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Eine Partitur für den Papst

Vatikan. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat mit Benedikt XVI. gesprochen.

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Von Peer MeinertundSanna Paulick,Castel Gandolfo

Erstmals seit ihrer Wahl zur Bundeskanzlerin ist Angela Merkel gestern mit Papst Benedikt XVI. zusammengetroffen. Knapp eine Stunde dauerte die Visite in der päpstlichen Sommerresidenz Castel Gandolfo vor den Toren Roms, 45 Minuten die Privataudienz. „Ich hatte ein sehr sensibles Gespräch mit dem Heiligen Vater“, verriet die protestantische Pfarrerstochter danach. Auch vor dem Pontifex erschien die Kanzlerin im Hosenanzug, „ohne Hut und ohne Schleier“, wie im Gefolge vermerkt wurde. Hauptthema war der anstehende „Heimatbesuch“ des Papstes in Bayern. „Wir freuen uns alle auf den Heiligen Vater.“

Weltpolitischer Rundumschlag

Auch zum Tour d'Horizon, zum kurzen weltpolitischen Rundumschlag, blieb Zeit. Über den Nahen Osten habe man gesprochen, über den Iran und – natürlich – auch über Europa. Etwa über die „europäische Identität in Form eines Verfassungsvertrages“, wie Frau Merkel sagte. „Ich habe auch noch einmal deutlich gemacht, dass der Bezug auf das Christentum, der Gottesbezug aus unserer Sicht ein sehr wesentlicher Teil sein sollte.“ Dann überreichte Frau Merkel ihr Gastgeschenk, eine alte Mozartpartitur für den Freizeitpianisten und Mozartfan Joseph Ratzinger.

Papstaudienzen sind für Politiker etwas Besonderes, vor allem in Castel Gandolfo: Der Blick über den Albaner See ist atemberaubend, die Schweizergarden in ihren bunten Uniformen stehen stramm – längst nicht jeder Gast wird in der Sommerresidenz empfangen. Frau Merkel fährt mit einem Maserati vor, mit italienischer Nummer und deutscher Flagge – der anthrazitfarbene Viertürer ist das Schickste, was die italienische Autoindustrie zu bieten hat. Auf der „Piazza della Libertà“, wo sich Frau Merkel den Journalisten stellt, herrscht fast familiäre Atmosphäre: Einige Passanten recken die Hälse, Kinder spielen um den Brunnen, eine wunderschöne italienische Piazza eben, fast wie im Urlaub – von großem Sicherheitsaufgebot keine Spur.

Papstaudienzen gelten als „weiche Termine“ für Politiker: Es gibt ein paar Bilder, konfliktfreies Händeschütteln und Lächeln, für die Parteien mit dem „C“ im Namenszug gilt ein Papstbesuch sowieso als „Heimspiel“. „Ich denke, dass gerade die Christlich-Demokratische Union die Beziehungen zum Heiligen Vater auch immer weiter pflegen wird“, meint Angela Merkel. Der Bundeskanzlerin, deren politische Reformideen in der Heimat mitunter dem Vorwurf der „sozialen Kälte“ begegnen, dürfte der Auftritt in der Sommerfrische von Castel Gandolfo recht gelegen gekommen sein. (dpa)