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Edding in Bautzen schiebt Überstunden

Der Stifthersteller profitiert vom Ausmaltrend – und hat einen Fasermaler, der perfekt die neue Leidenschaft bedient.

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© Robert Michalk

Von Sebastian Kositz

Klappern gehört zum Geschäft. Wenn’s klappert, klingelt die Kasse. Und beim Stifthersteller Edding in Bautzen klappert’s gewaltig. In den großen Maschinen, die ununterbrochen Fasermaler in allen Farben ausspucken. Bis zu 150 in jeder Minute. Mine, Mantel, Hülle und natürlich die Tusche – all das findet dank der automatisierten Technik in einer perfekten Sinfonie zusammen. Nur kein unnötiger Stillstand.

Hinter dem pausenlosen Geklapper in den Hallen bei Edding steckt ein Trend – der die gesamte Branche beflügelt. Denn nicht nur bei Edding, bei vielen namhaften Stiftherstellern werden Extraschichten geschoben. Weil sich immer mehr Erwachsene für Ausmalbücher begeistern, finden seit einigen Wochen Fasermaler einen bis dahin nicht gekannten Absatz. „Seit Jahresanfang haben wir die Kapazitäten hochgefahren, unsere Mitarbeiter machen Überstunden“, erklärt Jörg Thomas Schimkus, der Geschäftsführer bei Edding in Bautzen.

Erst vor wenigen Monaten war der Maltrend aus den USA nach England herübergeschwappt – und von dort erreichte er schließlich Deutschland. „Ausmalen wirkt sehr beruhigend. Und jeder kann dabei Erfolg haben, ohne gleich der große Zeichner sein zu müssen“, liefert Schimkus eine denkbare Erklärung für das Phänomen.

Das Unternehmen Edding ist vor allem für seine vielen verschiedenen Marker bekannt. Zu den Klassikern zählen die in nahezu unzähligen Ausführungen und Größen erhältlichen Stifte mit der wasserfesten Tusche, die Textmarker und die Marker für die abwischbaren weißen Tafeln, wie sie zumeist in Konferenzräumen zu finden sind. Hinzu kommen Fineliner, die Faserstifte und etliche Sonderanfertigungen – die teilweise gar nicht im Laden erhältlich sind und ausschließlich in der Produktion von Industriebetrieben verwendet werden. „Wir haben 300 unterschiedliche Modelle im Programm und das in jeweils bis zu 48 Farben“, erklärt Jörg Thomas Schimkus.

Jedes Jahr verlassen 85 Millionen Stifte den Betrieb in Bautzen. Um die extrem gestiegene Nachfrage nach den bunten Fasermalern zusätzlich bedienen zu können, mussten die Verantwortlichen umdenken. „Wir haben einiges an unseren Abläufen geändert“, erklärt Schimkus. In der Produktion gehen jetzt beispielsweise nicht mehr alle Mitarbeiter auf einmal in die Pause. „Damit können die Maschinen die gesamte Zeit durchlaufen“, erklärt der Geschäftsführer.

Doch nicht nur an den Abläufen wurde gedreht. Um mit der Produktion hinterherzukommen, stellte die Firma zusätzlich zu ihren etwa 80 Mitarbeitern zunächst einige Leiharbeiter ein. Die verdienen, so versichert Schimkus, bei Edding übrigens genauso viel Geld wie ihre direkt angestellten Kollegen. Bei der Verpackung der Stifte arbeitet das Unternehmen bereits länger mit Behindertenwerkstätten in und um Bautzen zusammen. Eine Zusammenarbeit, die jetzt ausgebaut werden konnte. Inzwischen sortieren auch Behinderte in einer Werkstatt in Kamenz die bunten Stifte in die Schachteln und Etuis. Darüber hinaus gibt es in Sachen Verpackung dank des Ausmal-Booms die Neuauflage eines Joint Venture: „Wir haben jüngst unsere Zusammenarbeit mit dem Bautzener Gefängnis wiederbelebt“, sagt Schimkus.

Das bei Hamburg ansässige Unternehmen Edding hatte das Werk an der Kreckwitzer Straße in Bautzen 1994 eröffnet – nachdem es große Teile des früheren Betriebs „Markant“ in Singwitz übernommen hatte. Auf einer Fläche von 8 000 Quadratmetern werden die Stifte nicht nur zusammenmontiert, sondern auch eine Vielzahl der benötigten Einzelteile aus Kunststoff hergestellt. Während die Montage der Stifte in zwei Schichten erfolgt, laufen die Spritzmaschinen für den Kunststoff rund um die Uhr. Die Formen für die Spritzmaschinen werden ebenfalls vor Ort in Eigenregie gefertigt.

Die verschiedenen Fasermaler für die Ausmalbegeisterten musste Edding nicht erst neu entwickeln. „Wir haben aber auf den Trend reagiert und eigens neue Sets zusammengestellt“, sagt Schimkus. Besonders geeignet sind aus seiner Sicht die „Brushpens“. Das sind Stifte, die statt einer Mine eine pinselähnliche Spitze haben. „Damit gelingen schöne Farbverläufe“, so der Fachmann.