Merken

Endlich Ruhe am Gleis?

Viele Glaubitzer können durch den Ausbau der Bahnstrecke Dresden-Riesa-Leipzig auf einen besseren Lärmschutz hoffen. Dafür drohen andere Probleme.

Teilen
Folgen
© Klaus-Dieter Brühl

Von Antje Steglich

Glaubitz. Man gewöhnt sich nie an diesen Lärm. Schon jetzt rattern mehr als 140 Züge pro Tag an den Häusern der Bahnhof- und Langenberger Straße in Glaubitz vorbei. Perspektivisch sollen es laut Deutscher Bahn 175 sein. „Bei mir wackelt permanent das Haus“, sagt Monika Heinig. Besonders schlimm seien die vielen osteuropäischen Züge, die am Wochenende vorbeirattern, sagt die Glaubitzerin. Und an offene Fenster in der Nacht oder gemütliches Zusammensitzen im Garten sei gar nicht mehr zu denken, ergänzt Nachbarin Heike Antrack. Doch die Anwohner haben Hoffnung.

Denn mit dem Ausbau der Bahnstrecke Dresden-Riesa-Leipzig zwischen Zeithain-Bogendreieck und Leckwitz, der im Zeitraum von Oktober 2020 bis zum Mai 2025 geplant ist, sollen vor ihren Häusern Lärmschutzwände entstehen. Laut den aktuellen Unterlagen für das Planfeststellungsverfahren werden die Wände an den Gleisen in Richtung Langenberger Straße vier Meter hoch sein, in Richtung Oststraße drei Meter.

„Mein Mann wollte schon wegziehen. Nun hoffen wir aber, dass es vielleicht doch noch besser wird“, sagt Heike Antrack. Gemeinsam mit anderen Betroffenen besucht sie deshalb die Informationsveranstaltung der Deutschen Bahn vor wenigen Tagen in der ASG Nünchritz. Mitarbeiter erklären dort, was auf die Anwohner zukommt und wie sie auch Einwendungen gegen das Planverfahren an die Landesdirektion richten können. Zu den Themen Grunderwerb, Natur- und Umweltschutz sowie Schall- und Erschütterungsschutz sind Informationsstände aufgebaut – und vor allem Letzterer ist sehr begehrt. Auf einem Laptop können sich die Anwohner dort beispielsweise mittels einer Simulation anschauen, welchen Effekt Schallschutzwände haben können. Das Ehepaar Antrack ist danach zumindest ein klein wenig beruhigt: „Dann habe ich zwar eine Wand vor der Tür“, räumt Heike Antrack ein. Die wäre aber immer noch besser als der Lärm.

Laut Gutachten verursachen die Züge in dem Glaubitzer Wohngebiet derzeit bis zu 81 Dezibel Lärm. Erlaubt sind in Wohngebieten tagsüber bis zu 59, nachts bis zu 49 Dezibel. In Mischgebieten tagsüber bis zu 64, nachts bis zu 54 Dezibel. Mithilfe der Lärmschutzwände könnten die Pegel durchschnittlich um acht bis 15 Dezibel gesenkt werden, womit die meisten Problemfälle gelöst werden könnten, heißt es in den Untersuchungen zum Lärm. Nur in Einzelfällen sollen zudem passive Schutzmaßnahmen umgesetzt werden, dazu zählt beispielsweise der Einbau von Lärmschutzwänden.

Neben dem Zuglärm müssen sich die Anwohner aber auch auf Baulärm gefasst machen, der unter anderem beim Rückbau der Gleise verursacht wird. Weil dabei die Richtwerte vor allem auch an den beiden Glaubitzer Bahnübergängen teilweise deutlich überschritten werden, sollen im Vorfeld der Bauabschnitte zudem weitere Schutzmaßnahmen, wie beispielsweise mobile Lärmschutzwände, geprüft werden.

Die schützen allerdings nicht vor den Erschütterungen, die den Glaubitzern schon jetzt große Sorgen bereiten. Sie haben Angst, dass ihre Häuser Schaden nehmen könnten. Und die Angst ist durchaus berechtigt. Denn laut einem Gutachten, das im Rahmen des Planverfahrens durchgeführt wurde, sind die Erschütterungen durch den Zugverkehr „gut spürbar“ und werden die Richtwerte sowohl jetzt als auch nach dem Streckenausbau überschritten. Da es allerdings keine wesentlichen Erhöhungen gebe, müsse die Bahn zumindest dagegen keine speziellen Maßnahmen umsetzen.

Anders sieht das bei den baubedingten Erschütterungen aus. Weil es bei den Arbeiten mit Vibrationsrammen und Walzenzügen vor allem auch in Glaubitz zu Überschreitungen der Richtwerte kommen kann, besteht die Gefahr von Setzung und Schäden an gleisnahen Gebäuden, heißt es in den Unterlagen. Durch einen Maßnahmekatalog sollen die Risiken minimiert werden: So sollen beispielsweise Vorbohrer bei sehr harten Untergründen zum Einsatz kommen und gefährdete Gebäude während der Bauzeit extra überwacht werden.

„Ich hatte es zwar gehofft, aber es wird nicht besser“, sagt Monika Heinig, nachdem sie sich die Gutachten angesehen hat. Ihr Haus war einer der Messpunkte für die Untersuchungen, weshalb sie sich sehr deutlich ausmalen kann, was in den kommenden Jahren auf sie zukommt. Die Bahn hat ihr versprochen, sich bezüglich eventueller Schutzmaßnahmen bei ihr zu melden. Denn Wegziehen sei keine Option. Viel Arbeit und Herz stecken in dem Haus, das von der Familie ihres Mannes einst bewusst an den Bahnhof gebaut wurde. Die hatte nämlich einen Kohle- und Landhandel, und konnte sich – anders als heute – über die Nähe zu den Gleisen noch freuen.

Die Unterlagen zum Planfeststellungsverfahren liegen bis 25. Mai in den Rathäusern Zeithain und Nünchritz zu den Öffnungszeiten aus. Auf der Homepage der Landesdirektion sind die Unterlagen in dieser Zeit ebenfalls einsehbar: www.lds.sachsen.de/bekanntmachung.