Von Sabine Ohlenbusch
Mittelalter mal anders: Auf der Kulturinsel Einsiedel lässt sich das Volk der Turiseder aus nächster Nähe beobachten – wie vor tausend Jahren. Dabei geht es sehr fantasievoll zu. Besonders nah kommen die Gäste des Freizeitparks den Turisedern im Krönum, das seit Mai eine neue Geschichte aus dem Sagenbuch erzählt. Die Besucher schlüpfen dabei in die Trachten der turisedischen Gilden und nehmen an der Volksversammlung teil, die nach der Krönungshalle auch Krönum heißt. In Form eines Theaterstücks mit akrobatischen Einlagen führen drei Darsteller durch das aktuelle Programm, wie die Turiseder zu ihrem König Bergamo kamen.
Für die Gäste geht es schon vor dem Eingang los: Bunte Kostüme und ein Zaubertrank bringen sie tausend Jahre zurück. Die Farbe ihrer Tuniken bestimmt ihre Zugehörigkeit zu einer Gilde. Da gibt es zum Beispiel Bauern und Schneider, die jeweils ihre eigenen Emporen unter dem Rund der Krönungshalle haben. Bei ihrem Eintreffen wartet hier schon die Vorspeise auf sie. Wenn der Gong dreimal erklingt, müssen sich alle auf der untersten der 23 Ebenen versammeln. Dann nimmt die Legende ihren Lauf.
Zeremonienrat Dragomir (gespielt von Gerd Kempe) quetscht den jugendlichen Bergamo (Matthias Buhrow) aus nach den gesammelten Erlebnissen auf seiner Weltreise. Zu dieser ist Bergamo im vergangenen Jahr aufgebrochen und jetzt glücklich in die Neißeaue zurückgekehrt. Er erzählt davon, dass es in anderen Reichen Könige gibt. Als Haustier hat er sich ein neugieriges Kätzchen namens Lynata mitgebracht. Dessen Leidenschaft ist es, sich in Vorhängen zu verstricken und daran emporzuklettern. Hier beeindruckt Akrobatin Marlene Kiepke.
Wichtig für das Volk ist dann das Orakel, bei dem jede Gilde eine Frage stellen darf. Auch soll das Volk Bergamo zum König wählen, um auf die Bedrohung von außen durch den Riesen Rübezahl zu reagieren. Dabei geht es viel um Angst. „Den Menschen die Angst vor der Angst zu nehmen, war die Idee“, sagt Autor Jens Schubert zu seinem Stück. Er ist der Vater der Abrafaxe, aber auch eng mit dem Mysterium der Turisede verbunden. Vor etwa 15 Jahren tauchte in einem seiner Comics zum ersten Mal der Gott Turius auf. Seitdem unterstützt er den als Freiluftmuseum zu verstehenden Freizeitpark Einsiedel mit seinen Geschichten. Auch für das besondere Aussehen und den besonderen Klang der Plakate und Texte ist er zuständig – eben für das grüngeringelte Corporate Design.
Auch beim Krönum tritt dieser Gott in der donnernden Stimme des bekannten Synchronsprechers Roland Hemmo auf. Mit etwa 1 500 synchronisierten Kino- und Fernsehfilmen sowie Werbespots und Hörspielen zählt der Weißwasseraner zu den meistbeschäftigten deutschen Sprechern. Außerdem ist er der Schwiegervater von Jens Schubert.
Derweil schreitet die Geschichte voran. Die Priesterin Babadoro (ebenfalls Marlene Kiepke) beschwört Turius und kann sich der Verliebtheit Bergamos kaum erwehren. Wird er ihre Liebe gewinnen können? Zwischen solch entscheidenden Fragen gibt es einen um den anderen deftigen Punkt im Menü, das in einer Platte mit Eiskreationen seinen Höhepunkt findet. Nach ungefähr drei Stunden machen sich die Turiseder wieder auf den Weg in die Gegenwart. Auch wenn viele nicht den Heimweg antreten, sondern sich nur in eines der nahe gelegenen Baumhäuser zurückziehen.