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Eine Straße für den Wegbereiter

Der Ökonom Gottfried Bombach ist in Kamenz aufgewachsen. Auch Wirtschaftsminister Martin Dulig würdigte ihn am Rande eines Accumotive-Besuchs.

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© Matthias Schumann

Von Frank Oehl

Wer war eigentlich Professor Gottfried Bombach? Nur eingefleischte Kamenzer kennen ihn, aber das ändert sich gerade. Der Universitätsprofessor wurde am 6. März 1919 in der Lessingstadt geboren und hat später in der Schweiz ganz Wesentliches zur modernen Nationalökonomie beigetragen. So gehörte er auch dem Beraterteam um Ludwig Erhard an, der ja als Erfinder der real existierenden, sozialen Marktwirtschaft gilt. Bombach starb am 4. Juli 2010 in Basel, aber vier Jahre zuvor hatte er sich noch ins Goldene Buch der Stadt Kamenz eingetragen, das OB Roland Dantz mit in die Alpenrepublik gebracht hatte. „Seit Urzeiten Schweizer, aber immer noch Sehnsucht nach der alten Heimat.“ Diese Zeilen im wichtigsten Folianten der Stadt zeugen von einer lebenslangen Verbundenheit mit Kamenz. Immerhin fand Professor Bombach beim Blättern im Goldenen Buch auch den Namen seines Vaters, der das Buch in den 20er Jahren mit vielen anderen Geschäftsleuten gestiftet hatte. Und so wurde es wohl auch Zeit, dass der Name des hoch geschätzten Wissenschaftlers nun ein Straßenschild ziert.

Am Montagnachmittag wurde im Beisein des sächsischen Wirtschaftsministers Martin Dulig die „Prof.-Gottfried-Bombach-Straße“ gewidmet. Gar nicht zufällig im Industriegebiet am Ochsenberg. Hier vollzieht sich gerade der vielbeachtete Ausbau des Batteriestandortes, wo sich der Daimlerkonzern mit seiner Tochter Deutsche Accumotive GmbH & Co. KG für die Elektromobilität stark macht. Der Dulig-Besuch ist auch diesem Zusammenhang geschuldet. „Die Umbenennung der Straße im Gewerbegebiet nach dem weitsichtigen Wirtschaftstheoretiker erfährt hier einen anschaulichen Bezug zur Wirtschaftspraxis“, so Dulig. Die Accumotive nannte Dulig ein stark expandierendes Unternehmen, das die Voraussetzungen für elektromobile Anwendung der Zukunft nicht nur im Automobilbereich schaffe. „Der Wirtschaftsstandort Kamenz entwickelt Strahlkraft für die ganze Region“, so der Minister

Professor Bombach galt nach 1945 im Westteil Deutschlands und in Europa als ein Wegbereiter der mathematisch orientierten Wirtschaftstheorie. Er legte viele Publikationen auf den ökonomischen Themenfeldern Wachstum, Konjunktur, Eigentumsverhältnis und gerechte Verteilung vor. Vor allem diesen humanwissenschaftlichen Ansatz Professor Bombachs lobte der sozialdemokratische Minister besonders. OB Roland Dantz erinnerte daran, dass Bombach an der Lessingschule sein Abitur abgelegt hatte. Später war er Mitglied wirtschaftlicher Expertengremien in der Schweiz und in Deutschland. Der Volkswirt Bombach blickte dabei weit über den Tellerrand hinaus, um das Ganze zu sehen, also den Menschen. „Ich liefere Denkwerkzeuge, keine Patentrezepte“, sagte der Ökonomieprofessor einmal über seine Art Studenten auszubilden. Ein Mistreiter aus Linz in Österreich berichtete, dass Professor Bombach Doktoranden zu sich nach Hause einlud, um nächtelang mit ihnen zu diskutieren. „Sie durften auch seinen Hobbyraum kennenlernen, der seine Leidenschaft für die Fotografie, für Computer und die Konstruktion von Hi-Fi-Anlagen widerspiegelte.“ Der Professor habe die seltene Gabe besessen, die Wissenschaft um Facetten im Alltag anzureichern und nicht nur Modelle aufzustellen. Ein letzter Besuch in seiner Geburtsstadt blieb ihm dann leider verwehrt. Jetzt hat ihm Kamenz endlich ein dauerhaftes Denkmal gesetzt ...