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Ehemaliger SPD-Chef Vogel ist tot

Die letzten Jahre verbrachte Hans-Jochen Vogel in einem Seniorenheim. Seine Parkinson-Erkrankung machte ihm nicht nur das Lesen und Schreiben schwer.

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© dpa/Andreas Gebert

München. Der frühere SPD-Chef Hans-Jochen Vogel ist tot. Er starb am Sonntagmorgen im Alter von 94 Jahren in München,  bestätigte seine Ehefrau Liselotte Vogel. Vogel gehörte zu den prägenden Figuren der bundesdeutschen Politik. Sein Ansehen reichte weit über die Parteigrenzen hinweg. Die letzten Jahre litt er an Parkinson. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier würdigte ihn als "lebhaften Demokraten, dessen Stimme schmerzlich fehlen wird". Kanzlerin Angela Merkel nannte ihn "eine der prägenden politischen Persönlichkeiten der Nachkriegszeit".

Mit 34 Jahren wurde der 1926 in Göttingen geborene Professoren-Sohn Oberbürgermeister in München - und damit jüngstes Stadtoberhaupt einer deutschen Großstadt. Die 4.444 Amtstage an der Isar prägten Vogel stärker als spätere Stationen. 

Er trug dazu bei, die Olympischen Spiele 1972 nach München zu holen. Wegen heftiger Auseinandersetzungen mit der SPD-Linken warf der damalige Vertreter der Parteirechten das Handtuch und ging in die Bundespolitik.

Die Karriere von Hans-Jochen Vogel war gezeichnet von vielen Glanzpunkten, aber auch Niederlagen: Bundesbau- und Bundesjustizminister, für knapp vier Monate Regierender Bürgermeister in Berlin, SPD-Partei- und Fraktionschef - und Kanzlerkandidat. Doch da unterlag er Helmut Kohl.

Hans-Jochen Vogel (SPD) trat 1983 als Kanzlerkandidat gegen Helmut Kohl (CDU) an - unterlag.
Hans-Jochen Vogel (SPD) trat 1983 als Kanzlerkandidat gegen Helmut Kohl (CDU) an - unterlag. © dpa

In der SPD galt Vogel zeitlebens als gutes Gewissen mit unerschütterlichen moralischen Grundsätzen. Abgesehen vom großen Thema "soziale Gerechtigkeit" trieb Vogel bis ins hohe Alter aber noch ein anderes Problem um: der drohende Zerfall Europas. 

Schon als der Austritt Großbritanniens aus der EU sich erstmals abzeichnete, sagte Vogel, dass 70 Jahre Frieden in Europa nur durch die Überwindung des Nationalismus möglich geworden seien.

Seine Parkinson-Erkrankung hatte Vogel erst wenige Jahre vor seinem Tod öffentlich gemacht, bis zuletzt lebte er mit seiner Frau Liselotte in einer Seniorenresidenz in München. Hier ließ er sich - sofern es seine Gesundheit zuließ von Freunden - von Journalisten und auch Parteifreunden besuchen.

Mit ihnen diskutierte er dann auch gerne über hochaktuelle Fragen wie die Flüchtlingskrise oder die Gefahren, die rechten Strömungen ausgehen. Wer Vogel erreichen wollte, der brauchte aus heutiger Sicht viel Geduld - bis zu seinem Tod verschmähte er Handy und Computer.

© dpa/Heinrich Sanden

Die SPD würdigte ihren ehemaligen Partei- und Fraktionschef als "großen Sozialdemokraten". Der Parteivorstand erklärte: "Er war ein großer Sozialdemokrat, ein Vorbild, ein Freund. Hans-Jochen Vogel kämpfte sein Leben lang für sozialdemokratische Werte, eine gerechte Welt und für ein einiges Europa. Er wird fehlen."

Sachsens SPD-Chef Martin Dulig, sagte: "Mit Hans-Jochen Vogel verliert die Sozialdemokratie einen ganz Großen. Sein Tod macht mich betroffen." In der politischen Landschaft der Bundesrepublik sei Vogel für seinen Kampf für mehr soziale Gerechtigkeit und für ein vereintes Europa hoch anerkannt: "Und als gutes Gewissen mit unerschütterlichen moralischen Grundsätzen war er in der SPD bis ins hohe Alter eine der prägendsten Persönlichkeiten. Die SPD hat ihm viel zu verdanken." 

Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) erklärte: "Wir verlieren mit Hans-Jochen Vogel eine für unser Land prägende Persönlichkeit. Ich habe ihn als leidenschaftlichen Sozialdemokraten kennengelernt, der Politik stets aus tiefer Überzeugung und aus innerer Verpflichtung gestaltet hat." 

Die Grünen-Fraktionsvorsitzenden Katrin Göring-Eckardt und Anton Hofreiter nannten Vogel einen "Sozialdemokraten mit festen Werten und klarem Kompass". "Persönlichkeiten wie er haben unsere Demokratie geprägt." FDP-Chef Christian Lindner sagte: "Mit Hans-Jochen Vogel ist eine große Persönlichkeit gestorben. Er war ein echter Sozialdemokrat mit über jeden Zweifel erhabener Integrität." Die FDP werde besonders sein progressives Wirken als Justizminister der sozialliberalen Koalition nicht vergessen. (dpa)