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Ein Pfarrer auf Erkundungstour

Die Gemeinden rund um den Geisingberg haben einen neuen Seelsorger. Der weiß, wie sich die Region erschließen lässt.

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© Egbert Kamprath

Von Maik Brückner

Altenberg. Berührungsängste hat David Keller nicht. Wo es sich anbietet, versucht der junge Mann, mit anderen Menschen ins Gespräch zu kommen. Gelegenheiten dazu gibt es jede Menge: Hochzeiten, Beerdigungen, Taufen. David Keller ist nämlich Pfarrer. Vor wenigen Tagen trat er seinen Dienst in Altenberg an. Es ist seine erste Pfarrstelle. Neu sind ihm die nun anstehenden Aufgaben nicht. Keller hat im niedersächsischen Krelingen, in Mainz, Prag und Leipzig Theologie studiert und in den letzten Monaten vor dem Wechsel ins Osterzgebirge sein Vikariat, eine Art praktische Pfarrerausbildung, in Großhennersdorf bei Herrnhut erfolgreich absolviert.

Der dortige Pfarrer war zugleich sein Mentor. „Von ihm konnte ich einiges lernen“, sagt der 34-Jährige. Eines war, dass man als Pfarrer immer die Begegnung mit den Menschen suchen soll. Und das tut er. Er besucht die Mitglieder seiner Kirche, kommt, wenn sie es wünschen auch ohne einen Anlass einer Feier. Und sein Mentor gab ihm noch eins auf den Weg: Sich mit der Region beschäftigen, in der man tätig ist. Das hilft, die Menschen zu verstehen. Und auch diesem Rat ist der junge Mann gefolgt. Er hat sich gleich nach seinem Einzug ins Pfarrhaus Anfang September Chroniken und Festschriften besorgt und mit Interesse zu lesen begonnen. „Früher lebten die Leute hier vom Bergbau und von der Forstwirtschaft“, sagt er. Das Wissen darum sei hilfreich, wenn er Familien in seinem neuen Wirkungskreis besucht.

„Viele der Männer haben im Bergbau gearbeitet“, erzählt er nach den ersten Treffen. Nun sei der Tourismus dazu gekommen. Auch den möchte der Pfarrer kennenlernen. „Ich habe mich einer Führung von Herrn Bodrich angeschlossen, der uns die Pinge gezeigt hat“, erzählt er. Auch die Bobbahn hat sich der Neu-Osterzgebirgler bereits angeschaut. Er sei überrascht gewesen, dass die Anlage so groß ist. Er hätte nie gedacht, dass man zwei Stunden braucht, um sie zu besichtigen. Erstaunt war er auch, dass hier so viele internationale Wettkämpfe ausgetragen werden. Das sei ihm so nicht bewusst gewesen, sagt er. Denn in Bautzen, wo er aufwuchs, sei Bob- und Rennrodelsport nicht so populär wie im Osterzgebirge. Von der Mentalität unterschieden sich die Leute hier wie da nur wenig. „Nicht nur in der Oberlausitz ist man heimatverbunden, sondern auch hier“, stellte er schon fest. Allerdings sind die Kirchgemeinden in seiner Heimat größer als die hiesigen. Engagierte Mitstreiter gibt es aber hier wie da. Und sie sind freundlich: „Ich wurde hier sehr warmherzig aufgenommen“, erzählt er. Auch seiner Frau gefalle es hier. Denn in Altenberg wohnt sie nah an ihrer Heimat – sie stammt aus Tschechien. Deshalb versuchte David Keller auch, Kontakte ins Nachbarland zu knüpfen. Vor wenigen Tagen besuchte er den evangelischen Pfarrer in Teplice (Teplitz), um ihn kennenzulernen.

Bisher gibt es noch keine Partnerschaft zu den Glaubensbrüdern jenseits der Grenze. David Keller kann sich vorstellen, dass diese entstehen könnte. In der südlichen Oberlausitz gibt es solche. Ob sich hier so etwas etablieren kann, soll sich zeigen. In den nächsten Wochen möchte er mit seinen Kirchenvorständen die kleine Gemeinde in Teplice besuchen. Bis dahin möchte er sein neues Gemeindegebiet weiter kennenlernen. In Oberbärenburg, Zinnwald und Schellerhau hat er schon Gottesdienste gehalten. Auch Liebenau, Lauenstein und Geising kennt er schon. „Am 8. Oktober werde ich meinen ersten Gottesdienst in Fürstenwalde halten“, erzählt der junge Mann. Obwohl er schwerpunktmäßig für die Gemeinden Schellerhau und Altenberg zuständig ist, wird er im kommenden Jahr auch für die östlich vom Geisingberg befindlichen Gemeinden Lauenstein-Liebenau, Geising und Fürstenwalde-Fürstenau der Ansprechpartner sein, weil Pfarrer Markus Großmann Geising verlassen wird.

In den vielen Gesprächen ist David Keller schon eins aufgefallen: Die Flüchtlingsfrage bewegt hier viele Leute. Auch in den Gemeinden hat das die Menschen getrennt. Es gibt diejenigen, die den Flüchtlingen helfen. Und er hat auch die kennengelernt, die Angst vor zu viel Einwanderern haben. Mit seinen Gesprächen möchte Keller dazu beitragen, dass sich die Christen, aber auch alle anderen Menschen trotz ihrer unterschiedlichen Auffassungen zumindest respektieren.