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Ein Auswanderer lädt ein

Wie der gebürtige Dresdner Bastian Müller die Deutschen für seine neue Heimat Bolivien begeistern möchte.

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© Christian Juppe

Von Henry Berndt

Alles begann in der U-Bahn in München. Dort traf Bastian Müller 2006 auf einen Bolivianer. Die beiden kamen ins Gespräch. Müller war zuvor selbst ein Dreivierteljahr durch Südamerika gereist – hatte Bolivien dabei aber nur gestreift. „Das stand noch auf meiner Liste“, sagt er. Zu dieser Zeit studierte der gebürtige Dresdner in München BWL. Seine Ausbildung zum Reiseverkehrskaufmann hatte er schon in der Tasche. Schon mit sieben Jahren hatte er Dresden mit seiner Familie in Richtung Westsachsen verlassen.

Ganz nah dran an wilder Natur: Im vergangenen Jahr besuchte Bastian Müller den Vulkan Irruputuncu. Was er touristisch anpreist, will er vorher auch selbst erkunden.
Ganz nah dran an wilder Natur: Im vergangenen Jahr besuchte Bastian Müller den Vulkan Irruputuncu. Was er touristisch anpreist, will er vorher auch selbst erkunden. © privat

Nun also München. Zeitweise. Die Begegnung in der U-Bahn warf seine Pläne nämlich komplett über den Haufen. Er schmiss das Studium, meldete sein Leben in Deutschland ab und zog bereits wenige Monate später nach Bolivien. Gemeinsam mit seinem neu gewonnenen bolivianischen Freund rief er ein touristisches Projekt ins Leben, bei dem Besucher seltene Einblicke in das Leben der südamerikanischen Ureinwohner in den Tiefen des Dschungels gewinnen konnten. „Vor allem die Nachhaltigkeit lag uns am Herzen“, sagt Müller. Da die Koka-Bauern die indigene Bevölkerung in Bolivien immer weiter zurückdrängten, wollte er mit seiner Arbeit den Ureinwohnern einen öffentlich sichtbaren Wert geben. „Sie waren sehr aufgeschlossen“, erinnert er sich.

Einige Touristen fanden bald darauf tatsächlich den Weg zu ihnen. Dennoch setzte sich das Projekt nicht durch. Zu seiner U-Bahn-Bekanntschaft hat Bastian Müller heute keinen Kontakt mehr. Zwischenmenschliche Differenzen. Zwei wichtige Dinge sind dem 37-Jährigen dennoch bis heute geblieben: seine große Liebe zu Bolivien und sein Enthusiasmus für einen Tourismus der etwas anderen Art.

Schon 2007 lernte Müller in Bolivien seine Frau kennen. Ein Jahr später heirateten die beiden. Heute hat das Paar zwei Kinder: den fünfjährigen Christopher und die anderthalbjährige Catalina. Die Familie wohnt im früheren Haus der Schwiegereltern in Cochabamba, der viertgrößten Stadt Boliviens, gelegen in einem Hochtal der Anden in 2 500 Metern Höhe. Etwa eine Stunde Autofahrt entfernt haben sie 2009 ein kleines Berghotel gebaut, um das sie sich das ganz Jahr über kümmern. Sicher kein Zufall: Der Bau erinnert von außen eher an eine romantische Hütte in den Alpen. „Bis jetzt wirft das Hotel aber noch nicht viel Geld ab“, sagt Müller. Es habe ja auch nur fünf Zimmer, und die Bolivianer hätten neben dem Sonntag eben auch nur den halben Samstag frei. „Wir planen aber gerade einen Ausbau, dann könnte es rentabler werden.“

Wenn Bastian Müller trotz der vollen Tage mal nach Deutschland kommt, dann will er entweder seine Eltern besuchen, die heute im Erzgebirge leben, oder er ist beruflich unterwegs. Am liebsten verbindet er beides, so wie diesmal. „Wir haben unseren Kindern zum ersten Mal das Weihnachtswunderland zeigen können.“

Neben dem Hotel hat sich Müller eine Reiseagentur aufgebaut und sich damit das Ziel gesetzt, Bolivien aus seiner touristischen Nische herauszuholen. Immerhin gebe es nicht viele Orte auf der Welt, an denen man so verschiedene faszinierende Landschaften erleben könne: Berge, Dschungel, Wüsten. Zu den bekanntesten Attraktionen des Landes zählt zweifellos der Salar de Uyuni, der größte Salzsee der Erde. Nicht zufällig betreibt Müllers Agentur auch hier ein Büro.

Vor allem für den deutschsprachigen Raum organisiert er Individual- oder Gruppenreisen, zum Beispiel für den Dresdner Reiseveranstalter Schulz Aktiv Reisen. Seit sechs Jahren ist er ihr Mann für alle Bolivien-Interessenten. Anfangs war er selbst Reiseleiter. Heute zieht er eher im Hintergrund die Fäden. Zu den Schulz-Reisetagen am kommenden Wochenende auf dem Messegelände ist Müller auch in diesem Jahr wieder mit einem Bolivien-Stand vertreten. Sehr gern würde er damit seinen Teil dazu beitragen, mehr Fans für seine neue Heimat zu gewinnen. „Bolivien ist ein sehr authentisches, ursprüngliches Land“, schwärmt er. „Noch vor Jahren war es eines der ärmsten in Südamerika. Heute gibt es deutlich mehr Stabilität.“ Ein Land zum Genießen. Ob als Gast – oder für immer.