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Eierdieb und Hühnermörder

Wilde Katzen nisten sich auf dem Grundstück von Annemone Fehrmann ein. Für das Problem fühlt sich in Zittau keiner zuständig.

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© Jan Lange

Von Jan Lange

Zittau. Annemone Fehrmann holt vier Eier aus dem Hühnerstall. Ein gutes Ergebnis zur Mittagsstunde. Vergessen ist der Ärger mit den „Eierdieben“. Die haben sich gleich nebenan eingenistet: mehrere wilde Katzen. Kurz vor dem Winter entdeckt die Schleglerin die ersten fremden Vierbeiner auf ihrem Grundstück. Die 62-Jährige nimmt das Problem anfangs nicht so ernst, stellt den Katzen sogar Futter hin. Ein Fehler, wie sich schnell zeigt. Aus zwei wilden Katzen werden bald drei, dann gesellt sich eine vierte hinzu und am Ende sind es gar sechs Stück, die sich in dem Anbau breitgemacht haben.

Zwischenzeitlich ist es etwas ruhig gewesen, doch im Frühjahr kehren die wilden Katzen zurück. Und werden schließlich zu „Eierdieben“. „Schlagartig hatte ich nur noch zwei oder drei Eier am Tag“, berichtet die Schleglerin. Normalerweise seien es sieben bis acht Stück täglich. „Manchmal legen meine Hühner etwas schlechter, deshalb habe ich mir in den ersten Tagen noch keine großen Gedanken gemacht.“ Erst später wird ihr klar, dass die wilden Katzen dahinter stecken könnten. Fuchs oder Marder könnten es nicht gewesen sein, erklärt die Schleglerin. Das Hühner-Gelände ist umzäunt und mit einer Plane bedeckt. Die Katzen kommen wohl durch den Hausanbau hinein.

Doch es bleibt nicht beim Eierdiebstahl. Sie verliert auch einen Zwerghahn. „Der ist immer als erster draußen gewesen und hat herumgekräht“, sagt Annemone Fehrmann. Eines Morgens hörte sie keinen Weckruf mehr. Sie schaute in den Hühnerstall, sah den Hahn in der Ecke liegen, bemerkte in diesem Moment aber noch nicht, dass er gar keinen Kopf mehr hatte. Erst als es zu Mittag lärmte, schaute sie noch mal nach dem Rechten und sah zwei der wilden Katzen, wie diese den toten Hahn durch den Drahtzaun in ihr Versteck zerren wollten. „Da hört bei mir die Freundschaft auf“, sagt die 62-Jährige. Sie setzte alle Hebel in Bewegung, um die wilden Katzen wieder loszuwerden. Mit etwas Futter lockte sie mehrere Katzen in eine Transportbox. Die eingefangenen Tiere hätte sie gern an die Katzennothilfe Zittau-Pethau übergeben, doch der Verein konnte ihr nicht weiterhelfen. Annegret Kühnemann, zweite Vorsitzende der Katzennothilfe, erklärt warum: „Wir hätten die trächtige Katzenmama aufgenommen. Aber das trächtige Tier aus dem Käfig, in dem insgesamt drei Katzen gefangen waren, herauszuholen, war unmöglich.“ Der Tierschutz verbiete es, wirklich wilde Katzen aufzunehmen, da sie in der Katzenpension in Pethau kaputtgehen würden, fügt Frau Kühnemann hinzu. „Unsere Hilfe beim Einfangen haben wir angeboten. Auch würden wir zum Tierarzt fahren und die Kastrationen organisieren, allerdings muss vorher die Finanzierung geklärt sein und das ist wirklich Sache der Stadt Zittau“, betont die Katzenliebhaberin. Die Stadt sieht sich aber nicht in der Verantwortung. „Die verwilderten Katzen sind aus eigentumsrechtlicher Sicht herrenlos. Deshalb ist die Stadt Zittau als Fundbehörde für die Tiere nicht zuständig“, teilt Pressesprecher Kai Grebasch auf SZ-Nachfrage mit. „Da die herrenlosen Katzen nicht an den Umgang mit Menschen gewöhnt sind, dürfen sie auch nicht gefangen und in ein Tierheim gebracht werden. Das ist aus tierschutzrechtlicher Sicht unzulässig.“ Grundsätzlich sei der Eigentümer eines Grundstücks für die dort befindlichen Tiere zuständig.

Werden verwilderte Katzen von Menschen gefüttert, sind diese auch für das Katzenwohl zuständig, heißt es weiter vonseiten der Stadtverwaltung. Annemone Fehrmann würde die Vierbeiner durchaus auch füttern, aber sie möchte nicht, dass sie sich weiter unkontrolliert vermehren. Eine Zittauer Tierärztin hat früher herumstreunende Vierbeiner kastriert. Wie Frau Fehrmann von ihr erfahren hat, sei das aber mit den jetzigen Spendengeldern nicht mehr zu stemmen. „Man wird mit dem Problem allein gelassen“, beklagt sich die Schleglerin. Ein Einschreiten der Stadt Zittau als Ortspolizeibehörde ist so lange nicht möglich, wie keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung von den Tieren ausgeht, erklärt Kai Grebasch. Der vorliegende Fall ist eine rein privatrechtliche Angelegenheit. Die Tiere zu töten, sei ohne vernünftigen Grund aber auch nicht möglich, weist der Stadtsprecher hin.

Wahrscheinlich ist das gar nicht mehr nötig. Nachdem Annemone Fehrmann die Katzen einen halben Tag in dem Käfig eingesperrt hatte, sind sie nicht mehr gesichtet worden. Nur die kleinste und bisher scheueste Katze taucht hin und wieder auf. Die Schleglerin hat ihr inzwischen den Namen „Morle“ gegeben. Gelöst ist damit das Problem aber nicht, denn „Morle“ ist ebenfalls trächtig.