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Ein Freitaler für Kongo

Johannes Schmidt reist nach New York, um dort die Arbeit der UN nachzuspielen. Er vertritt ein Land, das er bisher nicht kannte.

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© PR

Von Tobias Winzer

Freital/Chemnitz. Es gibt Studenten, die verbringen ihre Semesterferien damit, ihr Konto mit Nebenjobs aufzubessern und etwas fürs spätere Berufsleben zu lernen. Andere nutzen die Zeit, um zu verreisen. Der Freitaler Johannes Schmidt, der an der Technischen Universität (TU) Chemnitz das Fach Europastudien studiert, macht irgendwie beides. Im März reist er nach New York, um dort an der weltweit größten Simulation der Vereinten Nationen (UN) teilzunehmen. Zusammen mit 5 500 anderen Studenten spielt er ab 18. März nach, wie Diplomaten die Interessen ihrer Staaten vertreten und um Kompromisse ringen. Die TU Chemnitz macht seit 14 Jahren bei der Simulation mit. In diesem Jahr schickt sie neben Johannes Schmidt noch 14 weitere Nachwuchs-Diplomaten nach New York.

Jede der teilnehmenden Hochschulgruppen vertritt dabei für fünf Tage einen der 193 Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen. Die Konferenz, die es seit 1952 gibt, findet teilweise im Hauptquartier der Vereinten Nationen statt.

Bei der Debatte müssen sich die jungen Diplomaten in die Position des jeweiligen Landes hineinversetzen, um zu außenpolitischen Themen die Interessen dieses Landes verteidigen zu können. Die Arbeit der UN soll so realitätsgetreu wie möglich simuliert werden. Dieses Jahr repräsentiert die TU Chemnitz das Herz Afrikas: die Demokratische Republik Kongo. Johannes Schmidt war zwar noch nie in dem Land, freut sich aber auf die Aufgabe. „Afrika steht in engen wechselseitigen Beziehungen zu Europa – und das nicht erst seit den jüngsten Flüchtlingsströmen“, sagt der 21-Jährige. „Afrika wurde über Jahrhunderte von außen bestimmt, weshalb ich es in einer Welt der gleichberechtigten Nationen wichtig finde, die afrikanische Perspektive einzunehmen.“

Johannes Schmidt besuchte die Geschwister-Scholl-Grundschule, bevor es ihn für das Abitur nach Tharandt an das Evangelische Gymnasium zog. Seine Leidenschaft für Politik und Diplomatie zeigte sich schon dort, denn als langjähriger Schülersprecher setzte er sich für die Belange der Schüler ein.

Auch Planspiele kennt er nicht erst, seit er sich auf die UN-Simulation vorbereitet. So nahm er schon zweimal am vom Landesschülerrat organisierten Planspiel „Sächsischer Landtag“ teil. Der Student gibt jedoch zu: „Die Konferenz mit weit über 5 000 Teilnehmenden aus der ganzen Welt ist da aber doch schon eine ganz andere Liga.“ Mit der Teilnahme an der Konferenz will der Freitaler das theoretisch erworbene Wissen seines Studiengangs erweitern: „Die Simulation bietet die einmalige Chance, das theoretische Wissen mit praktischen Erfahrungen auf der großen politischen Weltbühne zu kombinieren“, sagt er. „So kann ich globale Prozesse aus einer völlig neuen Perspektive betrachten.“ Genau dieses Hineinversetzen in andere Sichtweisen sei die besondere Herausforderung eines Diplomaten, so der Student, und das erfordere vor allem Geduld und Verhandlungsgeschick.

Bei der UN-Simulation wird er die Interessen des Kongos in Sachen Migration vertreten. In den vergangenen Wochen hat er sich mit dem Thema bereits vertraut gemacht. „Aufgrund der zahlreichen Konflikte, Aufstände und Vertreibungen, zum Beispiel aufgrund der Förderung von Bodenschätzen, ist die Demokratische Republik Kongo das Land, aus dem weltweit die sechstmeisten Flüchtlinge stammen“, sagt er. „Problematisch sind aber auch die Binnenflüchtlinge, die innerhalb des Landes Schutz suchen. Die Republik steht damit vor der Herausforderung, die grundlegende Versorgung und Unterstützung der Bevölkerung sicherzustellen.“

Nach dem Studium möchte Schmidt im Bereich der interkulturellen Zusammenarbeit weiterarbeiten: „Ich könnte mir gut den Bereich der Kulturdiplomatie oder die Entwicklungszusammenarbeit vorstellen.“ Aber auch die klassische Arbeit des Diplomaten sei nicht auszuschließen. „Die Konferenz bringt mich bei der Entscheidung für einen dieser Berufswege mit Sicherheit ein Stück weiter.“