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Ein Wehr sorgt für Kopfschütteln

Der Denkmalschutz möchte die Grumbacher Anlage erhalten. Viele können das nicht verstehen.

Von Maik Brückner
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Der Mühlgraben ist längst zugeschüttet. Übrig blieb die Schieberanlage, an der Ortsvorsteher Steffen Fache steht.
Der Mühlgraben ist längst zugeschüttet. Übrig blieb die Schieberanlage, an der Ortsvorsteher Steffen Fache steht. © Andreas Weihs

Das Grumbacher Wehr ist schon etwas Besonderes. Es ist das einzige im Dorf und Namensgeber für eine kleine Anliegerstraße. Allerdings befindet sich die Anlage nicht im besten Zustand. Das meint auch Ortsvorsteher Steffen Fache. Es sieht so aus, als ob sich seit Jahren niemand darum gekümmert hat. Der Schieber ist verrostet und die Staumauer mit Moos bedeckt. Der Mühlgraben wurde schon vor längerer Zeit zugeschüttet. „Hier ist es ein bisschen gefährlich, vor allem für kleine Kinder, die hier gern spielen“, sagt Fache. Allerdings ist er skeptisch, dass sich hier in nächster Zukunft etwas tun wird.

Am Grumbacher Wehr wurde die Wilde Sau angestaut, um Wasser zur Sparmannmühle abzuleiten.
Am Grumbacher Wehr wurde die Wilde Sau angestaut, um Wasser zur Sparmannmühle abzuleiten. © SZ/Maik Brückner

Diesen Eindruck gewann er kürzlich bei einem Treffen in der Stadtverwaltung. Hier sollte eigentlich geklärt werden, wie die Stelle neu gestaltet werden soll. Denn Wilsdruff wollte das Wehr als sogenannte Ausgleichsmaßnahme abreißen. Im Gegenzug erhoffte sich die Stadt grünes Licht für den Bau eines Rückhaltebeckens oberhalb des Grumbacher Oberdorfes. Doch in der Sitzung kam man zu keiner Lösung, sagt Fache. Und das bestätigt auch Wilsdruffs Bauamtsleiter André Börner. Die Fachämter des Landratsamtes brachten verschiedene Bedenken vor. So wiesen die Denkmalschützer darauf hin, dass das Wehr unter Denkmalschutz stehe und erhalten werden müsse.

„Wehr ist keine Besonderheit“

Börner kann das nicht nachvollziehen. Der Beigeordnete des Landrates, Heiko Weigel, erklärt auf SZ-Nachfrage, wie es zu der Einstufung gekommen ist. Demnach gehört dieses Wehr als „wassertechnische Anlage“ zur Sparmannmühle. Dieser in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhundert errichtete Gebäudekomplex sei ein Technisches Denkmal, weil es ortsbildprägend sei und eine ortshistorische Bedeutung habe. Als Kulturdenkmal wurden Mühle und Wehr in den 1990er-Jahren vom Landesamt für Denkmalpflege Sachsen eingestuft. Das sei kein Einzelfall, so Weigel. Auch die Wehre der Illing- und Weicheltmühle in Hartmannsdorf-Reichenau, der Neumannmühle im Kirnitzschtal und der Herklotzmühle in Hermsdorf stehen unter Denkmalschutz. Das Grumbacher reiht sich da ein.

Allerdings: „Eine Besonderheit dieses Wehres im Vergleich zu anderen Wehren kann nicht festgestellt werden“, sagt Weigel. Das dürfte die Wilsdruffer aufhorchen lassen. Denn in der Beratung hatten sie andere Töne vernommen. Ortschef Fache kann sich noch an einen Satz erinnern. Man könne doch nicht alles Alte abreißen. Im Grunde sehe er das auch so. Doch bei diesem Wehr teilt er die Einschätzung nicht. Und nun gab es auch im Landratsamt ein Umdenken. Denn offenbar werden die Belange des Denkmalschutzes nun hinter die des Naturschutzes gestellt.

Der Ortschef Steffen Fache sorgt sich vor allem um den Zustand der Böschung kurz vor dem Wehr. Diese ist ausgespült und müsste unbedingt saniert werden.
Der Ortschef Steffen Fache sorgt sich vor allem um den Zustand der Böschung kurz vor dem Wehr. Diese ist ausgespült und müsste unbedingt saniert werden. © Andreas Weihs

Weigel erinnert an eine Vorgabe der Europäischen Union, wonach bis 2027 alle europäischen Flüsse so verändert werden müssen, dass sie für Fische und andere Wasserlebewesen durchgängig sind. „Insofern ist jeder Wehrrückbau zu begrüßen“, so Weigel. Und auch die Experten des Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie in Pillnitz halten die Durchgängigkeit für wichtig. Denn die sichert den Fischen den lebensnotwendigen Ortswechsel , erklärt Pressesprecherin Karin Bernhardt. Denn diese Tiere nutzen in verschiedenen Lebensphasen unterschiedliche Aufenthaltsorte. In der Wilden Sau leben derzeit zehn unterschiedliche Fischarten, unter anderem die Bachforelle, der Gründling, der Flussbarsch und die Plötze.

In Wilsdruff dürfte man sich über diese Einschätzung freuen. Schließlich klang das in der besagten Sitzung noch ganz anders. Börner und Fache hatten den Eindruck, dass die Fachämter den Wilsdruffern nur erklärten wollten, was nicht gehe. Das sei frustrierend gewesen, sagt Fache. Er fragte sich, ob Wilsdruff ausgebremst werden sollte. Die Grumbacher fänden es schade. Denn nicht nur das Wehr soll abgerissen werden. In diesem Zuge sollte auch die Böschung entlang der Wilden Sau im Bereich der Straße „Am Wehr“ erneuert werden. Hier sieht Fache noch größeren Handlungsbedarf, weil der Bach die Böschung ausgespült hat. Das Geländer entlang der Straße steht krumm und schief da. „Uns haben die Planer erklärt, dass das Ufer um 30 Zentimeter erhöht werden müsste“, erklärt Fache. Nur so könnte gesichert werden, dass die Wilde Sau beim nächsten großen Hochwasser im Bereich der Straße Am Wehr nicht wie bei der Jahrhundertflut 2002 über das Ufer tritt. Deshalb sollte hier etwas passieren. Das wird offenbar. Wilsdruff arbeitet nun daran, die Genehmigung für den Abbruch einzuholen.

© Grafik: SZ