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Eifersuchtsdrama im Drogenmilieu

Ein 44-Jähriger muss wegen Totschlags für mehr als zehn Jahre ins Gefängnis. Er wird wohl vorher abgeschoben.

Von Alexander Schneider
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Polizisten bringen Abdelmonaam Soltani zur Haftprüfung ins Amtsgericht. Eine Woche war der 44-Jährige auf der Flucht, nachdem er einen Mann erstochen hatte.
Polizisten bringen Abdelmonaam Soltani zur Haftprüfung ins Amtsgericht. Eine Woche war der 44-Jährige auf der Flucht, nachdem er einen Mann erstochen hatte. © xcitepress/ce

Eineinviertel Jahre nach einer zunächst rätselhaften Bluttat in einem Mehrfamilienhaus in der Ebereschenstraße ist nun der Prozess gegen den Täter zu Ende gegangen. Das Landgericht Dresden hat Abdelmonaam Soltani, einen 44-jährigen Tunesier, am Donnerstag wegen Totschlags und gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Jahren und vier Monaten verurteilt.

Die Schwurgerichtskammer ist nach der Hauptverhandlung überzeugt, dass Daniel B., ein 35-jähriger Dresdner, aus Eifersucht von Soltani erstochen wurde. Nur wenige Tage zuvor hatte der Angeklagte bereits einen weiteren Dresdner, Christian M., schwer verletzt, weil auch der sich wie B. regelmäßig in der Wohnung von Soltanis Lebensgefährtin aufgehalten hatte. Der Grund: Die Frau, Sandra K., soll in dem Gorbitzer Mehrfamilienhaus mit Drogen gehandelt haben. Abhängige trafen sich zum Konsumieren bei der 44-Jährigen, sie hat wohl auch Diebesgut angenommen, mit denen die Junkies ihre Sucht finanzierten. Das jedenfalls berichteten die Zeugen.

Vater und Mutter abhängig von Crystal

Auch Soltani und Sandra K. sind massiv von Crystal abhängig. Sie hatten sich 2009 in der Haft kennengelernt, lebten zusammen, saßen auch schon wegen Drogengeschichten gemeinsam vor Gericht und haben seit wenigen Jahren einen gemeinsamen Sohn. Der Vorsitzende Richter Herbert Pröls beschrieb die Beziehung zwischen Soltani und K. als „ambivalent“. Unklar sei, wann sich das Paar getrennt habe. Es habe Probleme gegeben, wegen Drogen, anderer Straftaten und häuslicher Gewalt. Die Polizei war regelmäßig vor Ort.

Das Jugendamt soll Sandra K. klargemacht haben, sie könne ihr Kind nur behalten, wenn sie sich von Soltani trennt. Das habe sie gegenüber dem Amt auch behauptet. Tatsächlich soll der Mann jedoch weiter bei ihr ein- und ausgegangen sein, auch dort gewohnt haben. Soltani sei die Beziehung zu seinem Sohn wichtig gewesen, er habe sich liebevoll um den Jungen gekümmert. „Daran haben wir keinen Zweifel“, sagte Pröls.

Auch am 24. Oktober 2017, dem Tattag, war Soltani in der Wohnung. Er sei immer eifersüchtig auf andere Männer gewesen. Habe sogar angekündigt, sie zu töten. Sandra K. soll viele Kontakte zu Männern gehabt haben. Daniel B. soll ein gestohlenes Fahrrad mitgebracht haben, das Soltani aus der Wohnung schaffen wollte. Als er mit dem Rad ging, soll B. versucht haben, ihn aufzuhalten. Bei der Auseinandersetzung im Treppenhaus habe Soltani sofort mehrfach mit einem Messer zugestochen. B. starb drei Tage später in einer Dresdner Klinik an seinen inneren Verletzungen.

Erfolglose Balkonflucht

Soltani war da längst untergetaucht. Die Polizei nahm ihn nach einer Woche fest, nachdem er erfolglos versucht hatte, im achten Stock eines Hauses in der Südvorstadt über einen Balkon zu flüchten. Der Tunesier, der schon seit rund 20 Jahren in Dresden lebt, leistete keinen Widerstand. Das Drogenmilieu, die Angst vor Strafverfolgung, habe nicht nur die Ermittlungen, sondern auch die Vernehmungen der Zeugen in dem fünfmonatigen Prozess erheblich erschwert, sagte Pröls.

Soltani hatte lange zu den Vorwürfen geschwiegen. Erst nach der Vernehmung der letzten Zeugen sagte er überraschend, er habe aus Notwehr gehandelt, weil B. ihn angegriffen habe. Zeugen und objektive Beweise widerlegten diese Version, so Pröls. Die Staatsanwaltschaft hatte 12 Jahre und acht Monate gefordert, Verteidiger Peter Konzuch einen Freispruch wegen Notwehr und eine geringe Freiheitsstrafe für den vorangegangen Angriff: Sein Mandant sei Opfer einer Intrige von Sandra K.

Nach drei Jahren und zwei Monaten im Gefängnis soll Soltani eine zweijährige Drogentherapie antreten, ordnete das Gericht an. Danach hat er die Hälfte der Strafe verbüßt und wird wohl mit seiner Abschiebung rechnen müssen.