Döbeln
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Ein anderer Blick auf Sachsen

Sieben junge Künstler haben das Leben im Land aus ihrem Blickwinkel betrachtet. Das Ergebnis zeigen sie unter freiem Himmel. Nicht ohne Grund.

Von Jens Hoyer
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Von Julia Peters stammt diese Installation, die auf dem Niedermarkt zu sehen ist. Das Fenster lässt den Blick nur in eine Richtung durch. Auf der anderen Seite wird der Betrachter mit sich selbst konfrontiert.
Von Julia Peters stammt diese Installation, die auf dem Niedermarkt zu sehen ist. Das Fenster lässt den Blick nur in eine Richtung durch. Auf der anderen Seite wird der Betrachter mit sich selbst konfrontiert. © Lars Halbauer

Döbeln. Angelika wurde in der DDR die Tochter weggenommen und von einer anderen Familie adoptiert. Erst über eine Fernsehshow mit Kai Pflaume fanden Mutter und Tochter nach vielen Jahren wieder zueinander. Sophie Stephan, Künstlerin aus Leipzig, hat zum Thema Zwangsadoption eine Videoinstallation geschaffen. Ein Bildschirm zeigt den Dialog, der während der Sendung geführt wurde. 

Zwei andere Bildschirme die Gesichter mit den Reaktionen von Mutter und Tochter. Papiere sind ausgebreitet: ein Brief der Mutter an die frühere DDR-Ministerin Margot Honecker. Die Installation ist in einem Transporter untergebracht. Das ist aber auch schon das einzige Dach, das die Kunst bei der Wanderausstellung auf dem Niedermarkt vor den Wetterunbilden schützt. Eine Woche lang zeigen sieben junge Künstler aus Leipzig die Arbeiten, in denen sie sich mit Sachsen, mit dem Leben im Land, mit dem ländlichen Raum, Kulturlandschaffen, mit Herkunft und Biografien auseinandersetzen. Und mit dem Thema, wie die Menschen in Sachsen miteinander leben wollen.

Bea Nilsen zum Beispiel ist auf Wanderschaft gegangen. Von Görlitz immer die Via Regia entlang. Eigentlich wollte sie bis Leipzig kommen, aber die Wanderung endete in Königsbrück. Auf den etwa 100 Kilometern kam sie mit vielen Menschen ins Gespräch. Vor allen über das Thema Glaube. Aber wenn es sich ergeben hat, auch über Politik. erzählte sie. Die Bilder dieser Wanderung zeigt sie in der Ausstellung. Sie hat auch dokumentiert, wie sich die verschiedenen Kulturen im Leben der Städte mischen. Ihre Fotos zeigen einen Ausleger an einem Haus, auf dem für Pizza und Nudeln geworben wird und einen asiatischen Löwen neben einem deutschen Betonblumenkübel.

Isaak Broder hat sich mit seiner Kamera in Döbeln umgeschaut. „Ich habe die Leute gefragt, wo Orte der Zusammenkunft sind“, sagt er. Er war in den Klostergärten, hat Bushaltestellen und andere Ecken in Döbeln aufgenommen. Immer ohne Menschen. Nicht nur wegen des Datenschutzes. „Es geht mir immer nur um den Ort und die Frage: Warum suchen die Leute ihn auf.“ Im Laufe der Woche sollen immer neue Bilder dazukommen. Für Sonnabend plant der Fotograf außerdem einen Workshop zum Thema Fotografie. „Die Leute können ihr Handy oder ihre Kamera mitbringen und die Bilder ausdrucken lassen.“

Die Idee, mit Kunst in den öffentlichen Raum zu gehen, sei vor einem Jahr entstanden, sagte Frieder Bickhardt. „In den Kunstausstellungen trifft man ja immer die gleichen Leute. Für uns ist der Dialog mit den Döbelnern sehr wichtig. Die anstehende Landtagswahl spielt dabei eine Rolle.“ Frieder Bickhardt und Rafeal Brix, die beiden sind die Künstlergruppe Unofficial Pictures, haben mit Fotos ihren eigenen Blick auf die Eisenbahnstraße in Leipzig geworfen. „In den Medien wurde sie die gefährlichste Straße Deutschlands genannt. Die Polizei hat dort vor allem Migranten im Blick. Das ist klar rassistisch“, sagte Bickhardt.

Die Ausstellung „Kein schöner____in dieser Zeit“ ist bis 29. August auf dem Niedermarkt zu sehen. 

An diesem Freitag ist um 17 Uhr ein Zeitzeugengespräch zu Zwangsadoption geplant. 

Am Sonnabend beginnt um 15 Uhr der Fotoworkshop „Gewohnte Wege neu sehen“ und am Sonntag ist ab 15 Uhr der Foto-Rundgang „Stigmatisierte Orte“ geplant.