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Ein Orden für die Görlitzer Kirchenmusik

Reinhard Seeligers langjähriges Engagement wurde jetzt mit der höchsten sächsischen Auszeichnung belohnt. Vor allem wegen seines Einsatzes für die Sonnenorgel.

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© Pawel Sosnowski/pawelsosnowski.c

Von Ines Eifler

Görlitz. Der Görlitzer Kirchenmusikdirektor Reinhard Seeliger hat am Dienstagnachmittag den Sächsischen Verdienstorden überreicht bekommen. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer verlieh ihm damit die höchste Auszeichnung, die man im Freistaat erlangen kann.

Herr Seeliger, was bedeutet Ihnen dieser hohe sächsische Orden?

Die Urkunde werde ich mir sicherlich einrahmen. Ich habe aber erst einmal im Internet nachsehen müssen, was der Orden überhaupt bedeutet, und muss mich nun damit beschäftigen, bei welchen Gelegenheiten ich ihn tragen muss. Ich freue mich natürlich sehr darüber, dass die Arbeit für die Görlitzer Kirchenmusik auf dieser hohen Ebene honoriert wird. Meine Aufgaben als Kantor der Innenstadtgemeinde und als Leiter des Bachchors sind allerdings mein Job. Diese Arbeit wird bezahlt; man macht sie nicht, um einen Orden zu bekommen.

Sie engagieren sich in außergewöhnlichem Maße für die Kirchenmusik in Görlitz, heißt es in der Begründung.

Gemeint ist damit sicher vor allem der Einsatz für die Sonnenorgel, die ja zu einem bedeutenden Touristenmagnet unserer Stadt geworden ist. Dafür Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben, Konzerte und Orgelpräsentationen sowie den „orgelpunkt 12“ zu veranstalten, ist mir aber ebenfalls nur durch meine Position bei der Evangelischen Innenstadtgemeinde möglich. Insofern ist es auch eine Auszeichnung für die Gemeinde und die Menschen, die sich mit mir gemeinsam für die Sonnenorgel einsetzen. Da ich drei Leute nach Dresden mitnehmen durfte, waren sie am Dienstag auch dabei.

Wen haben Sie mitgenommen und wie war dieser Festakt in der Fürstengalerie des Residenzschlosses für Sie?

Schön war es, sehr festlich, zwischen den Porträts und Büsten der sächsischen Könige. Meine Kollegin Ruth-Andrea Lammert war natürlich dabei, Sabine Hanslik und der Cottbuser Hornist Manfred Dippmann, mit dem ich sehr viele Benefizkonzerte gemeinsam gespielt habe. Insgesamt wurden 17 Leute ausgezeichnet, unter anderem ein 96-jähriger Holocaust-Überlebender aus Prag. Nach Menschen, die sich im Sozialen, in der Wirtschaft, der Wissenschaft und im Sport engagieren, kamen zuletzt die Kulturschaffenden an die Reihe: die Intendantin des Theaters Junge Generation und ich.

Ist Ihnen der Ministerpräsident in Dresden anders begegnet als in Görlitz?

Nein, Michael Kretschmer war genauso verbindlich wie immer. Ich glaube, er war froh, an diesem Abend eine schöne Botschaft verkünden und sich damit kurz von den Problemen erholen zu können, die er gerade in Sachsen bewältigen muss.

Haben Sie die staatliche Auszeichnung der Kirchenmusik eigentlich als eine Art Kehrtwende empfunden im Vergleich zu vor 1989? Die Arbeit Ihres Vorgängers Rolf Lammert wurde in der DDR ja eher geduldet als belohnt.

Das stimmt. Man hat ihm zum Beispiel die Mitwirkung des Görlitzer Theaterorchesters bei den Konzerten des Bachchors verweigert, die Stadthalle blieb ihm für Aufführungen verschlossen und für Plakate war das Papier streng limitiert. Aber als ich 1994 die Leitung der Hochschule für Kirchenmusik und 1996 die des Bachchors übernahm, lagen mir schon keine Steine von staatlicher Seite mehr im Weg. Ich empfand die Kirchenmusik in der DDR – ich habe in Weimar studiert – eher als einen Raum großer Freiheit. Kirchenmusiker waren zwar schlecht bezahlt, aber in aller Regel anerkannt.

Glauben Sie, dass Ihr Orden für die Weiterentwicklung der Kirchenmusik in Görlitz etwas bewirken kann?

Das würde ich mir wünschen. Widerstände gibt es ja kaum. Im Gegenteil, mit unseren Vorhaben und Plänen rennen wir eher offene Türen ein. Die Freunde der Kirchenmusik freuen sich schon auf die Görlitzer Bachwoche ab 28. September mit Orgelpunkten und Konzerten unterschiedlicher Couleur sowie der Aufführung der h-Moll-Messe durch den Bachchor. Dafür ist es gleich, ob ich einen Orden trage oder nicht. Insgesamt wäre eine stärkere finanzielle Unterstützung durch die Stadt Görlitz schön, aber dabei wird ein Orden sicher nicht helfen können.