Von Birgit Andert
Die Anwohner der Radebeuler Gröbastraße trauten am Freitag ihren Augen nicht: Als sie am Abend aus dem Fenster schauen, steht da in ihrem Garten, gleich neben dem Klettergerüst der Tochter, ein Elch. Mehrere Nachbarn haben sich bereits eingefunden und fotografieren eifrig mit ihren Handys. Als Jagdpächter Bodo Pietsch eintrifft, schüttelt er den Kopf: „Vorsicht, nicht so nah ran, das kann gefährlich werden“, ruft er. „Wenn so ein Elch die Ohren anlegt und losrennt, kann das tödlich sein.“ Pietsch selbst weiß seit einigen Tagen, dass ein Elch in der Gegend unterwegs ist, doch mitten in einer Radebeuler Siedlung?
Verzweifelt wählt der Jagdpächter eine Nummer nach der nächsten und versucht eine Genehmigung für einen Narkoseschuss zu bekommen. Er wird von einer Stelle an die nächste verwiesen, während der Elch im Garten beginnt, unruhig mit den Ohren zu wackeln. Mark Nitze von der Oberen Jagdbehörde folgt den Spuren des Elches seit ein paar Tagen. „Wir haben von mehreren Leuten gehört, die ihn gesehen haben“, erzählt er, „wussten aber bis heute nicht, wie alt er ist.“
Beim Anblick des jungen Elches zückt er gleich seine Kamera. „Es ist ein Elchbulle, zwei bis drei Jahre alt, und auf der Wanderung.“ Das Tier wird in keinem Gatter vermisst, ist also nicht ausgebrochen, sondern tatsächlich wildlebend. „Das hatten wir zum letzten Mal im Jahr 2008/2009, als der Elchbulle Knutschi in Sachsen unterwegs war“, sagt Mark Nitze.
Die Spuren des Radebeuler Elchs verfolgt er von Norden her, wo das Tier am 19. August die Autobahn A13 überquert hat. Vom 20. August stammen Spuren auf einem Acker in Moritzburg – und nun steht der Elch in Radebeul. Während der Jagdpächter Pietsch immer noch verzweifelt telefoniert, wird der Elch unruhig, springt durch den Pool des Gartens und verschwindet mit lautem Getöse durch die Gärten in Richtung Süden. Nur die Spuren auf einer Wiese zeugen noch von seiner Flucht.
Die Männer finden einen Abdruck, dort ist der Elch über einen 1,70 Meter hohen Zaun gesprungen, über die Bahngleise in Richtung Kaufland marschiert und dann laut Augenzeugen durch die Elbe auf die andere Uferseite nach Dresden-Stetzsch geschwommen. Die Kollegen der Dresdner Polizei haben sich dort an seine Fersen gehängt. „Es ist erstaunlich, wie glimpflich hier alles abging“, zeigen sich Pietsch und Nitze erleichtert. Außer einem verbogenen Tor und kleineren Schäden in den Gärten hatten alle ziemliches Glück. Wahrscheinlich ist das Tier Richtung Westen weitergezogen. Wer den Elch sichtet, soll sich an die Polizei wenden (110) oder die Beobachtungen melden unter: www.elch-sachsen.de
Am Montag wurde der Elch in einem Bürogebäude auf der Washingtonstraße gesichtet.