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Ein Schlossherr gibt sich die Ehre

Nur einmal im Jahr ist das Schloss Helmsdorf offen. Der Besucherandrang war deshalb auch riesig.

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Von Anja Weber

Die Besucherschlange vor der schweren Schlosstür reißt nicht ab. Ist eine Gruppe fertig, darf die nächste rein. Bis zu einer Stunde hieß es deshalb für die Gäste: warten. Und die harrten geduldig aus, bevor sie ihre zwei Euro für eine Schlossführung bezahlen durften.

Schlossherr Fritjof Allwardt steht im großen Festsaal und erklärt den Besuchern unablässig die Geschichte des Bauwerks, erzählt von seinen Plänen, Visionen.

Im Rahmen der SZ-Antik-Schlössertour hatte er einige Räume wieder für Gäste geöffnet. Und die kamen zu Hunderten, um zu sehen, was sonst verborgen bleibt, einige schienen enttäuscht, hatten sich vielleicht mehr Prunk und frisch sanierte Räume erhofft. Andere waren zufrieden, weil sie doch endlich einmal hinter die Kulissen von Schloss Helmsdorf schauen konnten.

1999 hat der gelernte Schiffs- und Maschinenbauingenieur aus Berlin das Areal gekauft, als Totalruine, wie er sagt. Nach und nach soll das Schloss nun saniert werden. Einfach scheint das nicht, angesichts der rund 5 500 Quadratmeter Wohnfläche im gesamten Haus. Und so ist wohl auch zu erklären, dass manche Besucher auf viel Bekanntes gestoßen sind, auch wenn sie das Haus 1995 das letzte Mal betreten haben. Annelies Ahrendt aus Stolpen ist eine von ihnen, „Hier hat sich fast nichts verändert“, sagt sie. Am großen Tisch im hinteren Eck hätten sie immer gesessen. Der Tisch sei noch der gleiche, möglicherweise auch die Stühle, kann sie sich erinnern.

Zu DDR-Zeiten war das Schloss ein öffentliches Haus. Jugendweihefeiern wie auch Silvesterfeten gab es hier, erzählt sie. „Ein bissel schöner hätte man die Räume wohl herrichten können und vielleicht auch einmal putzen“, sagt Annekathrein Richter, eine andere Besucherin. Die Dresdnerin geht mit einem Fotoapparat bewaffnet von Raum zu Raum, fängt die angerissenen Tapeten an den Wänden genauso ein wie Plastiktüten und losen Putz, der auf dem Boden liegt, silbernes Besteck, stilvolles Porzellan und silberne Leuchter. „Schließlich sieht man ja nicht alle Tage so ein großes Sammelsurium von DDR-Flair bis hin zu afrikanischer Geschichte“, sagt sie. Es scheint tatsächlich so, als ob der Schlossherr so viel wie möglich an herrschaftlichen Dingen gesammelt habe, um sie hier zu präsentieren. Einiges davon sind Mitbringsel von seinen Reisen, andere sicherlich auch auf Trödelmärkten gekauft.

Und so findet sich ein edles Ölgemälde neben einem einfach mit einer Stecknadel an die Wand gepinnten Kunstdruck. In den schweren hölzernen Vitrinen stehen verschiedenste Figuren und Döschen aus Porzellan und Holz. Daneben liegen verblichene künstliche Blumen. Das Parkett knarrt unter jedem Schritt, stellenweise wölbt es sich nach oben. Monströse Kronleuchter, zum Teil noch aus DDR-Zeiten stammend, geben den Räumen dann doch etwas Herrschaftliches. Auch in den Bücherregalen im Saal scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. DDR-Literatur überwiegt. Daneben steht ein Kamin. Angekohlte dicke Holzbohlen und der Grillanzünder neben dem Kamin scheinen davon zu erzählen, dass hier hin und wieder auch angefeuert wird. Denn im Schloss ist es eiskalt.

„Aufgrund der Größe können wir nicht alle Räume heizen“, sagt Allwardt fast entschuldigend. Immer wieder ist er darauf bedacht, dass die Besucher das Absperrband in der ersten Etage nicht überschreiten. Was sich in den Räumen dahinter verbirgt, sollen sie nicht zu Gesicht bekommen. Doch was sie sehen, sieht nach reichlich Arbeit für die nächsten Jahre aus. Denn dass es noch viel zu tun gibt, ist den Besuchern wohl nicht verborgen geblieben. Trotzdem sei der Besuch im Schloss ein Erlebnis gewesen, sagt Annelies Ahrendt.