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Erbfolgestreit bei den Wettinern

Die albertinische Linie des Adelshauses droht zu erlöschen. Das könnte sich auch auf den Streit um Kunstgüter auswirken.

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© dpa

Von Thomas Schade

Dresden. Die Herausgeber des Handbuches der europäischen Fürstenhäuser stecken in der Klemme. Sie können derzeit niemanden benennen, der an der Spitze des einstigen sächsischen Königshauses steht. Ohne Nachfolger droht nun die albertinische Linie der Wettiner zu erlöschen.

Alexander von Sachsen, der vom 2012 verstorbenen Markgrafen Emanuel adoptiert und zum künftigen Hauschef bestimmt worden war, taucht im kürzlich erschienenen XX. Fürstenhandbuch nicht auf. Das Verzeichnis, kurz „Gotha“ genannt, gibt regelmäßig familiäre Neuigkeiten im europäischen Hochadel bekannt und steht unter der Aufsicht des Deutschen Adelsrechtsausschusses. Dessen Präsident Henning von Kopp-Colomb erklärt, Adoptierte würden grundsätzlich nicht in den „Gotha“ aufgenommen. Als vorläufiger Chef der albertinischen Linie des Hauses Sachsen steht dort vielmehr Albert von Sachsen. Doch der verstarb im Herbst 2012.

So gibt es nur noch einen, in direkter männlicher Blutslinie vom letzten Sachsenkönig abstammenden Nachkommen: der in Moritzburg lebende Rüdiger von Sachsen. Er steht im Gotha, aber unter Vorbehalt. Seine „fürstenrechtliche Zugehörigkeit“ zum königlichen Haus bedürfe „noch weiterer Prüfung“, heißt es. Ein Ende der Prüfungen sei noch nicht absehbar. Eine Einigung innerhalb der Adelsfamilie könnte die ungeklärte Situation schneller beenden, so Präsident von Kopp-Colomb. Seinem Gremium stehe es nicht zu, vormaligen Königshäusern Vorschriften zu machen. „Wir prüfen nur, ob die Entscheidungen dem Fürstenrecht entsprechen.“

Eine einvernehmliche Lösung ist jedoch nicht in Sicht. Alexander von Sachsen beruft sich auf die Rechtmäßigkeit seiner Adoption. Albert von Sachsen, der letzte Königsenkel, benannte in einer Erklärung Rüdiger zu seinem Nachfolger.

Kommt es nicht zu einer fürstenrechtlich anerkannten Einigung, droht die albertinische Linie der Wettiner nach 530 Jahren zu erlöschen. 1485 hatten die Brüder Ernst und Albert das Wettiner Reich unter sich aufgeteilt und die albertinische und die ernestinische Linie begründet.

Chef der Ernestiner ist heute der 67-jährige Michael von Sachsen-Weimar. Für ihn seien die „Albertiner im nachfolgeberechtigten Stamm erloschen“, sagt er. Ansprüche auf den Chefposten der Albertiner erhebt er jedoch nicht. Den könne allerdings auch kein Nichtadeliger einnehmen.

Hätte der Ernestiner-Chef auch bei den Wettinern in Sachsen das Sagen, würde die Staatsregierung wohl aufatmen. Denn er hatte sich 2003 mit dem Land Thüringen gütlich über den Kunstbesitz der Familie geeinigt – gegen eine vergleichsweise geringe Summe.

Wer würde heute Sachsen regieren, wenn es noch eine Monarchie gäbe? Die SZ hatte den Gedanken bereits im Oktober 2012 zu Ende gesponnen. Hier finden Sie den Artikel - und die fünf potenziellen Kandidaten.