Von Sebastian Münster
Diesbar-Seußlitz. Wenn Touristen die Sächsische Weinstraße entlang reisen, dann sehen sie vor allem idyllische Fotomotive und Elbromantik. Wenn Jan Ulrich seine Terrassen hinaufblickt, dann sieht er vor allem Arbeit. „Das sieht immer so wenig aus, wenn man so einen Weinberg sieht. Aber was da alles dranhängt!“, sagt der Winzer.
Tauschen würde er seinen Job heute trotzdem nicht mehr. „Für mich war immer klar, dass ich draußen arbeiten will“, erinnert sich der Diesbarer. Im damaligen Staatsbetrieb Weinbau Radebeul begann er seine Winzerausbildung. Noch bevor er sie beenden konnte, fiel die Mauer. So kam es, dass der Lehrling 1990 für seine weitere Ausbildung ins fränkische Kitzingen am Mainufer gehen konnte. Dort hat er die Kellerwirtschaft erlernt, also unter anderem das Keltern. Das hatten zu DDR-Zeiten noch die Weinküfer übernommen.
Mit der fränkischen Weinregion verbunden
Im November 1991 kam Jan Ulrich zurück und pachtete seine ersten Flächen in Diesbar. Die Terrassen hatte bis zur Wende die LPG bewirtschaftet. Schon 1992 gründete der Jungwinzer den Betrieb, den er bis heute mit seiner Frau Carola führt. Auch mit der fränkischen Weinregion ist Jan Ulrich bis heute verbunden. Vom Volkacher Winzer Carl Klein kaufte er damals seine erste Presse. Mit ihm arbeitet Jan Ulrich bis heute zusammen.
Dabei wollte er ursprünglich Wald statt Wein. „Eigentlich wollte ich Förster werden“, erinnert er sich. Doch es kam anders. Zu DDR-Zeiten war ein beinahe perfekter Notenschnitt für den Försterberuf gefragt. Den hatte Jan Ulrich damals nicht. Dass er trotzdem nicht auf den Kopf gefallen ist, wird aber schnell klar, wenn man mit ihm über den Weinanbau spricht.
„Es war Fünf vor Zwölf“
Die lange Dürre und große Hitze in diesem Jahr hätte Jan Ulrichs Wein beinahe zu stark zugesetzt. „Es war fünf vor Zwölf“, sagt er. Zum Glück aber kam nun lang anhaltender, gemächlicher Regen. Mehr kann sich ein Winzer nicht wünschen. „Das ging alles in den Boden“, sagt Ulrich freudestrahlend. Die Ernte – Ulrich bewirtschaftet rund 12 Hektar – sie wird ihn in diesem Jahr zufrieden stellen. Momentan werden die Solaris-Reben geerntet. Im September folgt der Goldriesling. Federweißer wird es aber von der diesjährigen Ernte keinen geben, wenn Jan Ulrich am letzten Augustwochenende seine Türen für den Tag des offenen Weingutes aufschließt. Alternativgetränke gebe es für die Besucher aber genug. Im vergangenen Jahr waren das 400 Leute. Das Wochenende zelebrieren die Ulrichs wie ein kleines Volksfest: mit Livemusik, Weinproben und kulinarischen Kleinigkeiten.
Das Interessanteste dürfte für die Besucher aber der Blick hinter die Kulissen sein. Die Ulrichs wandern mit den Weinfans zum Tag des offenen Weingutes über ihre Terrassen und erklären die Technologie der Weinproduktion, die heute wenig mit der Vorstellung Vieler zu tun hat.