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Lausitz Festival: Ein geschenktes Festival

Der Bund fördert mit vier Millionen Euro ein Kulturereignis, von dem in Dresden und Görlitz kaum einer was weiß.

Von Sebastian Beutler
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Das Lausitz Festival macht Schlagzeilen - wenn auch unerwünschte.
Das Lausitz Festival macht Schlagzeilen - wenn auch unerwünschte. © Paul Glaser/glaserfotografie.de

Von Sebastian Beutler

Als die Bundestagsabgeordneten im Haushaltsausschuss über die Görlitzer Stadthalle entschieden, war das nicht der einzige für die Lausitz wichtige Tagesordnungspunkt. Wenig später ging es um eine weitere Vorlage für die Region, und auch sie erhielt eine Mehrheit im Ausschuss. Demnach soll nächstes Jahr erstmalig ein „Lausitz“-Festival stattfinden, der Bund stellt vier Millionen Euro zur Verfügung. Mit dem Festival soll „Interesse an der Region geweckt und der Strukturwandel begleitet werden“, erklärt der Hamburger CDU-Abgeordnete Rüdiger Kruse, auf dessen Initiative der Beschluss getroffen wurde.

Warum aber kommt ein Hamburger Abgeordneter dazu, sich für die Lausitz zu engagieren? Der Schlüssel liegt in Kruses Kontakten zur Hamburger Sinfonie und zu Joshard Daus, der in Görlitz und Hamburg die Europa-Chor Akademie initiiert hat. Allerdings ist weithin unbekannt, wie das Festival aussehen soll. In der Beschlussvorlage des Bundestages heißt es, das Festival werde klassische Sparten und Formen berücksichtigen und mit neuen, in der Welt einzigartigen Ansätzen zusammenführen. Es gilt, neue Akteure für das Festival zu gewinnen und Synergien zu schaffen, auch um die Sichtbarkeit durch planvolle Kooperationen mit bekannten Künstlern zu befördern.

Echte Chance oder Kartenhaus?

Kruse sagt, dass die Kulturstiftung Sachsen den Vorschlag der Politik aufgenommen habe und als Träger des Festivals diene. Doch dort herrscht Unwissenheit. Der amtierende Direktor der Kulturstiftung Sachsen, Manuel Frey, erklärt gegenüber der SZ, auch gern mehr über das Festival erfahren zu wollen. Er kenne jedenfalls keine Details.

Der Sprecher von Sachsens Wissenschafts- und Kunstministerin Eva-Maria Stange kann ebenfalls nicht viel zur Aufklärung beitragen. „Wir haben auch davon gehört, wissen aber nichts Genaues“, teilt Andreas Friedrich auf SZ-Anfrage mit. „Es muss noch Gespräche geben mit dem mutmaßlichen Geldgeber und den nötigen Akteuren in der Lausitz, dem Kulturraum. Das alles wird aber noch einige Monate in Anspruch nehmen.“ Tatsächlich sagt auch der Görlitzer Landrat Bernd Lange als Vorsitzender des Kulturraumes, dass noch niemand mit ihm gesprochen habe.

Die Art und Weise der Initiierung dieses Festivals erinnert damit sehr an das „Dreiklang“-Festival. Vor knapp 20 Jahren hatte der Dresdner Pianist Arkadi Zenziper die Idee für ein Festival in der Oberlausitz. Er fand das Ohr des damaligen Wirtschaftsministers Kajo Schommer. 2001 wurde das „Dreiklang“-Festival aus der Taufe gehoben, sehr kurzfristig, sodass für die erste Auflage kaum touristische Werbung gemacht werden konnte. Auch wurde das Festival in die Region gedrückt, ohne sich mit den bestehenden Festivals in Hoyerswerda, Bautzen und Görlitz abzustimmen. Schon Anfang 2005 stellte der Freistaat seine Förderung ein, damit fiel das Kartenhaus zusammen. 2004 hatte das Fest knapp 5 000 Besucher.

Zuletzt lag die Verantwortung für „Dreiklang“ bei der Kultur- und Weiterbildungsgesellschaft des Landkreises Löbau-Zittau. Die Gesellschaft gibt es immer noch, jetzt für den gesamten Landkreis Görlitz. Deren Geschäftsführer Peter Hesse weiß auch nichts von dem neuen Festival. Aber er weiß um die Erfolgskriterien einer solchen Veranstaltung und sagt daher: „Ein von außen initiiertes, mit viel Geld aufgeputschtes Festival hat nur dann auf Dauer Erfolg, wenn es in der Region Akzeptanz findet und die Akteure einbindet.“

Möglicherweise soll dieses Lausitz-Festival auch ein Vorläufer für ein Projekt sein, das die Hamburger Symphoniker jetzt ankündigen. Dabei soll Görlitz Zentrum einer neuen Chor-Orchester-Bewegung werden. Im Mittelpunkt steht die Europa-Chor-Akademie von Joshard Daus. Um das Gesamtkonzept verwirklichen zu können, sei auch eine zügige Wiederherstellung der Stadthalle nötig.

Für diese Via-Regia-Konzerthalle, so heißt es in einer Pressemitteilung von Mitte Juli der Symphoniker, „ist etwa ein drei bis vier Wochen umfassendes Festival in den Sommermonaten mit nationaler wie europäischer Ausstrahlung geplant“. Bemühungen, damit die Schlesischen Musikfeste wiederzubeleben, bestätigt auch der Görlitzer Bürgermeister Michael Wieler gegenüber der SZ.

Doch erst einmal muss die Europa-Chor-Akademie ihre Geldgeber von ihrer künstlerischen Qualität überzeugen. Das Bundeskulturministerium wird in Absprache mit dem Freistaat die Akademie wie geplant überprüfen. Das Ergebnis, so erklärt eine Sprecherin von Bundeskulturministerin Monika Grütters, ist dann die Grundlage einer weiteren Finanzierung ab 2019.

Zwar hatte die Europa-Chor-Akademie einen langfristigen Zuschuss im Haushaltsausschuss des Bundes zugesprochen bekommen, doch die Gelder ab 2019 hatte das Bundeskulturministerium bis zur Überprüfung blockiert.