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Ein bisschen Zaubern für die Fans

Patricia Nielitz aka. Kraft ist Fitness-Influencerin. Beim Fotoshooting auf dem Wohnzimmersofa erklärt uns die Dresdnerin, wie sie damit Geld verdient.

Von Henry Berndt
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Geburtstagsfoto mit Produktplatzierung: Fotograf Tom Heinke setzt Patricia Nielitz in ihrem Wohnzimmer für ihren Auftraggeber in Szene.
Geburtstagsfoto mit Produktplatzierung: Fotograf Tom Heinke setzt Patricia Nielitz in ihrem Wohnzimmer für ihren Auftraggeber in Szene. © Lisa Weidner

Eine riesige Laufmasche, ausgerechnet jetzt. Aber egal, auf dem Foto wird man die später sowieso nicht sehen. Und außerdem hat sie gerade keine andere Strumpfhose in dieser Farbe.

Wenn Patricia ihrer Oma erklären möchte, was sie beruflich macht, dann sagt die 26-Jährige meist so etwas wie: „Ich mach so was Ähnliches wie die Werbung im Fernsehen, nur viel spezieller.“ Und in diesem Internet. In Bildern und kleinen Texten auf ihrem Instagram-Profil erzählt Patricia Nielitz regelmäßig von ihrem Tag – und lässt dabei mal mehr und mal weniger deutlich bezahlte Werbung einfließen. Neudeutsch nennt man so jemanden: Influencer. Seit etwa einem Jahr ist das ihr Vollzeitjob.

Über 100.000 Abonnenten haben inzwischen ihren Kanal abonniert, und werden täglich mit den neusten Fotos versorgt. Meist ist Patricia Kraft, wie sie sich in dieser Welt nennt, darauf in Fitnesskleidung und in po-zentrierten Posen zu sehen.

Mal wirbt sie für Toyota, mal für Nike. Manche Auftraggeber lassen ihr viel Spielraum, andere fordern vertraglich, dass gewisse Wörter unbedingt mehrfach auftauchen. Letzteren Kunden versucht sie, wenn möglich, aus dem Weg zu gehen. Sie will ja selbst kreativ sein. Im Shooting heute soll das Bild für ihren Geburtstag entstehen. Dafür hat sie sich ihren liebsten Fotografen, Tom Heinke, zu sich nach Hause in ihre Wohnung in der Altstadt eingeladen.

Sie hat schon recht genaue Vorstellungen, wie das Bild aussehen soll. Schweben will sie, und zaubern, und gut aussehen natürlich. Wie immer. Als Geschenk an sich selbst möchte sie einem Helden ihrer Jugend nacheifern: Harry Potter. Sie kennt alle Bücher und Filme, sogar die Zauberstäbe der Filmfiguren hat sie in ihrem Zimmer. Den von Hermine will sie mit aufs Foto nehmen.

Im Bücherregal neben dem grünen Samtsofa steht Harry Potter neben dem Bürgerlichen Gesetzbuch. Es ist noch nicht all zu lange her, da arbeitete Patricia als Werksstudentin in der Rechtsabteilung eines Kommunikationsunternehmens. Zwischendurch versuchte sie, sich mit pinken Fitnessbändern selbstständig zu machen. Jetzt ist es die Werbung. Ihr Management hat sie an eine Firma in Berlin abgegeben, die ihr die Aufträge verschafft.

Heute, zum Geburtstagsposting, wird sie ganz spielerisch eine Dose Nahrungsergänzungsmittel anpreisen – und dafür vom Hersteller bezahlt werden. Also auf geht’s. Zunächst bespricht sie mit dem Fotografen den Aufbau des Bildes. Um ein paar Photoshop-Kunstgriffe werden sie dabei nicht herum kommen, denn im Schweben hat sie noch nicht so viel Erfahrung.

Also setzt sich Patricia im Schneidersitz auf einen weißen Hocker, der später unsichtbar werden wird. Der Hocker wiederum steht auf dem Sofa. Eine ziemlich wackelige Angelegenheit mit hohem Verletzungspotenzial. Aber: No Risk, No Money.

Die Dose, die sie über ihrer Hand schweben lassen will, hängt an einem Faden von der Decke. Es dauert eine Weile, bis jedes Detail so sitzt, dass sie zufrieden ist. Am Ende übrigens ganz ohne Strumpfhose. Jetzt sind Toms Fähigkeiten gefragt - und dann sieht das Bild so aus ...

In Patricias Bücherregal fällt derweil das gerade erschienene Buch „Wurzeln zu Blüten“ von Luise Morgeneyer ins Auge, die bislang als Kleinstadtcarrie eines der bekanntesten Gesichter in der hiesigen Influencer-Szene war. „Wir sind sehr gute Freundinnen“, sagt Patricia. Als Luise noch in Dresden wohnte, hätten sie viel Zeit miteinander verbracht. 

Seit Kurzem will Kleinstadtcarrie nicht mehr Kleinstadtcarrie sein und hat sich von der Werbeszene losgesagt. „Für diesen Schritt habe ich großen Respekt“, sagt Patricia. Letztlich müsse jeder für sich selbst diese Entscheidung treffen. Für sie heißt das: Werbung machen ist nicht verkehrt, solang jeder weiß, dass es Werbung ist. Und davon geht sie aus.

Einen Teil des Geldes, das sie gerade verdient, legt Patricia Nielitz zur Seite. Gern würde sie auch selbst mal ein E-Book herausbringen, das im besten Fall sogar mal zwischen Buchdeckeln gedruckt werden könnte. Auf jeden Fall soll es darin um Sport gehen. Und nicht um Döschen.

Wer Patricia Kraft mal persönlich treffen will, der hat bei der Karrierestart-Messe (18. - 20. Januar) in Dresden die Chance dazu. Am Freitag ab 13 Uhr beantwortet sie dort Fragen zum Thema: "Wie werde ich Influencer?"

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