Merken

Ein Wiedersehen mit Peter Schreier

Als Erika Hölzig den Star-Tenor 1945 in Constappel hörte, war sie ein junges Mädchen und er noch ein Kind. Davon möchte sie ihm zu gern am Donnerstag erzählen.

Teilen
Folgen
© Norbert Millauer

Von Ulrike Keller

Coswig. Seit Tagen treibt Erika Hölzig aus Sörnewitz ein immer näher rückender Termin um. Am Donnerstagabend ist ein Grandseigneur zu Gast in der Coswiger Börse, deren Wirken sie seit 70 Jahren aus der Ferne verfolgt: Peter Schreier.

Ihr Interesse geht auf einen Sommertag im Jahre 1945 zurück. Sie ist ein junges Mädchen damals und bei einem Bauern im Gauernitzer Ortsteil Constappel angestellt. Die Tochter des Landwirts vertritt vorübergehend den dortigen Kantor, Kantor Schreier. Überraschend bringt sie mittags dessen zehnjährigen Sohn Peter zum Musizieren in der Stube mit. Erika Hölzig hat gerade in der Küche zu tun und bekommt den zu der Stimme gehörenden Jungen nicht einmal zu Gesicht. „Aber ich weiß noch: Ich musste ganz leise sein“, sagt die 85-Jährige. „Es war schon bekannt, dass er im Kreuzchor singt und was drauf hat.“

Von all dem würde sie Peter Schreier zu gern einmal persönlich erzählen. Ob dies am Donnerstag am Rande des Konzerts möglich wird, hängt davon ab, ob der 80-jährige Weltstar es einzurichten vermag.

Die Gelegenheit ist in jedem Falle einmalig. Karten zu 15 Euro und obendrein für einen guten Zweck. Denn die Veranstaltung bildet den Abschluss einer Benefizkonzert-Reihe der Initiative Coswig – Ort der Vielfalt. Die Einnahmen dienen den 160 Ehrenamtlichen als finanzielle Grundlage, um auch in Zukunft kontinuierlich wirkungsvolle Flüchtlingsarbeit in der Stadt leisten zu können. Dafür verzichten alle Künstler vollständig auf ihr Honorar.

Peter Schreier sagte auf Anhieb zu

Dass Peter Schreier für dieses Vorhaben gewonnen werden konnte, verdankt die Initiative maßgeblich Wolfgang Hentrich, dem musikalischen Leiter des Philharmonischen Kammerorchesters Dresden. Ihn hatte Vereinsvorsitzende Christiane Matthé um Unterstützung in Form eines Konzerts gebeten, nachdem sich beide schon lange über die Villa Teresa kennen. Wolfgang Hentrich war von der Idee derart angetan, dass er die Anfrage auch an Peter Schreier herantrug. Mit ihm verbindet ihn eine 25-jährige Zusammenarbeit. „Peter Schreier hat es mir gleich in die Hand versprochen“, verrät Wolfgang Hentrich. Wegen des Trubels, den die Verleihung des Dresdner Kunstpreises ausgelöst hat, war der Kammersänger und Dirigent für ein kurzfristiges SZ-Gespräch nicht erreichbar.

Seine Zusage freut Vereinsvorsitzende Christiane Matthé jedoch auch aus einem anderen Grund besonders. Peter Schreier hat einen engen biografischen Bezug zu Coswig. In früheren Veranstaltungen in der Villa Teresa berichtete er, dass er als Junge immer die Kötitzer Straße entlang spazierte, wenn er auf dem Weg zu Kantor Zimmermann war. Bei ihm nahm er Unterricht in der Peter-Pauls-Kirche. „Er erzählte auch, dass der Kantor oft im Hause seiner Eltern in Gauernitz Gast war und zusammen Hausmusik gemacht wurde“, erinnert sich Christiane Matthé. In Gauernitz war Peter Schreiers Vater hauptamtlich als Lehrer und nebenberuflich als Kantor tätig.

Zwei leichte Werke

Auf die Bühne der Börse Coswig bringt Wolfgang Hentrichs Philharmonisches Kammerorchester Dresden unter dem Dirigat von Peter Schreier bewusst zwei Sinfonien von Mozart. Zwei fröhliche und leichte Werke. „Bei Mozart-Arien und -Opern konnte man schon immer so wunderbar die Musikalität von Peter Schreier hören“, sagt Wolfgang Hentrich. „Gefesselt hat mich bereits als Kind seine Kunst, auch den Inhalt glaubhaft zu machen, sodass man versteht, wovon er singt.“ Diese Gabe bringe er als Dirigent ebenso ein. „Neben dem schönen Klang entfaltet er eine Sprache zum Publikum.“ Ergänzend zur Musik wird Lars Jung vom Staatsschauspiel Dresden Texte der Weltliteratur rezitieren.

Wolfgang Hentrich und seinen Kollegen liegt viel daran, mit dem Benefizkonzert die Initiative Coswig – Ort der Vielfalt zu unterstützen. Gerade, weil diese ansetzt, wo es ihrer Auffassung nach am wichtigsten ist: bei den Menschen, die da sind. Um diese kümmert sie sich, diese integriert sie. Wolfgang Hentrich ist überzeugt: Wenn jeder ein klein wenig hilft, spendet, teilt, kann für sehr viele Menschen aus anderen Ländern eine ganze Menge erreicht werden. „Musik ist das, was wir am besten können“, erklärt er. Sie tue prinzipiell gut in einer Zeit, wo Belastungen und Sorgen zu spüren sind. „Vielleicht können wir mit guter Musik dazu beitragen, dass bei vielen im Publikum Kopf und Herz freier werden“, sagt Wolfgang Hentrich. Freier auch für eine Idee, wie sich der Einzelne selbst einbringen kann.

Eines aber steht schon jetzt für ihn und ebenso für Erika Hölzig aus Sörnewitz fest: Dass Peter Schreier, der auf den Bühnen der Welt zu Hause war und nur noch ganz wenige Auftritte überhaupt wahrnimmt, für das Benefizkonzert nach Coswig kommt, das ist etwas Besonderes.

Karten im Vorverkauf bei der Initiative unter 03523 2390879 sowie auch in der Börse, der Buchhandlung Ernst Tharandt und im Evangelisch-lutherischen Pfarramt