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Erdogan schickt erste Truppen nach Libyen

Schneller als erwartet entsendet die Türkei Soldaten in das Bürgerkriegsland. Dabei geht es Ankara auch um eigene Interessen im Mittelmeer.

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Ein türkischer Panzer vom Typ Leopard 2A4 fährt auf einer Straße.
Ein türkischer Panzer vom Typ Leopard 2A4 fährt auf einer Straße. © Xinhua/dpa

Istanbul. Mit der Entsendung von Soldaten nach Libyen hat die Türkei eine neue Phase des Konflikts in dem Bürgerkriegsland eingeläutet. Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan gab am späten Sonntagabend in einem Interview des Senders CNN Türk zu verstehen, erste Truppen seien bereits entsandt worden. Das türkische Parlament hatte Erdogan dafür am Donnerstag grünes Licht gegeben. Wie viele Soldaten die Türkei schickt, blieb zunächst unklar.

Das türkische Militär will Erdogan zufolge auch ranghohes Personal entsenden. In der "Operationszentrale" werde auch ein General eingesetzt, sagte er. Dieses Personal solle zunächst Koordinationsaufgaben übernehmen.

Erdogan will mit der Initiative die international anerkannte Regierung des libyschen Ministerpräsidenten Fajis al-Sarradsch in Tripolis stützen. Diese liefert sich einen Machtkampf mit dem einflussreichen General Chalifa Haftar. Erdogan hatte zuvor bereits gesagt, er handele in Libyen auf Einladung Al-Sarradschs. Für die Initiative, Militärhilfe zu schicken, war er von der türkischen Opposition, aber auch aus Ägypten und Russland kritisiert worden - die beiden Länder stehen aufseiten Haftars.

Der Türkei geht es bei der Zusammenarbeit mit Libyen auch um eigene Interessen im Mittelmeerraum und in Nordafrika. Hier fühlt sich die Türkei unter anderem im Streit um Erdgasvorkommen im Mittelmeer von anderen Anrainerstaaten wie Griechenland ausgebootet. Al-Sarradsch und Erdogan hatten bereits im November zwei umstrittene Abkommen unterzeichnet. Dabei ging es einerseits um die militärische Zusammenarbeit, andererseits auch um Seegrenzen im Mittelmeer. Damit erhebt die Türkei Anspruch auf Gebiete nahe der griechischen Insel Kreta, wo reiche Erdgasvorkommen vermutet werden.

Libyen-Konferenz in Berlin geplant

In Libyen herrscht seit dem Sturz von Langzeitherrscher Muammar al-Gaddafi 2011 Bürgerkriegschaos. Haftar kontrolliert mit seiner selbst ernannten Libyschen Nationalarmee (LNA) Gebiete im Osten des Landes, will aber die Macht über das ganze Land. Im vergangenen Jahr begann er einen Angriff auf Tripolis, wo die Sarradsch-Regierung sitzt. Diese wird von lokalen Milizen unterstützt, konnte ihre Macht aber bisher kaum über die Hauptstadt hinaus ausbauen.

Außerdem sind internationale Mächte in den Konflikt verstrickt. Die Regierung in Tripolis wird nicht nur von der Türkei, sondern auch von Katar und Italien unterstützt, General Haftar unter anderem von Russland, Ägypten und den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE).

In Telefonaten von Kanzlerin Angela Merkel mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron und dem britischen Premier Boris Johnson habe Einigkeit bestanden, dass eine politisch-diplomatische Lösung des Konfliktes geboten sei, teilte ein Regierungssprecher am Sonntagabend mit. Frankreich und Großbritannien hätten ihre Unterstützung für die deutschen Vermittlungsbemühungen unterstrichen.

Deutschland plant zum Thema Libyen für Anfang des Jahres eine Konferenz in Berlin, um die wichtigsten internationalen Akteure an einen Tisch zu bringen.

Für Montag kündigte Erdogan in dem TV-Interview ein Gespräch mit Bundeskanzlerin Merkel an. Es solle um die Situation im Iran und im Irak gehen. In der irakischen Hauptstadt Bagdad hatten die USA in der Nacht zum Freitag den hohen iranischen General Ghassem Soleimani getötet. (dpa)