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Eitel Sonnenschein

Am Donnerstag startete der 40-Millionen-Bau des neuen Senckenberg-Forschungsinstitutes. Offiziell jedenfalls.

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© Pawel Sosnowski/80studio.net

Von Matthias Klaus

Frau Wanka verspätet sich. Es liegt wohl an der Rietschen-Umleitung. Die Bundesministerin für Forschung und Bildung (CDU) findet nicht rechtzeitig den Weg aus Cottbus nach Görlitz. Dabei hat Johanna Wanka am Donnerstagmittag hier einen überaus erfreulichen Termin bei der Senckenberg-Gesellschaft. Die feiert ihr jährliches Sommerfest, dieses Mal im Tierpark und schaut voller Vorfreude in die Zukunft, genauer auf den Neubau des Forschungszentrums an der Bahnhofstraße. Aber solange die Bundesministerin noch nicht da ist, ist die Freude offenbar nur halb so groß. Tierparkdirektor Sven Hammer, der die Gesellschaft auf die nagelneue Sonnenterrasse des Zoos eingeladen hatte, ist gerade mit den Höhepunkten seiner Besichtigungstour zwischen Stachelschwein, Tibethaus und Esel für die übrige Politprominenz durch und Frau Wanka immer noch nicht da. Also warten.

Hier an der Görlitzer Bahnhofstraße soll das Forschungsinstitut entstehen.
Hier an der Görlitzer Bahnhofstraße soll das Forschungsinstitut entstehen. © nikolaischmidt.de

Der Görlitzer CDU-Bundestagsabgeordnete Michael Kretschmer hält mit dem Ministerinnenfahrzeug telefonischen Kontakt, und nachdem er zum vierten Mal versprochen hat „In zehn Minuten ist sie hier, jetzt geht es los“, biegt die Karosse tatsächlich durchs Tierparktor. Durch das, was eigentlich immer verschlossen ist und auf dem „Kein Zutritt“ steht. Außer für Bundesministerinnen natürlich. Eine gut gelaunte Johanna Wanka entsteigt dem schwarzen BMW und entschuldigt sich für ihr verspätetes Eintreffen. „Ihr habt aber auch viele Baustellen und Umleitungen hier“, findet sie. Und fügt im gleichen Atemzug hinzu: „Ist ja aber schön, dass gebaut wird.“ Johanna Wanka im Small-Talk-Modus. Sie plaudert davon, dass sie die Geräusch- und teils die Geruchskulisse, wie sie im Tierpark zu erleben sind, ziemlich gut kennt. „Ich komme aus einem Dorf in Nordsachsen“, sagt sie. Aber die Ministerin ist nicht nur zum Plauschen da. Schließlich geht es in Görlitz um eine große Investition und entsprechend große Summen. Senckenberg baut ein neues Forschungsinstitut. Um die 42 Millionen Euro soll es kosten, sagt Sachsen Finanzminister Georg Unland in Görlitz. Die Frage stand: Wird sich der Bund an dem Riesen-Vorhaben finanziell beteiligen? „Ja“, sagt Minister Unland. Die Finanzierung stehe, sei mit dem Bund geklärt. „Ich freue mich sehr, dass wir eine tragfähige Lösung gefunden haben“, so Georg Unland. 15 Millionen Euro wird Berlin demnach zuschießen. So, wie Johanna Wanka das bei ihrer Rede erzählt, klingt es ganz einfach. Aber zwischen den Zeilen ist auch deutlich zu hören: Es gab wohl ein ziemliches Hin- und Her in den Verhandlungen zwischen Land und Bund zur Finanzierung. Eigentlich sollte am Donnerstag bereits der Bagger anrücken, mit dem Abriss anfangen. Aber auch er verspätet sich offenbar. Der 17. August gilt als offizieller Baustart für das Senckenberg-Forschungsinstitut an der Görlitzer Bahnhofstraße.

„Auf jeden Fall haben wir Baufreiheit“, sagt Minister Georg Unland. Bevor der Hochbau, also der „richtige“ Bau startet, gebe es aber noch viel zu tun. Neben Abriss und Stabilisierung der denkmalgeschützten Gebäude, Trennung von Gas-, Wasser- und Stromleitungen und, und, und. Mitte, Ende kommenden Jahres soll der Hochbau dann starten. Minister Georg Unland möchte den Grundstein schon im ersten Quartal 2018 legen. Bis 2021 werde sich dann der Bau hinziehen. „Wahrscheinlich ziehen wir dann 2022 ein“, sagt der Chef des Görlitzer Naturkundemuseums, Willi Xylander. Derzeit hat die Frankfurter Senckenberg Gesellschaft noch sieben Standorte in Görlitz. „Diese bedeuten auch Substanzverlust, Verlust durch suboptimale Bedingungen“, sagt Willi Xylander. Mit dem Neubau werden sich die Standorte auf zwei verringern, das Museum am Marienplatz bleibt. Volker Mosbrugger ist Generaldirektor der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung. „Görlitz entwickelt sich mehr und mehr zu einer Stadt der Wissenschaft“, sagt er – auch mit Blick auf den Studiengang, den Senckenberg gemeinsam mit der Hochschule Zittau-Görlitz anbietet. „Wir fühlen uns wohl in der Stadt“, sagt Volker Mosbrugger. Jeder zweite Görlitzer besuche einmal pro Jahr das Naturkundemuseum. „Das schaffen andere Einrichtungen nicht“, so der Generaldirektor.

Einfach hat sich der Freistaat die Entscheidung zugunsten des Standortes Bahnhofstraße nicht gemacht. „Wir haben lange gesucht. Ich wollte keinen quadratischen Neubau auf der Wiese in der Nähe der Stadt. Görlitz ist so schön, da haben wir auch eine besondere Verantwortung“, sagt Sachsens Finanzminister Georg Unland. Wie viel für das Areal an der Bahnhofstraße bezahlt wurde, dazu gibt es keine Antwort. Johanna Wanka, auf die so lange gewartet wurde, plauscht derweil mit Politik-Kollegen, mit Senckenbergern. „Einige von ihnen werden das Bauende als Ehren-Senckenberger erleben, weil sie dann Rentner sind“, sinniert Willi Xylander. Er möchte bis zum neuen Anfang dabeibleiben. „Ich mache erst Schluss“, lacht der Museumschef, „wenn der erste Karton auf meinem Schreibtisch steht.