfurtern verbleiben.
Viel kann das angesichts der äußeren Bedingungen nicht sein, zumindest verzichten die Dresdner auf das übliche Antrittsgeld. „Als die Anfrage aus Erfurt kam, mussten wir nicht lange überlegen. Wir wollen einem traditionsreichen Verein unter die Arme greifen“, sagt Minge.
Und Erfurt ist kein Einzelfall. Stattdessen könnte man Dynamo inzwischen die Bayern des Ostens nennen – als Benefizgegner stets zur Stelle, wen andere in Not sind: nach der Aufbauhilfe für den FSV Zwickau im März nun der Einsatz im benachbarten Freistaat. Das mehrmals verschobene Spiel gegen Chemnitz steht auch noch aus.
Nicht ganz uneigennützig ist die Partie in Erfurt aber doch: In der Länderspielpause benötigt man schließlich einen einigermaßen fordernden Testgegner, idealerweise zum Aufbauen des angeknacksten Vertrauens in die eigenen Fähigkeiten. Dazu aber dürfte dieses Spiel am allerwenigsten beigetragen haben.