Merken

Ein Abend für die stillen Helden

Aus einer Idee von Landskron und SZ entstand eine Aktion von Görlitzern für Görlitzer, die wohl eine Fortsetzung findet.

Teilen
Folgen
© Pawel Sosnowski/80studio.net

Von Matthias Klaus

Für Sophia Schuch und ihre Freundinnen ist es heute das erste Mal. „Es wird schon klappen“, sagt die Schülerin aus der Klasse 9.2 des Joliot-Curie-Gymnasiums in Görlitz. Aufgeregt sind die Mädchen nicht. Dabei steht jetzt eine abendfüllende und überaus wichtige Aufgabe an: Kellnern. Nicht irgendwo, sondern in der Landskron-Kulturbrauerei. Und der Saal ist voll. Erwachsene und vor allem Kinder, Kinder, Kinder. „Es sind etwa 65“, hat Manfred ten Bosch gezählt. Er freut sich darüber. Der Chef der Landskron-Brauerei ist am Donnerstag Gastgeber eines ganz besonderen Abends. Das Motto lautet: Görlitzer für Görlitzer. Die Veranstaltung würdigt Familien, Alleinerziehende, „die sich mit voller Wucht dem Leben stellen, die sich nicht in die Hängematte legen und die ansonsten nicht im Mittelpunkt stehen“, beschreibt es der Landskron-Chef. Wie die Veranstaltung entstand – mehr oder weniger eine Folge glücklicher Zufälle.

Sophia Schuch, Sina Gabrysch, Pauline Strohbach und Susanne Bader aus der 9.2 des Curie-Gymis kellnerten.
Sophia Schuch, Sina Gabrysch, Pauline Strohbach und Susanne Bader aus der 9.2 des Curie-Gymis kellnerten. © Pawel Sosnowski/80studio.net
Koch Tom Hockauf (2.v.l.) leitet die Kinder und Jugendlichen in der Jugendkochschule an.Sie probten schon Montag.
Koch Tom Hockauf (2.v.l.) leitet die Kinder und Jugendlichen in der Jugendkochschule an.Sie probten schon Montag. © nikolaischmidt.de

Begonnen hatte es mit einem eher routinemäßigen Telefongespräch. Der Görlitzer SZ-Lokalchef Sebastian Beutler fragte in der Brauerei an, wie es in diesem Jahr denn um die Stadtwette stünde. Aber Manfred ten Bosch winkte ab. „Das Ganze hatte sich ja etwas totgelaufen. Wir haben es seit Jahren nicht mehr gemacht“, sagt er. Und fügte am Hörer noch die folgenschweren Worte hinzu: „Aber vielleicht können wir ja mal einen Abend für Görlitzer machen, einen Adventsabend für Menschen, die es sich einfach verdient haben.“ Eine Idee, die in der SZ-Lokalredaktion gut ankam und anderswo ebenfalls. Mitte Oktober gab es dann schon ein erstes Treffen. „Es entsand ein Projekt, das sich langsam aber sicher entwickelte“, schildert der Landskron-Chef. Es habe immer wieder neue Ideen gegeben, eine Riesenbereitschaft, sich einzubringen. Bis zum beeindruckenden Ergebnis am Donnerstagabend.

Einen Profi-Catering-Service gibt es nicht. Die Diakonie-Sozialwerk Lausitz kümmert sich um das leibliche Wohlbefinden – oder besser: die Jugendkochschule. Die hatte bereits am vergangenen Montag geprobt. Schließlich gilt es ja, weit über 100 Menüs zuzubereiten. Für die Erwachsenen Gäste stehen Gänsekeule, Rotkohl und Klöße auf der Speisekarte. „Das wollen wir den Kindern natürlich nicht unbedingt zumuten“, schmunzelt Landskron-Chef Manfred ten Bosch. Deshalb gibt es den Juniorteller mit Nudel und Tomatensoße, zum Abschluss Eis am Stiel. Es ist inzwischen 18 Uhr. Papas sitzen mit Hüten aus Schlangen-Luftballons an den Tischen, die Muttis plauschen, die Stimmung in der Kulturbrauerei ist bestens, und Lisa Bail vom Familienbüro hat alle Hände voll zu tun. Der Görlitzer Verein unterstützt die Aktion ebenfalls nach Kräften und das bedeutet vor allem jetzt erst einmal: „Hilf mir beim Basteln!“

An einem großen Tisch können die Kleinen mit Farbe, Leim und allem anderen klassischem Zubehör ihrer Fantasie freien Lauf lassen. Das Familienbüro hatte auch die Einladungen der Familien und Alleinerziehenden in die Kulturbrauerei organisiert. „Wir haben alle unsere Kanäle genutzt“, schildert Lisa Bail. Am Ende hat es zahlenmäßig bestens gepasst: Niemand musste außen vor bleiben, der Saal ist inzwischen proppenvoll. „Ich finde es sehr schön, wie es hier läuft: Jeder trägt seinen Teil bei“, sagt Lisa Bail. Dann muss sie wieder ran an den Tisch, ein Mädchen zupft schon an ihrem T-Shirt: Hilfe beim Kleben wird benötigt.

Sophia, Sina, Pauline und Susanne aus der 9.2 balancieren inzwischen die ersten Gläser durch die Reihen. Alles läuft bestens bis jetzt. Ihre Mitschülerinnen managen derweil die Garderobe – auch für sie ist es eine Premiere. „Aber es gab eine Einweisung von Landskron“, verrät Ulf-Carsten Zippel vom Joliot-Curie-Gymnasium. Er organisiert dort den Anderslauf. Lange überreden musste man die Schülerinnen jedenfalls nicht, sagt er, die Bereitschaft mitzumachen, war sofort da. „Und für die jungen Leute ist das hier doch eine gute Erfahrung“, findet Herr Zippel.

Es sind viele kleine und größere Aktionen von Görlitzern für Görlitzer, die den Abend zu einem wirklich besonderen machen. Zauberer Thomas Majka ist da. Marktkauf hat für alle faltbare Nikolausstiefel geliefert. Die kann man, zusammengesteckt und abgegeben, dann am 6. Dezember gefüllt im Markt abholen. Eine Aktion, die gut ankommt.

„Es ist schön, wie dieser Abend angenommen wird“, sagt Manfred ten Bosch und auch SZ-Lokalchef Sebastian Beutler freut sich über die gute Resonanz. Wird es eine Fortsetzung im kommenden Jahr geben? „Ja, ich kann mir vorstellen, die Aktion weiterzuführen“, sagt der Landskron-Chef. Auch das Familienbüro steht dem aufgeschlossen gegenüber. „Wenn es läuft, sind wir sicher wieder mit dabei“, sagt Lisa Bail.