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Edles aus dem Hinterhaus

Ein Radebeuler hat sich einen Traum erfüllt und produziert selbst Whisky, Gin und Obstbrände. Seine Ansprüche sind hoch.

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© Norbert Millauer

Von Nina Schirmer

Radebeul. Das Aroma steigt aus dem Glas empor und der fruchtige Apfelgeruch geht gleich in die Nase. Selbst der Laie merkt, dass hier nichts künstlich riecht. „Das ist die reine Frucht“, sagt Henrik Helbig, während er den Obstbrand schwenkt. Der 48-Jährige steht in einem kleinen Gebäude hinter seinem Wohnhaus in der August-Bebel-Straße. Hier ist das Herzstück von Amandio Spirits, einer Destillerie, die Helbig gemeinsam mit seiner Frau Sylvi betreibt. Seit letzten November verkaufen sie ihre selbst hergestellten Spirituosen.

„Wir sind ein kleiner Betrieb und wollen auch nicht größer werden“, stellt Helbig klar. Sie produzieren in ganz kleinen Mengen und komplett in Handarbeit, bis hin zum Etikettenkleben auf die Flaschen. Nicht mal ein Kleinbrenner sei er, sagt Helbig lachend. „Eher ein Kleinstbrenner.“ Das Konzept kommt offenbar an. Die Verkaufszahlen von Obstbränden, Whisky und Gin, die nur in ausgewählten Geschäften stehen, seien Monat für Monat gestiegen, sagt der Radebeuler. Er setzt auf eine Zielgruppe, die bereit ist, für gute Qualität auch etwas mehr Geld auf den Tisch zu legen. Im Supermarkt sollen seine Produkte lieber nicht stehen.

Bis zu den ersten verkaufsfertigen Bränden war es jedoch ein langer Weg. Die Idee ist über Jahre gewachsen und war mit einigen Hürden verbunden, erzählt Helbig, der das Handwerk vor etlichen Jahren in Ungarn gelernt hat. Schon die Suche nach einer Firma, die dem Radebeuler eine Brandanlage baut, gestaltete sich schwierig. Denn ihm schwebte ein Unikat vor – genau angepasst an seine Ansprüche. Doch bei den meisten deutschen Firmen hätte er nur eine fertige Standardanlage bestellen können. Fündig wurde er deshalb schließlich in Tschechien.

Allerdings hatte die Spezialfirma dort zuvor noch nie eine Verschlussanlage nach deutschem Zollrecht gebaut. „Ich hab sie einfach gefragt, ob sie es trotzdem machen würden“, erzählt Helbig. Und die Tschechen machten es. Genau so, dass nicht nur die Anforderungen der deutschen Behörden erfüllt wurden, sondern auch die Wünsche des Destillateurs. Nach einer fast zweijährigen Planungs- und Bauphase und unzähligen Besuchen, Telefonaten, und E-Mails war die Anlage 2016 im Rohzustand fertig.

Endlich nach Radebeul gebracht, musste dann zig Rohre verlegt werden. Auch wieder keine leichte Aufgabe. „Ich habe zuerst Stricke gespannt, damit man sieht, wo welches Rohr hinmuss“, sagt Helbig. Experten aus Coswig übernahmen dann die Arbeit. Und so konnte die Anlage schließlich im September 2016 durch die Bundesmonopolverwaltung für Branntwein in Offenbach zugelassen werden.

Genau genommen sind es sogar zwei eindrucksvoll aussehende Anlagen: eine Rohbrand- und eine Feinbrandanlage. Denn die Radebeuler Destille ist eine von ganz wenigen, in der mit dem traditionellen Doppelbrandverfahren gearbeitet wird. Zuerst wird beim Rohbrand der Alkohol aus der Maische gewonnen. Anschließend wird der Rohbrand ein zweites Mal mit bis zu vier weiteren Stufen destilliert. Das sorgt für Brände mit einer besonderen Aromadichte. Das Destillat wird anschließend eingelagert. Obstbrände und Gin kommen in neutrale Behältnisse und ruhen mindestens sechs Monate. „Dadurch verschwindet die Alkoholschärfe und die Fruchtigkeit kommt zutage“, sagt Helbig.

Apropos Früchte: Die stehen natürlich ganz am Anfang des Prozesses. Die Helbigs verwenden für ihre Brände Obst aus der Umgebung und von geprüften Händlern. Die Früchte werden nach der Lieferung meistens noch ein paar Tage gelagert, bis der perfekte Einmaischzeitpunkt erreicht ist. „Das merkt man am Geruch“, erklärt der Destillateur. Dann werden die Früchte zerkleinert und mit speziellen Hefen versetzt, damit die Gärung zügig einsetzt. Pro Flasche wurden am Ende fünf bis zehn Kilo Obst verarbeitet. Auf Zusatzstoffe, Aromen und Zucker verzichten die Hersteller.

Eine Charge umfasst oft nur 40 bis 50 Flaschen. Der Aprikosenbrand zum Beispiel kostet 45 Euro. In Radebeul verkaufen die Helbigs ihre Produkte über die Weinhandlung Andrich. Neben Aprikosen- produzieren sie Pfirsichbrand, vier verschiedene Apfel- und drei Birnenbrände, Single Malt Whisky und einen Gin, an dessen Rezeptur Henrik Helbig mehr als zwei Jahre lang getüftelt hat.

www.amandio-spirits.com