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Ein Wochenende, zwei Feiern

Erst Hochzeitstag und dann auch noch Geburtstag – dabei ist der Handball-Bundestrainer doch in Gedanken schon ganz woanders.

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© Mike Worbs

Von Tino Meyer

Die Sache mit dem Bundestraineramt hat doch einen Nachteil. Am Jahresende, stellt Christian Prokop gerade fest, lässt sich nicht gut Bilanz ziehen – denn den Saisonhöhepunkt der Handballer gibt es immer gleich nach dem Jahreswechsel. „Darauf liegt der Fokus, das ist unser Großereignis“, sagt er und ist gedanklich schon bei der am 13. Januar beginnenden Europameisterschaft in Kroatien.

Die Analyse der Gruppengegner ist abgeschlossen, die Videos für die Spielvorbereitung hat er am Schnittplatz zu Hause in Leipzig fertiggestellt. Vorm Fernseher verfolgt er die Bundesliga – und zu feiern gibt es am Weihnachtswochenende auch einiges: den ersten Hochzeitstag mit seiner Frau Sabrina am Samstag und Sonntag seinen 39. Geburtstag. „Die beiden Tage gehören der Familie“, meint Prokop, der sich zudem auch Zeit für den Blick zurück nimmt. 2017 ist schließlich erneut ein besonders aufregendes Jahr gewesen, nachdem schon 2016 kaum noch zu toppen war.

Mit seinem damaligen Verein SC DHfK Leipzig hatte er nach dem Bundesliga-Aufstieg eine starke erste Saison in der stärksten Liga der Welt hingelegt, wurde von den Kollegen zum Trainer des Jahres gewählt, außerdem Ehrenbürger seiner Heimatstadt Köthen. Auch privat kam alles Gute zusammen mit der Geburt seines Sohnes Luca und der Hochzeit.

Glücksgefühle im Überfluss sind das, und auch daran wird der bald 39-Jährige in diesen Tagen denken. Seine Bilanz für 2017 fällt indes zweigeteilt aus, wie er meint: auf der einen Seite die starke zweite Saison mit dem SC DHfK inklusive der Pokalendrunde in Hamburg, auf der anderen seine neue Aufgabe als Bundestrainer.

Nach drei Monaten in Doppelfunktion, die ihn Kraft kostete und reichlich Erfahrung brachte, kümmert sich Prokop seit Juni ausschließlich um die deutsche Nationalmannschaft. „Ich habe mich sofort mit der Aufgabe identifiziert und mich inzwischen auch daran gewöhnt. Das ist ein vielschichtiges, abwechslungsreiches Berufsfeld“, erzählt Prokop, der das tägliche Training mit einer Mannschaft nicht vermisst. Der Tagesablauf ist nun anders strukturiert: Spiele und Spieler beobachten, Kontakt halten mit den Ligatrainern, den Verband repräsentieren, Lehrgänge und Länderspiele inhaltlich vorbereiten.

Am Computer sitzt Prokop also immer noch fast jeden Tag, vor allem aber sitzt er mehr als früher am Abendbrottisch. „Und ich kann meine Kinder öfter ins Bett bringen, das ist schön“, sagt der zweifache Vater, und er kündigt an, am Weihnachtswochenende nicht an Handball denken zu wollen. „Ich will versuchen, noch einmal Abstand zu bekommen – auch wenn mir das nicht gelingen wird“, meint Prokop.

Am 26. Dezember spielt schließlich die Bundesliga wieder. Noch vorm Jahreswechsel hat er zudem einen Kurz-Lehrgang für die Nationalspieler angesetzt, ehe am 2. Januar die finale EM-Vorbereitung beginnt.

Das Turnier wird Prokops erste wirkliche Bewährungsprobe, dessen ist er sich bewusst. „Wir wissen um die Bedeutung der Nationalmannschaft, sie ist das Zugpferd unserer Sportart. Natürlich gehören wir bei der EM als Titelverteidiger zum engen Favoritenkreis“, meint er. Die erste Bilanz als Bundestrainer fällt indes kurz und knapp aus: „Wir haben eine erfolgreiche EM-Qualifikation gespielt, mehr nicht.“ In einem Jahr wird er dann auf diese EM zurückblicken, aber vermutlich schon nur noch an die WM denken. Denn die findet im Januar 2019 in Deutschland statt.