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Ein Testkauf bei Aldi

Der Discounter will sich in Neugersdorf vergrößern. Ist das wirklich nötig? Ein Rentner hat es für die SZ getestet.

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© Matthias Weber

Von Romy Kühr

Gleich am Eingang macht Siegfried Fröhnel die erste erfreuliche Entdeckung. „Hier ist richtig viel Platz, das Drehkreuz ist weg“, stellt er fest, als er mit dem Einkaufswagen die Eingangstür des Aldi-Marktes in Neugersdorf passiert. Tatsächlich, die Schleuse, die man von vielen anderen Supermärkten und Discountern kennt, ist demontiert. Statt den Einkaufswagen durch die Absperrung und sich selbst durchs Drehkreuz zu manövrieren, kann man bequem durchlaufen. „Eine prima Sache“, findet Siegfried Fröhnel. „Gerade für ältere Menschen war das manchmal etwas umständlich.“

Der Rentner aus Ebersbach erledigt hin und wieder seinen Einkauf bei Aldi in Neugersdorf. Diesmal ist er aber in besonderer Mission unterwegs. Er testet, wie es sich in dem Markt einkauft. Denn Aldi möchte sich erweitern – nicht nur in Neugersdorf – und begründet das damit, dass die alten Märkte nicht mehr den modernen Anforderungen entsprechen. Breitere Gänge und niedrigere Regale sind Kriterien, die Läden heutzutage erfüllen sollen. Das soll vor allem älteren Kunden ermöglichen, alle Waren unkompliziert zu erreichen und so bequemer einkaufen zu können. Doch die Erweiterungspläne stoßen in Neugersdorf auf Kritik.

Das wurde in einer Anwohnerversammlung deutlich. „Wir brauchen keinen größeren Aldi“, hieß es da vielfach. Denn der Umbau hätte Folgen für das gesamte Wohngebiet um die Goethestraße und Spreequellstraße. Durch die Erweiterung der Verkaufsflächen müssten auch mehr Parkplätze zur Verfügung gestellt werden. Dafür ist aber auf der Fläche kein Platz mehr. Also lässt sich das nur mittels eines Parkhauses realisieren. Eins mit zwei oder drei Parkebenen sehen die Umbaupläne vor.

Ob es sich derzeit tatsächlich jetzt so unbequem einkauft und dringend vergrößert werden muss, wollte die SZ aus Kundensicht ausprobieren. Siegfried Fröhnel machte für die SZ deshalb den Einkaufstest im Neugersdorfer Aldi. Der breite Eingangsbereich schneidet also schon mal positiv ab. Weiter geht‘s zu den Kaltgetränken wie Limo oder Wasser. Die stehen auf Paletten auf dem Fußboden und müssen von dort in den Einkaufswagen gehievt werden. Einfacher geht da Tee kaufen. Der ist in den Regalen gegenüber platziert. „Da kommt man auch ganz oben problemlos ran“, stellt Siegfried Fröhnel fest. Und das, obwohl der Rentner durch eine Erkrankung in den letzten Jahren etwas kleiner geworden ist, wie er erzählt. Die Regale seien alle so niedrig, dass man sogar aus der sitzenden Position in einem Rollstuhl heraus an die Waren rankäme, sagt Fröhnel. „Und wenn man wirklich mal Unterstützung braucht, sind hier immer nette Mitarbeiter, die helfen.“

Ein bisschen knifflig wird‘s schließlich doch noch: An den „Wühltischen“ im Mittelgang geht es eng zu. Hier gibt‘s Sonderangebote und Nützliches für den Haushalt. Schnäppchenjäger drängeln sich an den Auslagen, man muss auch mal den einen oder anderen Wagen zur Seite schieben, um durchzukommen. Breit genug, dass zwei Einkaufswagen aneinander vorbei passen, sind die Gänge aber. „Und wenn der Einkaufswagen durchpasst, sollte es auch mit einem Rollator oder Rollstuhl kein Problem sein“, sagt Siegfried Fröhnel. „Der ist ja auch nicht breiter.“ Sein Fazit deckt sich deshalb mit den Ansichten vieler Anwohner: „Der Markt ist völlig in Ordnung und ausreichend.“

Aldi beruft sich jedoch bei seinen Um- und Neubauplänen immer wieder auch auf die älter werdende Bevölkerung, die es beim Einkauf angenehmer haben soll. Auch in Ebersbach und Oppach sind deshalb neue Märkte beziehungsweise Erweiterungen geplant. Sein Konzept genauer vorstellen wollte der Discounter jedoch trotz mehrmaliger Nachfrage der SZ bisher nicht. Nach Auskunft von Eckhard Unruh, Miteigentümer des Spreequellcenters in Neugersdorf, bei dem Aldi eingemietet ist, geht es bei der Aldi-Erweiterung vor allem um größere Lagerflächen. Das hatte er in einer Anwohnerversammlung erklärt. Bei dieser Veranstaltung hatten die Eigentümer des Centers die Erweiterungspläne erläutert. Er sehe sich veranlasst das Center zu vergrößern, um Aldi als Mieter nicht zu verlieren, so Unruh. Das würde auch eine Lücke in die große Dichte der Einkaufsmärkte im Oberland reißen.

Rentner Siegfried Fröhnel wohnt im Oberland am Hofeweg. Er ist mobil, kann selbst mit dem Auto einkaufen fahren. Viele andere Senioren könnten das nicht mehr, sagt er. Für sie sei es wichtig, eine Einkaufsmöglichkeit im Ort zu haben – so wie den Aldi in Neugersdorf. Das war auch die Idee von Eckhard Unruh, als er mit einem Partner kurz nach der Wende das Einkaufszentrum baute. „Wir wollten einen Einkaufsmarkt im Zentrum anbieten, nicht auf der grünen Wiese“, erklärt er. Zu diesem Konzept steht er nach wie vor.