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Eine Lehrstunde

Fußball, Landesliga: Talent Kai Kemter hat bei Copitz den Sprung nach oben gepackt. In Hohenstein-Ernstthal hat er leider keinen Grund zur Freude.

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© Marko Förster

Von Ronny Zimmermann

Pirna. Am Sonntag nahm der VfL Pirna-Copitz in der Fußball-Landesliga wieder den Punktspielbetrieb auf. Die Mannschaft von Trainer Nico Däbritz kam allerdings beim neuen Spitzenreiter in Hohenstein-Ernstthal mit 0:5 (0:1) gehörig unter die Räder. Bester Mann auf dem Platz war der dreifache Torschütze Marc Benduhn. Auch der 40 Jahre alte Ex-Profi Sebastian Helbig kam wieder einmal zu einem Kurzeinsatz beim Aufstiegsanwärter.

Wie schon in der Hinrunde, stand auch in Hohenstein-Ernstthal eine junge VfL-Mannschaft auf dem Kunstrasen. Das Durchschnittsalter des Kaders liegt bei 23 Jahren. Nach dem Umbruch im vergangenen Sommer sprachen die Pirnaer ihrem Nachwuchs das Vertrauen aus, wohl wissend, dass Rückschläge wie am Sonntag immer mal wieder auftreten werden.

Einer, der die Chance in den vorangegangen Landesligapartien aber durchaus nutzte, ist Kai Kemter. Der 18-Jährige steht wie kaum ein anderer „Youngster“ der Lila-Weißen für die Jugendbewegung in Copitz. Vor 13 Jahren begann er mit dem Kicken – schon damals beim VfL. Er durchlief sämtliche Nachwuchsmannschaften. „Ich habe so ziemlich alle Positionen mal gespielt, aber meistens kam ich im Mittelfeld oder in der Innenverteidigung zum Einsatz“, sagt Kemter. Einen besonderen Sprung machte er in den vergangenen zwei Jahren: Unter VfL-Nachwuchstrainer Tino Neumann stieg er mit den A-Junioren in die Landesliga auf, Kemter gehörte zu den Leistungsträgern im Team. Jetzt zahlt sich allmählich aus, dass die Pirnaer auch mit ihrer ältesten Nachwuchself in der höchsten sächsischen Spielklasse antreten. Das vereinfacht den Übergang zu den Senioren. Die „Neuzugänge“ bastelt sich der Verein somit teilweise selbst.

Erster Spieltag in der aktuellen Saison. Wie aktuell ging es gegen den VfL Hohenstein-Ernstthal. Kemter hatte die gesamte Vorbereitung mit der Mannschaft von VfL-Trainer Nico Däbritz absolviert. Er kniete sich rein, fiel auf. Obwohl er neu dabei war, nahm er die Zweikämpfe mutig an, sein Passspiel gilt als solide. Dann der Lohn: Zum Saisonstart durfte er von Beginn an ran. Sein Debüt in der Landesliga. Er machte seine Sache ordentlich, abgeklärt, eine gute Leistung. Am Ende trennen sich beide Teams 2:2. Auch in den nächsten fünf Partien gehörte Kemter, der in Dresden studiert, zur Startelf des VfL. Ein erstaunlicher Einstieg in die Landesliga für einen 18-Jährigen. Danach fehlt er vier Spiele wegen Urlaub und Erkältung. Doch am elften Spieltag kehrte er zurück – lief erneut von Beginn an auf. Bis heute hat er elf von 15 möglichen Partien bestritten. Er ist angekommen in der sechsthöchsten Spielklasse Deutschlands.

Chance als Verteidiger genutzt

„Kai ist absolut ehrgeizig und bescheiden. Er arbeitet fleißig und bringt viel Talent mit“, sagt Oliver Herber. Der Geschäftsführer des VfL Pirna-Copitz hat – gemeinsam mit Däbritz – die Entwicklung genau verfolgt. In der Vorbereitung und den Testspielen haben sie ihn beobachtet. Däbritz hatte schließlich die Idee, ihn als Rechtsverteidiger einzusetzen. Der Trainer, der als Profifußballer einst für Dynamo Dresden und den VfL Wolfsburg spielte, hat ein gutes Gespür, um Talente zu entwickeln – und kann viel Erfahrung weitergeben.

„Die größte Umstellung waren für mich vor allem Themen, wie etwa die höhere Körperlichkeit und die größere Intensität, sowohl im Training als auch im Spiel“, sagt Kemter. „Und dass die ganze Sache doch etwas professioneller angegangen wird als im Nachwuchsbereich des VfL.“ Als er im Sommer von der A-Jugend in den Männerbereich wechselte, wusste er natürlich um den Verjüngungsprozess im Kader.

Mit Jan Benes hatte ein Rechtsverteidiger seine Karriere beendet, auch die Defensivspieler Falk van Kolck und Richard Lätsch hörten auf. „Da es an Verteidigern mangelte, hatte ich eine Chance, zu spielen“, sagt Kemter. Und er war nicht alleine: Mit Philipp Flacke, Maximilian Fürtig, Moritz Kletschka und Viktor Löwe sowie Jakob Funken (mittlerweile nach Markkleeberg gewechselt) zog der VfL fünf weitere A-Junioren hoch. In der Winter-Vorbereitung wurde mit Richard Scykalka auch ein Stürmer aus den eigenen Reihen herangeführt.

„Der Kontakt untereinander und die Stimmung im Verein sind gut, nicht nur unter uns jüngeren Spielern, sondern in der gesamten Mannschaft“, sagt Kemter, der natürlich auch weiß, dass bei der Verjüngung das Saisonziel nicht verfehlt werden darf. Der VfL möchte so frühzeitig wie möglich den Klassenerhalt perfekt machen. Kemter drückt es so aus: „Unser Ziel ist es, so viele Punkte wie möglich zu sammeln.“ Damit man gar nicht erst ernsthaft in den Abstiegsstrudel hereingezogen wird. Auf den jungen Spielern lastet somit auch ein bisschen Druck. Aber geschadet hat das noch nicht. Im Gegenteil: Wenn sich Kemter und Co. derart weiterentwickeln, kann in Pirna eine gute Landesligaelf heranreifen. Und zwar aus eigener Kraft heraus.