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Einkaufen ohne Verpackungsmüll

Susanne May-Werner eröffnet in der Jakobstraße den ersten Görlitzer Unverpackt-Laden. Sie verkauft nicht nur Nahrung.

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© nikolaischmidt.de

Von Ingo Kramer

Görlitz. Noch verhindern Plastikfolien am Schaufenster in der Jakobstraße 40 den Blick in den Laden. Nur zwei Zettel an den Scheiben verraten, was es bei „Emma’s Tante“ ab November geben soll: nichts mit Plastikfolien jedenfalls. Stattdessen eröffnet Susanne May-Werner den ersten Unverpackt-Laden in Görlitz. „Naja“, schränkt sie ein, „hier und da gibt es auch jetzt schon ein paar unverpackte Produkte, aber so richtig das ganze Sortiment eben nirgendwo.“

Weil Umwelt und Natur in ihrer Familie schon immer eine wichtige Rolle gespielt haben, hat sich die 36-jährige Görlitzerin entschlossen, sich damit selbstständig zu machen. „Ich will alles verkaufen, was an trockenen Nahrungsmitteln zu haben ist“, sagt sie. Mehl, Zucker, Nudeln und Reis sind das Grundsortiment. Es kommt von einem Großlieferanten in Fünf- bis 25-Kilo-Säcken zu ihr in den Laden. „Das ist hoffentlich die einzige Verpackung“, sagt sie. Die Kunden können sich zum Beispiel Gläser von zu Hause mitbringen oder im Laden Papiertüten erwerben, eventuell auch Pfandgefäße. Doch das Sortiment ist noch viel größer. Milch, Quark und Joghurt zum Beispiel wird es in Mehrweggläsern geben. Auch Hygiene- und Haushaltsartikel will die Mutter von drei Kindern anbieten: Unverpackte Seifen, Kosmetik, Putzmittel und sogar Bambuszahnbürsten, die sich kompostieren lassen. „Im Prinzip können die Leute den Großteil ihres Wocheneinkaufes bei mir machen“, sagt sie. Preislich wird sie sich oberhalb der Supermärkte bewegen, denn sie führt viele Bio-Produkte und auch vieles aus der Region. „Aber ich bin günstiger als normale Bio-Läden, weil die Verpackung fehlt“, sagt sie. Und noch einen Vorteil sieht sie: Wer wenig Zeit für seinen Einkauf hat, kann vorbestellen und sich die Waren von ihr abfüllen lassen.

Der genaue Eröffnungstermin steht noch nicht fest: „Irgendwann im November hoffentlich.“ Die Regale für die Schütten hat sie eigens für das Geschäft bauen lassen. Sie sind demnächst fertig, dann geht es an das Einrichten des Ladens. Aber ob das Konzept in Görlitz aufgeht? „In anderen Städten klappt es, warum dann nicht auch hier“, sagt Susanne May-Werner. Man müsse sich auch mal etwas trauen: „Wenn man es nicht probiert, findet man es auch nicht heraus.“ Und die Jakobstraße sei sicher nicht die schlechteste Lage, gerade wegen der Jakobpassage schräg gegenüber. Die Inhaber hat sie bisher noch nicht kennengelernt, will das aber demnächst nachholen. Ein Grund, sich hier anzusiedeln, war die Jakobpassage in jedem Fall, denn beides könnte sich gut ergänzen. In der Lage konnte sie darüber hinweg sehen, dass ihr Laden nur 53 Quadratmeter klein ist: „Zum Glück hat er aber ein großes Lager.“

Susanne May-Werner ist gelernte Uhrmacherin, hat bei Marktkauf aber auch schon im Handel gearbeitet. Als sie mit den drei Kindern zu Hause war, blieb genug Zeit zum Überlegen, was ihr Spaß machen könnte. Und bei ihren eigenen Einkäufen hat sie festgestellt, wie viel Müll täglich anfällt. Dann las sie auch noch in der Zeitung über dieses Thema. So reifte nach und nach die Idee für den Laden. Inzwischen hat sie bei einem Unverpackt-Seminar in Berlin mitgemacht und ein Existenzgründer-Seminar der IHK besucht, sodass sie weiß, was auf sie zukommt. Wenn es gut anläuft, will sie irgendwann auch jemanden einstellen, um mehr Zeit für ihre Kinder zu haben. Was sie hingegen nicht plant, ist ein Internet-Handel. „Um die Waren zu verschicken, müsste ich sie verpacken“, sagt sie. Aber genau das wolle sie ja eben nicht.