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Eine Familie greift in die Tasten

In Olbersdorf spielen drei Generationen Akkordeon. Zwei davon treten am Sonnabend bei einem Konzert auf.

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© Matthias Weber

Von Irmela Hennig

Olbersdorf. Die Großmutter spinnt. Seit gut fünf Jahren verarbeitet Erika Schmidt Rohwolle an ihrem Spinnrad zu Garn. Mit der Wolle bestrickt sie dann unter anderem ein paar ihrer elf Enkelkinder. Zusammen mit einer Freundin hat sie sich das Garnspinnen vor einigen Jahren angeeignet. Nun führt sie es auch öffentlich vor – zum Beispiel auf Weihnachtsmärkten, beim Schlossfest in Hainewalde oder im Heimatmuseum von Zittau-Eckartsberg. In Eckartsberg lebt Erika Schmidt zusammen mit ihrem Mann Jürgen.

Der hat sich vor sechs, sieben Jahren kein neues Hobby zugelegt, sondern sich auf ein altes besonnen. Das Akkordeonspielen. Allerdings quasi „zwangsweise“. Seine Tochter Michaela und ihre Kinder hatten den heute 70-Jährigen einfach in der Musikschule Fröhlich von Beate Dreier in Olbersdorf angemeldet. „Ein Jahr habe ich es noch rausgezögert. Aber dann habe ich es doch gemacht“, erinnert sich der Agraringenieur.

Schon als Kind hatte der Oberlausitzer sechs Jahre lang Akkordeon gelernt bei einem Orchestermusiker des Zittauer Theaters. „Aber als Jugendlicher hat man dann andere Interessen und ich habe aufgehört“, berichtet der Ruheständler. Nur zu Weihnachten wurde das Instrument ausgepackt. Wenn Jürgen Schmidt dann spielte, meinte er immer: „Ich muss mehr üben.“ Daran erinnert nicht nur er sich, auch seine fünf Kinder und einige der Enkel wissen das noch genau.

Vor vier Jahren wurde Jürgen Schmidt dann ins Akkordeonorchester der Musikschule aufgenommen. „Da wollte ich eigentlich nie hin“, erzählt er jetzt mit einem Schmunzeln. Dort spielt auch seine Enkelin Maxi mit, die Tochter von Michaela. Die 15-Jährige hatte einst zusammen mit ihrem Bruder Marius begonnen, das Instrument zu lernen.

Weil Opa Jürgen und Schwester Maxi besser waren als der Junge, entschied sich Mutter Michaela, heute 46 Jahre alt und Hotelfachfrau, ebenfalls mit dem Spielen zu starten. Aus pädagogischen Gründen. „Damit jemand noch weiter zurück ist“, sagt die sechsfache Mutter. Marius spielt inzwischen allerdings Schlagzeug. Dafür lernt die elfjährige Mariella nun wie Maxi, Mutter und Großvater das, was im Volksmund mitunter Schifferklavier genannt wird. Und der achtjährige Manuel greift ebenso zu diesem Instrument.

Die Musik ist also Familiensache. Im Orchester, das am Sonnabend mit Filmmusik-Titeln im Zittauer Kronenkino auftritt, sind bislang nur der Großvater und Maxi Mitglied. „Wir anderen gehören noch zu den Anfängern“, meint Michaela Schmidt.

Und wer in den Klangkörper aufgenommen werden will, muss ohnehin zunächst eine Aufnahmeprüfung bestehen, erzählt Beate Dreier, die Leiterin von Orchester und Musikschule. Man wolle ein hohes Niveau bieten und halten. Insgesamt 125 Kinder, Jugendliche und Erwachsene lernen in ihrer Einrichtung das Instrument. Bei den rund 30 Älteren gebe es einige, die schon früher gespielt haben. „Andere fangen bei Null an“, sagt Beate Dreier. Mitunter müsse sie ihnen auch erst Notenkenntnisse vermitteln.

Von Disney bis Olsenbande

Maxi aus Eckartsberg, die am Sonnabend mit auf der Bühne sitzt, fällt das Spielen leicht, meint sie selbst. Und sie schätzt – wie die ganze Familie – die tolle Atmosphäre im Unterricht und im Orchester. Familiär gehe es zu. Man unternehme ganz viel zusammen: Probenlager, Winterwanderungen, gemeinsame Urlaube. Mit einigen Musikern sei sie befreundet.

Und bei der Probe am Mittwochmorgen gebe es anschließend Frühstück, ergänzt Jürgen Schmidt. Bis zu viermal in der Woche geht er vor einem Auftritt zu den Übungsstunden. Dabei hat der Senior noch genug andere Aufgaben. Er trägt Zeitungen aus, ist beim Deutschen Roten Kreuz und betreut zeitweilig eine Mutterkuh-Herde. Und eigentlich ist ja Bauen das Hobby des Mannes, der einige Jahre auf dem Bau gearbeitet hat. Aber man merkt ihm an, dass er die Musik nicht missen möchte.

Zu Weihnachten muss er sich jetzt jedenfalls keine Gedanken mehr machen darüber, dass er mehr üben müsste. Zum hohen Fest wurde inzwischen schon in Familie gespielt und vorgetragen. Der Älteste im Orchester ist Jürgen Schmidt übrigens nicht, es gibt noch eine 73-jährige Mitspielerin. Großmutter Erika ist inzwischen auch dabei – aber als Ehrenmitglied, weil sie so oft hilft bei Ausfahrten und anderen Aktionen, lobt Orchesterleiterin Beate Dreier.

Zum Konzert am Wochenende gibt es für die Zuhörer einen Querschnitt – von Titeln aus Disneyfilmen wie „Der König der Löwen“, über Musicalstücke wie aus „West Side Story“ bis hin zu Klassikern aus Streifen wie „Die Olsenbande“, „Doktor Schiwago“ oder auch „Fluch der Karibik“. Die Anregung zu diesem Auftritt kam übrigens von Bruno Jetzek, dem früheren Leiter des Kronenkinos. Der hatte einen Auftritt der Musiker erlebt und dann gemeint: „Ihr müsst ins Kino kommen“, erzählt Orchesterchefin Beate Dreier. Das Ganze sei damit nun auch ein Konzert für ihn.

Das Konzert mit dem Akkordeonorchester Olbersdorf im Kronenkino Zittau findet am 27. Januar, 15 Uhr, statt. Einlass ab 14 Uhr, es gibt Kaffee und Kuchen, Eintritt 5 Euro.