Marleen Hollenbach
Bautzen. Sie haben gekämpft, Schilder in die Luft gehalten. Doch der Protest der freien Schulen sollte nicht erhört werden. Im vergangenen April demonstrierten Schüler und Lehrer. Sieben Privatschulen im Raum Bautzen beteiligten sich daran. Schon damals kritisierten sie den Gesetzesentwurf, der sich mit der Finanzierung der Schulen in freier Trägerschaft befasste. Doch ihre Bemühungen blieben erfolglos. Jetzt, zu Beginn des neuen Schuljahres, tritt das umstrittene Gesetz in Kraft.
Es geht um viel Geld. Seit Jahren fordern die freien Schulen eine bessere Förderung. Und sie hatten allen Grund zur Hoffnung. Ein Gerichtsurteil sorgte für Euphorie. Verfassungsrichter erklärten die derzeitigen Regelungen der Zuschüsse für freie Schulen für verfassungswidrig. Begründung: Die Sachkostenzuschüsse seien bislang nur „frei geschätzt“ worden. Das Gericht forderte schließlich ein neues Finanzierungsmodell.
Das hat der Freistaat jetzt erarbeitet. Im neuen Gesetz ist eine deutliche Steigerung der sogenannten Schülerpauschalen erkennbar. Für die freien Grundschulen gibt es pro Schüler und Jahr nun 3 777 Euro statt 2 806 Euro. Bei den Oberschulen steigt die Pauschale von 3804 Euro auf 5 063 Euro und bei den Gymnasien von 4 755 Euro auf 5882 Euro an. In diesem Jahr unterstützt der Freistaat freie Schulträger mit rund 270 Millionen Euro. Im Jahr darauf werden die Zuschüsse bei rund 330 Millionen Euro liegen.
Verbesserung geht nicht weit genug
Das klingt nach viel Geld. Doch zufrieden sind die freien Schulen damit noch nicht. „Es ist eine deutliche Verbesserung, aber bei Weitem noch nicht genug“, erklärt Sven Schneider vom Schulträgerverein der Freien Mittelschule Weißenberg. Er ist verärgert. Schließlich hatte das Kultusministerium eine Gleichbehandlung mit den öffentlichen Schulen in Aussicht gestellt. „Doch davon sind wir weit entfernt“, sagt Schneider. So zahlte der Freistaat pro Oberschüler im Jahr 2011 beispielsweise 8 300 Euro an die öffentlichen Schulen. Und die Beiträge sind noch gestiegen. – Eine Ungerechtigkeit, welche die 2 400 Schüler der privaten Einrichtungen im Landkreis Bautzen täglich zu spüren bekommen. Das meint zumindest Sven Schneider. Zwar werden die Einnahmen der Schulen mit dem neuen Gesetz steigen, doch dieses Geld ist schon dreimal wieder verplant. „Wir werden, wie viele andere freie Schulen auch, erst einmal unseren Lehrern mehr Geld geben“, erklärt Schneider. Derzeit zahlen viele Privatschulen notgedrungen ihren Lehren ein geringeres Gehalt als der Freistaat. Doch weil es gerade in den ländlichen Regionen immer weniger Lehrer gibt, ist die Suche nach Personal mittlerweile ein Problem.
Vom neuen Gesetz mehr erwartet
Darunter leidet auch die freie Schule in Schirgiswalde. „Wir müssen die Lehrerlöhne anpassen, um das Personal halten zu können“, sagt Lioba Holfeld, Geschäftsführerin des Schulvereins. Auch sie hatte vom neuen Gesetz deutlich mehr erwartet. „Die Zahlen schreiben sich gut auf ein Stück Papier, aber in der Praxis funktioniert es nicht“, meint sie. Trotz der Mehreinnahmen könne die Bildungseinrichtung nicht einmal auf das Schulgeld verzichten. Schließlich müssen die laufenden Ausgaben gedeckt werden. Von Investitionen ganz zu schweigen. „Man muss bedenken, dass wir von dieser Förderung auch alle Instandsetzungsmaßnahmen bezahlen müssen“, sagt Sven Schneider von der Freien Mittelschule in Weißenberg. Er ist sich sicher, dass das Gesetz überarbeitet werden muss. Und er hat auch Vorschläge. Sven Schneider wünscht sich, dass der Freistaat die freien Schulen genauer unter die Lupe nimmt und bei der Förderung vor allem jene Bildungseinrichtungen stärker berücksichtigt, die viel Geld für die Instandhaltung aufbringen müssen, weil sie zum Beispiel in einem Altbau untergekommen sind. „Außerdem benötigen Schulen mit kleineren Klassen mehr Unterstützung, weil sie weniger Geld durch die Schülerpauschale einnehmen“, erklärt er.
Auch Lioba Holfeld will das neue Gesetz nicht einfach so hinnehmen. Schon bald soll es ein Treffen aller freien Schulen in Sachsen geben. Dann will sie gemeinsam mit den anderen Schulvertretern beraten, in welcher Form die Privatschulen auf das neue Gesetz reagieren. „Die Frage ist, ob wir dagegen Klage einreichen wollen“, sagt sie. Der Kampf um die Gleichberechtigung ist noch nicht vorbei.