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Eierkuchen vom Schmiedefeuer

Bei der Gröbaer Lichterzeit überzeugen die Organisatoren mit Einsatz. Allen Widrigkeiten zum Trotz.

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© Sebastian Schultz

Von Kevin Schwarzbach

Riesa. Die Schlange ist schon aus der Ferne zu erkennen. Bei Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt stehen Frauen und Männer in dicken Jacken und Wollmützen vor dem weißen Zelt neben dem wärmenden Feuer. Die Reißverschlüsse sind bis zum Kinn zugezogen, die Kälte kriecht in alle Ritzen. Und dann macht sich noch der Hunger breit. Da kommt ein Eierkuchen vom Schmiedefeuer doch gerade recht. Routiniert schwenken Werner Richter, Michael Rudolph und Wolfgang Hahnefeld die kleinen Pfannen mit den langen Holzgriffen über dem Feuer. In wenigen Sekunden erstarrt der flüssige Teig zu einem festen Eierkuchen, der den Besuchern serviert werden kann.

Die alljährliche Gröbaer Lichterzeit lockte am vergangenen Wochenende wieder zahlreiche Besucher auf die Kirchstraße. Bereits kurz nach der Eröffnung um 15 Uhr herrscht reichlich Andrang an den verschiedenen Ständen, für die sich vor allem die Anwohner verantwortlich zeichnen. Zwischen Kindergesang, Feuerkörben und Spielspaß schlendern die Besucher mit wärmendem Glühwein oder Kaffee in der Hand durch die Kirchstraße – und bleiben zumeist beim Eierkuchen vom Schmiedefeuer hängen.

Das steht ganz in der Tradition früherer Zeiten, als die Kirchstraße eine Meile der Handwerker war. „Wir bieten die Eierkuchen vom Schmiedefeuer jährlich hier an, weil die Schmiede früher in diesem Haus beherbergt war“, erklärt Wolfgang Hahnefeld, heutiger Bewohner der ehemaligen Schmiede. Mit dem Gröbaer Urgestein und bekannten Schmied Werner Richter hat er dafür auch den richtigen Freund und Fachmann an seiner Seite. „Weil die Nachfrage im letzten Jahr so groß war, haben wir das Feuer und die Ausstattung etwas vergrößert“, sagt Hahnefeld. Statt eines kleinen Feuerkorbs, auf dessen Ablagegitter nur eine winzige Pfanne passt, steht jetzt ein größerer vor dem Haus, der gleich drei Pfannen auf einmal erhitzen kann.

Und das scheint auch von Nöten, ist die Schlange mittlerweile auf ein Dutzend hungrige Gäste angewachsen. Prompt kommt der neue Teig, und die nächsten Eierkuchen verfestigen sich in Windeseile über dem Schmiedefeuer. Doch was genau ist jetzt eigentlich das Besondere daran? „Es ist natürlich ein ganz normales Feuer, das lediglich direkt vor der alten Schmiede brennt“, erläutert Michael Rudolph lachend. „Das Besondere am Eierkuchen vom Schmiedefeuer ist aber, dass er mehr Asche als andere Eierkuchen enthält.“

Ebenso bemerkenswert ist der Umstand, dass die diesjährige Lichterzeit in einer Phase stattfindet, in der in der Kirchstraße vor allem Wut und Verzweiflung an der Tagesordnung sind. Aufgrund der anhaltenden Streitigkeiten zwischen der Stadtverwaltung und der Baufirma Wolff & Müller ruhen die Bauarbeiten im hinteren Teil der Straße seit geraumer Zeit. Die Anwohner lassen sich von diesem Umstand aber nicht die Freude an ihrer Lichterzeit nehmen. Mit einer Einschränkung müssen sie trotzdem zurechtkommen. „Wir können leider nicht die ganze Kirchstraße nutzen. Deswegen wartet der Weihnachtsmann auch nicht am Schloss auf die Kinder, sondern auf dem vorderen Straßenabschnitt“, erklärt Mitorganisator Andreas Näther.

Es ist das Engagement der Anwohner, das selbst den widrigen Umständen trotzt, das zum erfolgreichen Gelingen der Lichterzeit beiträgt. Die Eierkuchen beispielsweise kosten einen Euro, Gewinn machen die drei Männer am Schmiedefeuer und ihre Helferinnen im Hintergrund damit nicht. Und trotzdem stehen sie stundenlang im Rauch und bereiten einen Pfannkuchen nach dem anderen zu. „Wir machen das, weil es uns Spaß bereitet und wir den Leuten etwas bieten wollen“, sagt Hahnefeld. „Wie sagt man so schön: Wir tun es für den Spaß an der Freude.“