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Jetzt kommt wieder Dampf in den Kessel

Die historische Lokomotive der Löbauer Eisenbahnfreunde geht auf die Reise zur Wiederbelebung. Zu verdanken ist das einem späten DDR-Erbe.

Von Markus van Appeldorn
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Am Sonnabend verabschiedeten Ministerpräsident Michael Kretschmer und Osef-Chef Alfred Simm die große Dampflok zur Wiederbelebung.
Am Sonnabend verabschiedeten Ministerpräsident Michael Kretschmer und Osef-Chef Alfred Simm die große Dampflok zur Wiederbelebung. © Foto: Rafael Sampedro

Lange hat es gedauert, lange gab es bei den Ostsächsischen Eisenbahnfreunden (Osef) in Löbau keine betriebsfähige Dampflok mehr. Doch der Kessel soll nicht länger kalt bleiben. Einmal noch muss die Dampflok 52 8141-5 im Schlepp fahren, damit sie aus eigener Kraft zurückkommen kann. Am Sonnabend, 15. Dezember, also rechtzeitig zu Weihnachten, ist es nun soweit und das Signal für die große Fahrt geht auf Grün.

Die große Tender-Lok geht auf die Reise zur Aufarbeitung, auch Hauptuntersuchung genannt, von Löbau ins Dampflokwerk Meiningen. Gezogen von einer Diesellok dauert die Überführung mit 30 Stundenkilometern geschätzte 30 Stunden. Damit die Osef-Mannschaft ein Quartier zum Übernachten hat, hängt auch noch ein Reisezugwagen der Osef mit dran. "Der Waggon bleibt für die Dauer der Aufbereitung in Meiningen stehen, damit unser Team auch dort eine Übernachtungsmöglichkeit hat", sagt Osef-Chef Alfred Simm. Die 74 Jahre alte Dampflok der Baureihe 52 ist eine der bekanntesten Dampflokomotiven in Deutschland. Seit 1998 ist sie als Ausstellungslok bei den Eisenbahnfreunden abgestellt, die Chancen auf eine Reaktivierung waren gering.

Doch ausgerechnet ein Erbe der DDR macht den Weg nun frei. Die Eisenbahnfreunde erhielten 800.000 Euro aus den sogenannten PMO-Mitteln, dem Vermögen der ehemaligen SED und ihrer Massenorganisationen. Möglich machte das vor allem Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU), der sich für den Erhalt des Kulturgutes Dampfbahnen einsetzt. „Die ständig steigenden Besucher- und Fahrgastzahlen der Dampfbahnen in Sachsen sprechen eine deutliche Sprache und zeigen, dass die Macher die richtigen Akzente setzen“, so Kretschmer zu dem Projekt. Er kam am Sonnabendmorgen auch persönlich nach Löbau, um die Dampflok zu verabschieden. Dabei erklärte er, dass Sachsen aus dem in Österreich aufgefundenen SED-Vermögen von 200 Millionen Euro gut 50 Millionen bekommen habe. "Wir wollen mit diesem Geld Dinge machen, die sonst nicht möglich sind", sagte er. Die Dampflok-Restaurierung sei dafür das beste Beispiel, weil sie in keine andere Förderung passe. "Die Lok steht nicht unter Denkmalschutz, obwohl sie ohne Zweifel ein Denkmal ist. Deshalb kann man sie nicht aus den Mitteln des Denkmalschutzes fördern", erklärte Kretschmer das Dilemma. Und wenn sie erst wieder unter Dampf steht, soll die Lok eine große Rolle spielen. "2020 ist in Sachsen eine große Ausstellung zur Industriekultur", sagt Kretschmer. Die Industriekultur Sachsens sollen die Menschen aber nicht nur am zentralen Ausstellungsort in Zwickau erleben, sondern landesweit - etwa auch in Löbau bei den Eisenbahnfreunden.


Diese historische Diesellok der DDR-Reichsbahn wird die Dampflok nach Meiningen schleppen. Es ist die originale Lok des DDR-Regierungszuges und hat daher als einzige ihres Typs verchromte Haltestangen an den Führerstands-Einstiegen.
Diese historische Diesellok der DDR-Reichsbahn wird die Dampflok nach Meiningen schleppen. Es ist die originale Lok des DDR-Regierungszuges und hat daher als einzige ihres Typs verchromte Haltestangen an den Führerstands-Einstiegen. © Archivbild: Rafael Sampedro

Eine weitere Geldspritze kommt von der Sparkasse Oberlausitz-Niederschlesien. Der Löbauer Marktbereichsleiter Siegfried Stange übergab am Sonnabend einen Scheck über 10.000 Euro, was für ein regionales Engagement und die ehrenamtliche Arbeit in Löbau spricht.

Der Chef der Dampfbahn-Route Sachsen, Ingo Neidhardt, der mit der Sächsisch-Oberlausitzer Eisenbahngesellschaft (SOEG) in Zittau als angemeldetes Eisenbahnverkehrsunternehmen für die Löbauer Eisenbahnfreunde stellt, ist begeistert von der Unterstützung. „Zum einen freuen wir uns zukünftig wieder über Regelspur-Dampfzugfahrten in Ostsachsen, zum anderen bereichert es unsere sachsenweite Dampfbahn-Route um einen wichtigen Player“ so Neidhardt. Insgesamt sind in Sachsen etwa acht regelspurige Dampflokomotiven im Einsatz, mit der Löbauer Lok stabilisiert sich diese Zahl nun für die Zukunft.

Die Aufbereitung der Dampflok kostet rund 900.000 Euro. Sie wird in ihre Einzelteile zerlegt. Besonders aufwendig und teuer ist die Kesselprüfung. Etwa 100.000 Euro bringen die Löbauer Eisenbahnfreunde aus eigenen Mitteln auf. So haben sie in den letzten Wochen etwa den Wannen-Tender der Dampflok beim Löbauer Metallbau-Unternehmen Seel aufbereiten lassen. Die Drehgestelle des Tenders wurden in dieser Zeit bei einer Spezialfirma in Ostritz aufbereitet. "Wir wollen, dass möglichst viel Geld für die Sanierung hier in der Oberlsusitz bleibt", sagt Alfred Simm. Der Tender wurde gesandgestrahlt und mit einer Grundierung als Rostschutz versehen. Die Endlackierung erfolgt dann in Meiningen. "Im Sommer 2019 kommt die Lok zurück. Natürlich unter Volldampf", freut sich Alfred Simm.

Der Dampflok-Tender mit restaurierten Drehgestellen kam vor einigen Tagen zurück ins Maschinenhaus der Eisenbahnfreunde.
Der Dampflok-Tender mit restaurierten Drehgestellen kam vor einigen Tagen zurück ins Maschinenhaus der Eisenbahnfreunde. © Foto: Ostsächsische Eisenbahnfreunde